89. Deutscher Bibliothekartag 1999 in Freiburg im Breisgau

Kurzreferate

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Mittwoch, 26.5.
9.00 – 13.00 Uhr

KG I, Aula


Themenkreis I: Grenzüberschreitende Bibliotheksregionen an Bodensee und Oberrhein
siehe auch: Fachexkursionen

10 Jahre EUCOR-Kooperation der oberrheinischen Bibliotheken
Dr. Wilfried Sühl-Strohmenger, Freiburg

Die Bibliothèques Publiques, die BnF und die Pôles associés
Gérard Littler, Strasbourg

Die wissenschaftlichen Bibliotheken in der Schweiz. Bericht von einer Baustelle
Prof. Dr. Robert Barth, Bern

Neue Entwicklungen bei den französischen Universitätsbibliotheken
Iris Reibel, Strasbourg

Die Zusammenarbeit der Bibliotheken der Regio Bodensee
Dr. Klaus Franken, Konstanz

Moderation: Bärbel Schubel, Freiburg

10 Jahre EUCOR-Kooperation der oberrheinischen Bibliotheken

Dr. Wilfried Sühl-Strohmenger, Freiburg

Die enge Zusammenarbeit der Universitäts- und Landesbibliotheken am Oberrhein geht zurück auf die förmliche Gründung der Konföderation der Oberrheinischen Universitäten (EUCOR) im Jahr 1989 durch die Rektoren bzw. die Präsidenten der Universitäten Basel, Freiburg, Karlsruhe, Mülhausen und Straßburg (Université Louis Pasteur/ULP; Université des Sciences Humaines/USH; Université Robert Schuman/URS). Vereinbart wurde u.a. die Einführung eines gemeinsamen trinationalen EUCOR-Studierendenausweises, deren Inhaber an den anderen Universitäten die gleichen Benutzungsrechte und Vergünstigungen genießen sollten wie die eigenen immatrikulierten Studierenden. Dies impliziert prinzipiell auch die wechselseitige Inanspruchnahme der bibliothekarischen Einrichtungen, insbesondere der jeweiligen Zentralbibliotheken.

Insofern war es naheliegend, auch zwischen den EUCOR-Bibliotheken sowie der traditionell eingebundenen Badischen Landesbibliothek bzw. der Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg (B.N.U.S.) eine kontinuierliche Zusammenarbeit zu entwickeln, um den Studierenden wie Forschenden auch tatsächlich die angestrebten gleichen Benutzungsrechte an den jeweils anderen bibliothekarischen Einrichtungen zu verschaffen.

Die Attraktivität des in EUCOR zusammengekommenen losen Verbundes an Bibliotheken ergibt sich sowohl aus der gegenseitigen Ergänzung der teilweise über Jahrhunderte aufgebauten Sammlungen und Bestände (beispielsweise zum Humanismus am Oberrhein) als auch aus den kurzen Wegen zwischen den EUCOR-Bibliotheken. Da diese ihre wesentlichen Dienstleistungen mittlerweile über das Internet anbieten, können die Bibliotheksbesuche gezielt vorbereitet werden.

Die Kooperation der Bibliotheken vollzieht sich institutionell auf der Leitungsebene in Form von zweimal pro Jahr abgehaltenen Treffen, auf denen die gegenseitige Information über Neuerungen in den Bibliotheken, die Festlegung der strategischen Ziele für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die konkrete Umsetzung von Projekten im Vordergrund steht (z.B. die Schaffung eines EUCOR-OPACs, die Vorbereitung gemeinsamer Ausstellungen). Auch die noch bestehenden Hemmnisse einer ungehinderten Bibliotheksbenutzung kommen zur Sprache.

Seit 1992 erscheinen die "EUCOR-Bibliotheksinformationen" (2 Hefte pro Jahr), und es existiert ein EUCOR-Bibliotheksführer in gedruckter und in elektronischer Form.


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Die Bibliothèque nationale de France, die «Pôles associés» und die öffentlichen Bibliotheken

Gérard Littler, Strasbourg

In den letzteren Jahren geschahen auf dem Gebiet der französischen Bibliotheken wesentliche Entwicklungen, die der Vernetzung der Bibliotheken neue und interessante Anstöße geben. In dem Bereich der Universitäten wurde der Entschluß gefaßt, eine zentrale Dienststelle, den Système universitaire (SU), herzustellen, die bis zum Jahr 2000 die Zentralkatalogisierung, den Gesamtkatalog und die Fernleihe neu gestalten soll, aber sich auch später mit elektronischer Literaturversorgung beschäftigen wird, wovon der Vortrag meiner Kollegin Iris Reibel berichtet. So sind einerseits die überregionalen Aufgaben und Zusammenarbeit der Universitätsbibliotheken gesichert, während andererseits die zunehmende Autonomie der Universitäten, in der die Bibliotheken jetzt ganz eingegliedert sind, immer mehr die örtlichen Bedürfnisse berücksichtigt.

Bei der Nationalbibliothek und den öffentlichen Bibliotheken, die unter Amtsvormundschaft des Kultusministeriums stehen, kann man auch solche Entwicklungen beobachten. Was die neue Bibliothèque nationale de France (BnF) angeht, ist unter dem Motto «Pôles associés», zwar mühsam, jedoch jetzt unvermeidlich, der Wille zum Vorschein gekommen, ihre Aufgaben nicht mehr selbständig, so wie es bis jetzt der Fall war, sondern zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen Bibliotheken zu erledigen.

In dieser Hinsicht wurden Partnerbibliotheken gesucht, die von der Bibliothèque nationale de France Mittel bekommen, um wissenschaftliche Literatur zu erwerben in Ergänzung zu Erwerbungen der BnF, mit dem Ziel, den Aufbau des Buchbestandes auf Spezialgebieten besser und vollständiger zu erledigen. In Gegenleistung haben sich die Partnerbibliotheken verpflichtet, auf ihrem Gebiet die Fernleihe, die die BnF nicht mehr weiterführt, zu übernehmen. Bei den Universitätsbibliotheken bringen diese Maßnahmen den Bibliotheken, die schon als CADIST (Centre d’acquisition et de diffusion de l’information scientifique et technique) mit Sondersammelgebieten beauftragt sind, zusätzliche Gelder, so daß sich die Lage der Literaturversorgung für die Forschung wesentlich, wenn auch noch ungenügend, verbessert. Bemerkenswert ist, daß aber auch große Stadtbibliotheken «Pôles associés» wurden, weniger ihrer Bestände wegen, sondern wegen ihrer Fähigkeit, mit Unterstützung ihrer Behörden eine Hauptrolle in einem lokalen und regionalen Bibliotheksnetz zu übernehmen.

In dieser Hinsicht sind auch als «Pôles associés» die Stadtbibliotheken, die die Aufgaben der Verwaltung des regionalen Pflichtexemplars mit der BnF teilen, aufgenommen. Solche Bibliotheken bezeichnen sich oft als «Bibliothèque municipale à vocation régionale» (BMVR), also als Stadtbibliothek mit regionalen Aufgaben. Gewiß gilt dieser Begriff formal nur für diejenigen Großstadtbibliotheken, die ein Neubauprojekt haben und für die diese spezielle Regelung nötig ist, um einen höheren als für die gewöhnlichen Stadtbibliotheken staatlichen Beitrag zu ermöglichen. Im allgemeinen gilt aber jetzt auch diese Benennung als Bezeichnung dieser neuen Bibliothekskategorie, der in der Vernetzung des gesamten öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliothekssystems die regionale Rolle zukommt.


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Die wissenschaftlichen Bibliotheken in der Schweiz - Bericht von einer Baustelle

Robert Barth, Bern

Die Kulturhoheit in der Schweiz liegt bei den 26 Kantonen und den rund 3000 Gemeinden. Fast alle Bibliotheken werden deshalb von den Kommunen und den Kantonen getragen. – Es wird unterschieden zwischen:

  1. Allgemeinen öffentlichen Bibliotheken (Gemeinde- und Stadtbibliotheken)
  2. Studien- und Bildungsbibliotheken (namentlich Kantonsbibliotheken)
  3. Allgemeinen wissenschaftlichen Bibliotheken (i.W. Universitätsbibliotheken)
  4. Wissenschaftlichen Spezialbibliotheken.

Die Universitätsbibliotheken sind heute in zwei Gruppen zusammengefaßt:

  1. Das Réseau romand (Réro) umfaßt die Hochschulen von Genf, Lausanne, Neuenburg, Freiburg sowie einige Kantonsbibliotheken in der romanischen Schweiz. Dieser Verbund mit gemeinsamer Formal- und Sacherschließung setzt seit zwei Jahren das System "VTLS" ein.
  2. Der Informationsverbund Deutschschweiz (IDS) (http://www.ub.unibas.ch/ids) bestehend aus den Bibliotheken der Universitäten Basel, Bern, Luzern, St. Gallen, Zürich sowie den Technischen Hochschulen von Zürich und Lausanne.
Diese Gruppe emigriert im Sommer 1999 von älteren Bibliothekssystemen zum Produkt "Aleph 500". – Anschließend werden die bestehenden fünf regionalen Datenbanken zu einer einzigen verschmolzen. Ziel dabei ist nicht nur ein Verbund der Formal- und Sacherschließung, sondern auch ein Ausleihverbund mit Direktversand an die BenutzerInnen. Ein zusätzlicher gemeinsamer Fremddatenpool soll die Eigenleistung bei der Erschließung wesentlich reduzieren. Gedacht wird auch an die Möglichkeit von Fachreferatsarbeit über die Bibliotheksgrenzen hinweg.

Parallel zu diesem Zusammenschluß läuft die Konsortienbildung zur Beschaffung von lizenzpflichtigen elektronischen Informationen, wobei es in diesem Bereich über die Verbundgrenzen hinweg bereits zu nationalen Koalitionen gekommen ist: einerseits auf der Ebene von Spezialbibliotheken gleicher Ausrichtung, andererseits in Form eines Projekts, an dem alle Hochschulbibliotheken und die Schweizerische Landesbibliothek mit Unterstützung des Bundes beteiligt sind.

Beim Aufbau des Informationsverbunds Deutschschweiz sind nicht nur technische Probleme zu bewältigen, sondern auch politische/organisatorische Hürden zu nehmen: Trägerschaften und Rechtsformen dieser Bibliotheken sind sehr unterschiedlich. So sind am IDS der Bund, fünf Kantone und zwei Stiftungen beteiligt. Weit über 200 Einzelbibliotheken machen mit, und die Interessen sowohl der Einpersonenbibliotheken wie die von Großbibliotheken müssen berücksichtigt werden.

Trotz dieser Hürden bietet der Zusammenschluß und die Migration auf eine neue Bibliothekssoftware auch auf anderen Gebieten eine Chance: Die schweizerischen Katalogisierungsregeln ("Alpen-RAK") wurden ohne großes Federlesen zugunsten der AACR2 aufgegeben. Das Réseau romand und die Schweiz. Landesbibliothek entschieden sich ebenfalls für diesen internationalen Standard.


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Neue Entwicklungen bei den französischen Universitätsbibliotheken

Iris Reibel, Strasbourg

Der Vortrag gibt einen Überblick über die Lage der französischen Universitätsbibliotheken und über ihre Entwicklung in den letzten Jahren.

Thematisiert werden folgende Aspekte:

  1. die juristische Lage bezüglich
    • des Service Commun de Documentation (SCD),
    • der letzten Bibliothèque interuniversitaire, der Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg (BNUS),
    • der Pariser Universitätsbibliothek;
  2. die Mittel, d.h.
    • die finanziellen Mittel: Kriterien (Beispiele), Kontrakte
    • die Bilanz der neuen Flächen: das Programm U2000, die neuen Arbeitsplätze für die Leser
    • das Personal;
  3. die neuen Technologien:
    • der universitären Dokumentationssysteme
    • die Konsortia.


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Die Zusammenarbeit der Bibliotheken der Regio Bodensee

Dr. Klaus Franken, Konstanz

Eine Gruppe von wissenschaftlichen Bibliotheken aus den Anrainerstaaten des Bodensees arbeitet seit mehreren Jahren zusammen, um für die Benutzer aus der Regio Bodensee die Literatur- und Informationsversorgung zu verbessern. Es handelt sich um große wie kleine Bibliotheken mit Beständen zwischen 25.000 und 1.900.000 Bänden. Die Aufträge der einzelnen Bibliotheken sind heterogen. Gleichwohl ist es gelungen, sich auf gemeinsame Verfahren und Projekte grenzüberschreitend zu verständigen. Neben dem üblichen Gedankenaustausch wurde 1998 mit einem ganz konkreten Projekt begonnen, das den Aufbau eines "Virtuellen Bodenseekataloges" zum Ziel hat. Gefördert aus Mitteln der jeweiligen Unterhaltsträger sowie durch das Interreg-II-Programm haben die Bibliotheken einen gemeinsamen Betrag von 180.000 ECU erhalten. Mit diesen Mitteln sollen diejenigen Titel in maschinenlesbare Form überführt werden, die einen Bezug zur Regio Bodensee in historischer, wirtschaftlicher, kultureller und naturwissenschaftlicher Hinsicht haben. Über Inhalte der Zusammenarbeit, über Verfahren sowie über das Projekt wird berichtet.


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http://www.ub.uni-freiburg.de/bibtag99/abstract/01.html
Letzte Änderung: 29.04.1999

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