89. Deutscher Bibliothekartag 1999 in Freiburg im Breisgau

Kurzreferate

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Mittwoch, 26.5.
11.15 – 13.00 Uhr

KG II, HS 2006


Themenkreis V: Bereitstellung und Erschließung von Multimedia-Dokumenten

"Global-Info" - das deutsche Digital Libraries Programm; Entwicklung und Perspektiven
Prof. Dr. Rudi Schmiede, Darmstadt

SGML-basierte Multimedia-Publikationen. Erschließung und Präsentation im Freien Projekt BIADOK
Dr. Johannes Palme, Berlin

MAVA - Entwicklung und Integration eines erweiterbaren multimedialen Dokumentensystems
Jürgen Hauser/Uwe Albrecht, Stuttgart

Moderation: Uwe Rosemann, Hannover

GLOBAL INFO – das deutsche Digital Library Projekt. Stand und Perspektiven

Prof. Dr. Rudi Schmiede, Darmstadt

Das vom BMBF von 1998 bis 2003 aufgelegte Förderprogramm GLOBAL INFO soll für den einzelnen Wissenschaftler den "optimalen Zugang zu den weltweit vorhandenen elektronischen und multimedialen Volltext-, Literaturhinweis-, Fakten- und Softwareinformationen" vom einzelnen Arbeitsplatz aus ermöglichen. Das Programm legt besonderen Wert – es unterscheidet sich darin von anderen Digital Library-Programmen – auf die Zusammenführung und Zusammenarbeit aller am Prozeß der Bereitstellung von Information und Dokumenten beteiligten Akteure und unterscheidet dabei die Produzenten (Autoren, durch Fachgesellschaften oder Fachverlage vertreten), die Distributeure (Fachverlage, Fachbuchhandel, Fachinformationseinrichtungen, wiss. Bibliotheken) und die Konsumenten (Leser und Nutzer, durch Fachgesellschaften bzw. Fachbereiche/Hochschulen vertreten). Die auch interdisziplinär angelegte Kooperation dieser beteiligten Gruppen ist Förderbedingung von Projekten.

1998 wurde – durch eine Reihe von "Vorprojekten" unterstützt – eine entsprechende Organisationsstruktur aufgebaut, um solche kooperativen und aufeinander abgestimmten Projektzusammenhänge zu entwickeln. Daraus entstehende Projekte müssen darüber hinaus die Bedingungen der Orientierung an internationalen state-of-the-art und der Beschränkung auf den vorwettbewerblichen Bereich erfüllen. Eine erste Welle von Projektanträgen wurde von einem unabhängigen, z.T. international besetzten Gutachtergremium, geprüft und ein Teil von ihnen zur Förderung vorgeschlagen. Ihr Schwergewicht liegt in den Bereichen Werkzeuge und Standards, in der Erstellung von Dokumenten (Publikationskette) sowie Beschreibung und Erschließung von Dokumenten sowie der Verbindung heterogener Datenbestände (Metadaten und Retrieval, verteilte Systeme); dazu kommen einige weitere, eher technisch ausgerichtete Teilprojekte. Weitere Schwerpunkte (dynamische Dokumente, elektronische Lehr- und Lernmaterialien, Erweiterung der Materialbasis, umfangreiche verteilte Systeme, Verbindung mit elektronischen Abrechnungs- und Zahlungssystemen) werden im Verlauf von 1999 entwickelt und begutachtet werden.

Wünschenswert bleiben eine engere Zusammenarbeit mit anderen deutschen Initiativen in diesem Bereich, die verstärkte Kooperation mit internationalen Digital Library-Initiativen und vor allem die inhaltliche und technische Weiterentwicklung der elektronischen Informationsangebote. GLOBAL INFO ist Bestandteil eines tiefgreifenden und raschen Wandels der wissenschaftlichen Informations- und Wissenskulturen. Das Projekt soll zur produktiven und nutzerorientierten Gestaltung dieses Wandels beitragen und dazu die Verfügbarkeit wissenschaftlicher Information und den Zugang zu wissenschaftlichem Wissen nachhaltig verbessern.


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SGML-basierte Multimedia-Publikationen. Erschließung und Präsentation im Freien Projekt BIADOK_Publikation

Dr. Johannes Palme, Berlin

Neben gedruckten Publikationen stellen Bibliotheken in zunehmendem Maße elektronische Dokumente für die Nutzung bereit. Dabei handelt es sich sowohl um Dokumente, die physisch in der Bibliothek vorhanden sind (auf Speichermedien wie z.B. Disketten und CD-ROMs) als auch solche, für die nur ein Zugriffsrecht (kostenlos und / oder kostenpflichtig) besteht. Die Erschließung von elektronischen Publikationen erfolgt i.d.R. mit den gleichen Regelwerken und Datenformaten, die für gedruckte Publikationen gelten bzw. deren Anwendung auf die sogenannten ‚neuen Medien‘ ausgedehnt und für diese modifiziert wurden.

Das Freie Projekt BIADOK_Publikation thematisiert die SGML-basierte Wissensstrukturierung und –präsentation. SGML (Standard Generalized Markup Language) ist der internationale Standard für die langfristige Verwaltung und Pflege von umfangreichen, strukturierten, elektronischen Dokumenten (einschließlich Multimedia-Einbindung). Im Rahmen einer SGML-Applikation werden aus der Perspektive des Anwenders die Wissensstrukturen, ihre Elemente und die Beziehungen zueinander definiert (Dokument-Typ-Definition). Das Wissen wird gemäß dieser Regeln strukturiert (Dokument-Instanz) und über Browser visualisiert. Dieses Konzept wurde anhand von prototypischen Beispielen für verschiedenste Anwendungsbereiche (Archiv, Bibliothek, Museum, Edition usw.) umgesetzt. Die Publikationen sind i.d.R. sowohl lokal, auf CD-ROM sowie über das Internet ohne großen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand bereitstellbar. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von nutzerspezifischen Retrievalfunktionen. Diese werden in der Struktur und Vielfalt bereits bei der Erstellung der Publikation angelegt und dem Nutzer über die graphische Oberfläche zur Verfügung gestellt. Das Projekt BIADOK_Publikation greift im ABD-Bereich bewährte Vorgehensweisen der intellektuellen Indexierung (formale, sachliche Erschließung) auf und verbindet sie mit Ansätzen zur maschinellen Indexierung.

Aus der SGML-Perspektive bilden Bibliothekskataloge in ihren verschiedenen Formaten Publikationstypen, die man mittels Dokument-Typ-Definitionen spiegeln kann. Die bibliographischen Daten können auf der Basis der DTD aus der betreffenden bibliographischen Datenbank in die SGML-Struktur konvertiert und dann als elektronische Publikation visualisiert werden. Die Präsentation erfolgt auf der Basis von Systematiken, was den Vorteil hat, daß vergleichbar mit der Freihandaufstellung auch ein Browsen unter sachlichen Aspekten allein auf Grund der Anordnung im elektronischen Katalog möglich ist. Am Beispiel eines Teilauszuges des Kataloges der Berliner Öffentlichen Bibliotheken (baC) wurde dies Vorgehen modellhaft durchgeführt (Konvertierung des gesamten Datenbestands nach SGML, Filterung nach inhaltlichen Gesichtspunkten, Präsentation auf der Basis einer Fachsystematik). Neben einer reinen SGML-Lösung wurde eine Hybrid-Form am Beispiel des Katalogs der Bundeskunsthalle Bonn entwickelt. Die Recherche in der bibliographischen Datenbank erfolgt auf der Basis von CGI-Scripts mittels eines HTML-Formulars, die Präsentation als SGML-Publikation auf dem Allegro-WWW-Server unter Einbindung eines SGML-Browsers.


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MAVA: Entwicklung und Integration eines erweiterbaren multimedialen Dokumentensystems

Jürgen Hauser, Frank Scholze und Uwe Albrecht, Stuttgart

Für eine Digitale Bibliothek ist das Format von Mediendaten und Dokumenten von besonderem Interesse. Neben der reinen Speicherungsfunktionalität ist es wünschenswert, die Dokumente auch jederzeit anzeigen zu können. Um dieser Forderung zu genügen, muß eine Digitale Bibliothek ein plattformunabhängiges Dokumentenformat und Präsentationssytem zur Verfügung stellen.

Multimediale Dokumente sind keine reinen Präsentationen mehr, sondern zunehmend interaktiv und enthalten Anwendungsfunktionalität. Der Bereich Spiele beispielsweise zeichnet sich durch die Dominanz der Interaktion aus. Im Bereich computerunterstütztes Lernen ist ein interaktives Experimentieren mit dem Lerninhalt von Vorteil. Damit wäre es für Autoren wünschenswert, Unterstützung für die Erstellung eines Dokumentes in einem bestimmten Anwendungsgebiet zu erhalten.

Bisherige Systeme beschränken sich auf die Unterstützung der zeitlichen und räumlichen Beschreibung. Sie bieten aber kaum Unterstützung für multimediale Dokumente in speziellen Anwendungsgebieten. Dieser Beitrag stellt ein Rahmenkonzept für ein Meta-Dokumentenmodell vor. In diesem Modell können je nach Anwendungsgebiet spezifische Operatoren definiert werden. Mit diesen Operatoren werden Beziehungen zwischen Medien innerhalb eines Dokumentes beschrieben.

Es wurde untersucht, wie ein Meta-Dokumentenmodell mit vorhandenen Standards realisiert werden könnte. Dabei zeigte sich, daß ein Meta-Dokumentenmodell mit den zur Verfügung stehenden Skript-Sprachen realisiert werden müßte. Nachteile dieses Ansatzes sind aber die oft unzureichende Skript-Sprache, die fehlende Wiederverwendbarkeit und die fehlende Unterstützung bei der Operatorenentwicklung. Es ist nicht sinnvoll, ein Meta-Dokumentenmodell in der Skript-Sprache eines speziellen Dokumentensystems zu erstellen, da in diesem Fall zwei Dokumentenmodelle parallel existieren würden und im Extremfall das Dokumentenmodell des Standards ungenutzt bleiben würde.

Das in MAVA (Multimedia Document Versatile Architecture) entwickelte Meta-Dokumentenmodell und dessen plattformunabhängige Realisierung versetzen Digitale Bibliotheken in die Lage, dem Benutzer Dokumente mit anwendungsspezifischer Funktionalität anzubieten. Durch die Integration in den Web-Browser können die Dokumente ohne vorherige Installation eines Präsentationsystems direkt betrachtet werden. Damit kann eine Digitale Bibliothek dem Benutzer Dokumente aus spezialisierten Anwendungsgebieten anbieten.

Ein derartiges Dokumentensystem muß natürlich in bestehende Zugangssysteme integriert und diese - wo nötig - erweitert werden. In der Digitalen Bibliothek sollen in Zukunft nicht nur Textdokumente oder textuelle Zusammenfassungen angeboten werden, sondern auch multimediale Dokumente und deren Kurzpräsentationen. Kein direkter Bestandteil dieses Projekts, aber in unmittelbaren Zusammenhang damit gegeben, ist die Notwendigkeit, bestehende Suchmöglichkeiten um die Suche in Video- oder Tonsequenzen zu erweitern. Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, wie das an der Universitätsbibliothek eingesetzte Volltextinformationssystem OPUS um multimediale Elemente erweitert werden kann. Hierbei sollen vor allem neue Formen der interaktiven Informationsvermittlung erprobt werden. Die Vorstellung einer aktiven Beziehung zwischen Dokument und Benutzer ist Teil einer konstruktivistischen Konzeption von Didaktik, die auf adaptives (aus Dokumentsicht) bzw. exploratives (aus Benutzersicht) Aneignen von Informationen setzt. Unterschiedliche Darstellungen und Komplexitätsgrade der im Dokument enthaltenen Information sind je nach Benutzeranforderung möglich.

Die hier vorgestellten Ideen werden zur Zeit im Projekt MAVA realisiert und getestet. Das Projekt wird im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms "Verteilte Verarbeitung und Vermittlung Digitaler Dokumente (V3D2)" am Institut für parallele und verteilte Höchstleistungsrechner und an der Universitätsbibliothek, beide in Stuttgart, durchgeführt.


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http://www.ub.uni-freiburg.de/bibtag99/abstract/05.html
Letzte Änderung: 29.04.1999

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