EUCOR-Bibliotheksinformationen - Informations des bibliothèques: 3 (1993)

Der "Service Commun de Documentation" der Universität Robert Schuman in Strasbourg

Dominique Baudin (Strasbourg)


1. Kurze Beschreibung der Universität Robert Schuman

An der Universität Robert Schuman wird auf dem Gebiet der Rechts-, Staats-,Sozial- und Betriebswissenschaft sowie der Technologie unterrichtet.

Folgende Aspekte dürften besonders hervorgehoben werden:

Im Studienjahr 1992 waren insgesamt ungefähr 9000 Studenten eingeschrieben, davon ungefähr 5500 in der Juristischen Fakutät.


2. Gründung und Betrieb des Service Commun de Documentation

2.1 Gründung

Der "Service Commun de Documentation" unserer Universität (fortan SCD genannt), existiert erst seit Januar 1992. Vor diesem Zeitpunkt hatte die Universität Robert Schuman nie irgend eine finanzielle Unterstützung seitens der für die Hochschulbibliotheken zuständigen Ministerien erhalten, da deren Mittel - sowohl was die Finanzen als auch das ausgebildete Personal betrifft - ausschließlich für die BNUS (Landes- und Universitätsbibliothek) bestimmt waren.

Man kann mit gutem Recht sagen, daß die Universität zum Zeitpunkt des 1. Januar 1992 viele reichhaltige Sammlungen besaß, die jedoch (von einigen Ausnahmen abgesehen) nie von einem geschulten Personal verwaltet wurden, und die meistens in wenig funktionellen Räumen zerstreut waren. Es handelte sich gewissermaßen um ein Konglomerat von Bücher- und Zeitschriftenlager.

Schon lange war dieser Zustand der Universität ein Dorn im Auge, als sie, nach mehreren Untersuchungen und internen Rapporten, 1989 einen Generalinspektor der Bibliotheken, Madame Delrieu, nach Straßburg berief. Madame Delrieu leistete hervorragende Arbeit und verfaßte einen Rapport, der als die eigentliche Gründungsbasis des SCD angesehen werden kann. Darüber hinaus wurde die Schöpfung des SCD von allen Leitern der Institute und Forschungszentren ausgesprochen positiv aufgenommen. Ihr Interesse für die dokumentarische Sache war groß, und ihre triftigen Bemerkungen und Vorschläge bewiesen, daß sie sich bereits eingehend mit diesen Problemen befaßt hatten.


2.2 Integration in die Universität

Die bestehenden Bibliotheken fügen sich vollständig in ihre Universitätsumgebung ein, da sie von den verschiedenen Instituten getragen werden. Sie sind demnach sehr eng mit den zu befriedigenden Bedürfnissen verbunden. Es ist uns sehr daran gelegen, diese enge Bindung aufrecht zu erhalten.

Diese "föderative" Struktur hat jedoch den Nachteil der Zergliederung und der Zersplitterung. Der SCD hat hier eine zusammenhaltende Rolle zu spielen, wobei gleichzeitig das Subsidiaritätsprinzip gewährleistet wird, wie wir es unten weiter dokumentieren werden.

Der Direktor des SCD ist Mitglied der drei Universitätsräte (Verwaltungsrat, Schulrat und wissenschaftlicher Rat) und nimmt in dieser Eigenschaft an den Sitzungen des Informationskomitees teil. Aufgrund der bereits existierenden Realisierungen auf dem Gebiet der Automatisierung der Bibliotheken (siehe unten) nimmt er ebenfalls an den Sitzungen des Informationskomitees teil. Er ist anwesend an den vierteljährlichen Verwaltungssitzungen, da der SCD keine selbständige Verwaltung vorsieht und sich für den technischen Aspekt der Personalverwaltung, der Buchhaltung und der Computer-Logistik auf die zuständigen Services der Universität beruft, was ebenfalls zu seiner materiellen Integration ins Universitätsgefüge beiträgt.


2.3 Der Dokumentationsrat

Laut Gesetz gehört zur Gründung des SCD diejenige eines Dokumentationsrates, bestehend aus 15 gewählten Mitgliedern (6 Vertreter des Lehr- und Forschungskörpers, 6 Vertreter des Bibliothekspersonals, 3 Vertreter der Studenten), 5 Konsultativmitgliedern, 3 Persönlichkeiten außerhalb des Universitätsbereichs und 4 Konsultativmitgliedern von Amtes wegen.

Der Rat diskutiert über die großen Orientierungen der Dokumentationspolitik der Universität, begutachtet den vom Direktor des SCD vorgeschlagenen Haushaltsplan und legt ihn zur Gutheißung dem Verwaltungsrat der Universität vor. Der Dokumentationsrat bestimmt die Betriebsmodalitäten des SCD und die Konventionsprojekte mit auswärtigen Ämtern. Er begutachtet den Jahresbericht des Direktors des SCD, bevor er vom Verwaltungsrat gutgeheißen wird.

Es ist hier zu beachten, daß diese Instanz im Rahmen der Universität Robert Schuman eine Neuschöpfung darstellt. Ihrer Existenz ist zu verdanken, daß heute mit einer klaren Gesamtübersicht über die verschiedenen bibliothekarischen Probleme und Realitäten in Fakultät und Instituten diskutiert werden kann.


3. Die Dokumentation in der Universität

3.1 Wahl der Neuanschaffungen

Wie bereits oben erwähnt, vermittelt die Universität Robert Schuman ein sehr gezieltes Fachwissen auf den Gebieten Rechtswissenschaft, Betriebswirtschaft, Politik- und Sozialwissenschaft und Technologie. Dazu ist unbedingt notwendig, daß die Lehrerschaft sich direkt an der Wahl der Neuanschaffungen beteiligt, was sie auch in der Regel tut.

Das Personal der Bibliotheken kümmert sich um die laufende Erwerbungen wie z.B. der fortlaufenden Standardwerke, der Zeitschriftenabonnements, der Aktualisierung der Loseblattwerke, usw. Im Rahmen des obengenannten Subsidiaritätsprinzipes werden Anschaffungen (die mehrere Institute interessieren dürfen) vom Direktor des SCD vorgeschlagen. So wurden z.B. die Parlamentsdruckschriften sowie das komplette "Journal Officiel" in Mikrofiche-Form lückenlos (seit 1869) angeschafft. Weiterhin beschäftigt sich der SCD mit dem Ankauf von CD-ROM und den Abonnements zu Datenbanken. Diese Anschaffungen kommen vor dem Dokumentationsrat zur Diskussion.


3.2 Bestände

Im ganzen besitzen die Fakultätsbibliotheken und die Institutsbibliotheken der Universität Robert Schuman wahrscheinlich zwischen 150.000 und 200.000 Bände. Aus Personalmangel wurde seit der Gründung dieser Bibliotheken nie ein richtiges Inventar durchgeführt, so daß die angegebenen Zahlen nur eine grobe Schätzung, gestützt auf die Inventaraufzeichnungen, darstellen können. So ist es zum Beispiel zur Zeit noch unmöglich, zwischen der Anzahl der Werke und der Anzahl der physisch vorhandenen Bände zu unterscheiden, da diese Unterscheidung je nach Bibliothek zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt wurde und erst seit 1991 systematisch gehandhabt wird.

Die Zeitschriften:

In den Bereichen Rechtswissenschaft, Management, Betriebsverwaltung oder Staatswissenschaft beansprucht diese Art von Dokumenten über die Hälfte des gesamten Erwerbungsetats. Seit der Gründung des SCD haben wir endlich einen Gesamtüberblick über die laufenden Abonnements sowie über die Aufbewahrung des Sammlungen in der Universität.


3.3 Datenbanken und CD-ROM

Im Oktober 1992 hat der SCD einen Datenbankrecherchendienst ins Leben gerufen. So sind wir in der Lage, in Zusammenarbeit mit dem URFIST, Studenten des "3ème cycle" in die automatisierte Datenbankrecherche einzuführen, damit sie nachher von den Dienstleistungen des SCD Gebrauch machen können. Des weiteren wird der SCD die im Lehrprogramm unserer Universität gebrauchten CD-ROM anschaffen (Rechts-, Wirtschafts- und Staatswissenschaft).


4. Organisation

Der SCD ist, wie bereits gesagt, ein Bibliotheksverbund einzelner Institutsbibliotheken. Die Bibliotheken stehen unter der Leitung der Direktoren des jeweiligen Institutes. Darüber hinaus bestehen jedoch gewisse sowie geographische als auch themenverwandte Dokumentarbereiche.

Geographische Gliederung:

Thematische Gliederung:

Die Bestände können in die vier folgenden großen Sektoren aufgeteilt werden:

Diese thematische Gliederung spiegelt sich in den "gekreuzten" Besuchsgewohnheiten der Studenten wider. Sind diese erst auf den höheren Stufen ihres Studiums angelangt, so finden sie die benötigten Bücher und Zeitschriften problemlos in den verschiedenen Dokumentationszentren. Der geplante OPAC-Entwurf wird den Zugang zu den Beständen sehr erleichtern.

Dies bedingt zwangsläufig eine einheitliche Sacherschließung, d.h. den Gebrauch des nationalen Stichwörterverzeichnisses "Rameau" und der systematischen Klassifizierung nach Dewey, schließt jedoch den Gebrauch der bisher benutzten, jedem Institut themeneignen Klassifizierungssysteme nicht aus. So benutzt das Europäische Studienzentrum weiterhin den Thesaurus der EG, das Institut für Staatswissenschaft denjenigen der FNSP, die Handelshochschule denjenigen der Handelsschulen usw.


5. Kooperation

Intern

Das Personal des SCD ist auf die verschiedenen Institute verteilt, so daß sich jeder in den verschiedenen Sammlungen auskennt. Das führt nach und nach zu einer Harmonisierung der Ausleihe und der Katalogisierung. Auch ein unvorhergesehener Personalausfall kann somit leicht behoben werden. Diese Personalabteilung wird durch die einheitliche EDV-Anwendung wesentlich erleichtert.

Messagerie:

Unsere Universität verfügt seit 1991 über eine interne Messagerie, die die verschiedenen Zentren untereinander verbindet, und auch die Bibliotheken verschaffen sich nach und nach das zu ihrer Kommunikation nötige Material.

Es ist vorgesehen, die Verbindung mit den aktuellen oder zukünftigen Campus-Neubauten mittels optischer Verbindungskabel herzustellen.

Auf nationaler Ebene

Einige Bibliotheken haben Verbindungen zu einem thematisch nahestehenden nationalen Bibliotheksnetz. So interessiert sich das IEP für die Stiftung FNSP (Fondation Nationale des Sciences Politiques), CEIE und IHEE wurden vertraglich in das Netz der Europäischen Dokumentationszentren aufgenommen, das IECS (d.h. die Handelshochschule) unterhält Beziehungen zum Bibliotheksverbund der Handelshochschulen usw.


6. EDV-Einsatz

Die stetige Erweiterung unserer Universität wird zwar zwangsläufig weitere Neubauten nötig machen, die dort gebaut werden müssen, wo das Städtegefüge dies zuläßt. Die geographische Einheitlichkeit der Bestände wird demnach zunehmend unrealisierbar werden.

Aus diesem Grund hat der SCD (in Zusammenarbeit mit dem EDV-Dienst) eine Standardinformatisation der Universitätsbibliotheken ins Leben gerufen. So wurden 10 Bibliotheken mit einer - im Verhältnis zu ihrem Umfang - ausreichenden bescheidenen EDV-Konfiguration ausgestattet: ein Computer vom Typ 386 oder 486, Festplatte 120 Mb oder 240 Mb, Zentraleinheit 6 oder 8 Mb, Streamer zur Datensicherung, Modem, Videotext-Karte (für die interne Messagerie), Nadeldrucker für den (vorläufig noch bestehenden) Zetteldruck. Die Arbeit läuft unter DOS 5.0, erweitert mit Windows-Workgroups 3.1; es wird ergänzt durch ein Textverarbeitungsprogramm (WinWord), ein Kommunikationsprogramm (LCE-COM IV oder KC3) und ein Katalogisierungsprogramm (Texto).

Der Direktor des SCD hat eine Standardanwendung ausgebaut, die allen gängigen bibliothekarischen Normen (Unimarc Format) Rechnung trägt und in all diesen Bibliotheken absolut identisch ist, so daß sowohl die Daten als auch das Personal problemlos untereinander ausgetauscht werden können. Der SCD wird die so entstandenen Teilkataloge zu einem Gesamtkatalog verschmelzen, der den Lesern zur Verfügung stehen wird.

In der zukünftigen Bibliothek des "3ème cycle" werden den Benutzern Mikrocomputer zur Verfügung gestellt werden, die mit einem Textverarbeitungsprogramm sowie mit einem Programm zur Abfragung unseres Gesamtkataloges ausgestattet sind.


7. Zusammenfassung

Der SCD steht als Koordinator im Dienst des Bibliotheksverbundes unserer Universität, und wir werden hier lediglich wiederholen, was wir bereits ausgeführt haben:

Im Dienst der Bibliotheken

Im Dienst der Leser



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