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Rede von Papst Johannes XXIII. zur Er�ffnung des 2. Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962[Quelle: Herderkorrespondenz 17 (1962/63), 85-88] �Ehrw�rdige Br�der! Es jubelt die Mutter Kirche, weil durch besondere Gnade der g�ttlichen Vorsehung dieser hochersehnte Tag angebrochen ist, an dem hier am Grabe des hl. Petrus unter dem Schutz der jungfr�ulichen Gottesmutter, deren Mutterw�rde heute festlich begangen wird, das Zweite Vati�kanische �kumenische Konzil seinen Anfang nimmt. Die �kumenischen Konzilien in der KircheAlle Konzilien - sowohl die zwanzig �kumenischen wie die unz�hligen Provinzial- und Regionalkonzilien von nicht geringer Bedeutung -, die im Laufe der Geschichte gefeiert wurden, bezeugen offensichtlich die Lebenskraft der katholischen Kirche und z�hlen in ihren Annalen zu den strahlenden Lichtern. Der letzte geringe Nachfolger des Apostelf�rsten, der zu Euch spricht, wollte bei der Einberufung dieser hochansehnlichen Versammlung wiederum, da� das kirchliche Lehramt, das niemals fehlte und das bis ans Ende der Tage bestehen wird, befestigt wird; es soll, indem es den Irrt�mern, den Notwendigkeiten und Chancen unserer Zeit Rechnung tr�gt, durch dieses Konzil allen Menschen auf Erden in au�erordentlicher Weise vorgestellt werden. Der Stellvertreter Christi, der zur Er�ffnung dieser allgemeinen Synode zu Euch spricht, blickt nat�rlich in die Vergangenheit zur�ck und h�rt gleichsam jene Stimmen, die uns lebhaft ermutigen. Gern erinnert er sich der Verdienste der P�pste aus vergangenen und j�ngsten Zeiten. Feierliche und ehrw�rdige Stimmen sind es, deren Zeugnis in den Konzilien von Ost und West seit dem 4. Jahrhundert bis auf unsere Tage zu uns gekommen ist. Sie verk�nden best�ndig den Ruhm dieser g�ttlichen und menschlichen Institution, der Kirche Christi, die vom g�ttlichen Erl�ser Namen, Gnade und jegliche Vollmacht erh�lt. Aber neben diesen Gr�nden geistlicher Freude k�nnen Wir auch nicht leugnen, welche Schmerzen und Bitternisse seit 1900 Jahren in langer Reihenfolge diese Geschichte verdunkelt haben. Wahrlich, es galt und gilt immer noch, was einst der greise Simeon zu Maria, der Mutter Jesu, aus prophetischer Eingebung sagte: �Dieser ist bestimmt zum Falle und zur Auferstehung vieler und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird" (Luk. 2, 34). Auch Jesus selbst sagte sp�ter zum Erweis, wie die Menschen verschiedener Zeiten gegen ihn auftreten w�rden, diese geheimnisvollen Worte: �Wer euch h�rt, der h�rt mich" (Luk. 10, 16), und: �Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut" (Luk. 11,23). Die schwersten Sorgen und Fragen, die der Menschheit zur L�sung aufgegeben sind, haben sich nach fast zwei�tausend Jahren nicht ver�ndert. Denn Christus Jesus ist immer noch die Mitte der Geschichte. und des Lebens. Und die Menschen h�ngen entweder Ihm und seiner Kirche an, dann haben sie Licht, G�te und die Fr�chte rechter Ordnung und des Friedens, oder sie leben ohne Ihn, ja handeln Ihm entgegen und verweilen bewu�t au�erhalb der Kirche, dann herrscht bei ihnen Verwirrung, sie verbittern die Beziehungen untereinander und beschw�ren m�rderische Kriege herauf. Jedesmal, wenn �kumenische Konzilien begangen werden, bezeugen sie diese Vereinigung zwischen Christus und seiner Kirche in feierlicher Weise und verbreiten weithin das Licht der Wahrheit. Sie lenken das Leben der einzelnen Menschen wie der Familien und der Gesellschaft auf rechten Pfaden. Sie erwecken und st�rken geistliche Kr�fte und richten die Herzen best�ndig auf die wahren und ewigen G�ter. Vor uns stehen die au�erordentlichen Zeugnisse dieses Lehramts der Kirche bzw. der universalen Synoden in den verschiedenen Epochen dieser zwanzig Jahrhunderte christlicher Geschichte, gesammelt in vielen und eindrucksvollen B�nden, die hier in Rom wie in den ber�hmtesten Bibliotheken der ganzen Welt ein heiliges Erbe der kirchlichen Archive sind. Entstehungsursache des Zweiten VatikanumsWas die Entstehung dieses gro�en Ereignisses betrifft, das uns hier versammelt, so m�ge wiederum ein dem�tiges Zeugnis gen�gen, das Wir auch selber aus eigener Erfahrung best�tigen k�nnen: Zuerst haben Wir fast unerwartet dieses Konzil im Geiste erwogen, dann haben Wir es in schlichten Worten vor dem heiligen Kollegium der Kardin�le an jenem denkw�rdigen 25. Januar 1959, am Fest der Bekehrung des hl. Apostels Paul, in eben jener St. Pauls-Basilika an der Via Ostia ausgesprochen. Sogleich wurden die Anwesenden durch eine pl�tzliche Bewegung des Geistes, wie vom Strahl eines �berirdischen Lichtes, ber�hrt, und alle waren freudig betroffen, wie ihre Augen und Mienen zeigten. Zugleich entbrannte in der ganzen Welt ein leidenschaftliches Interesse, und alle Menschen begannen eifrig auf die Feier des Konzils zu warten. Inzwischen ist in drei Jahren ein arbeitsreiches Werk zur Vorbereitung des Konzils bew�ltigt worden. Es f�hrte dazu, da� genau und ausgiebig erforscht wurde, in welchem Ansehen heute der Glaube, das religi�se Leben und die Kraft des christlichen, vor allem des katholischen Volkes stehen. Daher ist uns diese Zeit der Vorbereitung des �kumenischen Konzils nicht unverdient als ein erstes Zeichen und eine Gabe himmlischer Gnade erschienen. Erleuchtet vom Licht des Konzils, so vertrauen Wir fest, wird die Kirche an geistlichen G�tern zunehmen und, mit neuen Kr�ften von daher gest�rkt, unerschrocken in die Zukunft schauen. Denn durch eine angemessene Erneuerung und durch eine weise Organisation wechselseitiger Zusammenarbeit wird die Kirche erreichen, da� die Menschen, Familien und V�lker sich mehr um die himmlischen Dinge sorgen. Deshalb ist die Feier des Konzils ein Grund zu gro�er Dankespflicht gegen�ber dem Geber alles Guten, um mit Lobges�ngen die Ehre unseres Herrn Jesus Christus zu verherrlichen, der der unbesiegte und unsterbliche K�nig der Zeiten und der V�lker ist. Der zeitgeschichtliche Sinn des KonzilsDa ist aber, ehrw�rdige Br�der, noch ein anderer Punkt zu beachten, der Euch zum Verst�ndnis hilft. Um auch Eure Freude vollkommener zu machen, die in dieser feierlichen Stunde Unser Herz erf�llt, wollen Wir hier berichten, unter welch gl�cklichen Umst�nden diese �kumenische Synode ihren Anfang nahm. In der t�glichen Aus�bung Unseres apostolischen Hirtenamtes geschieht es oft, da� bisweilen Stimmen solcher Personen unser Ohr betr�ben, die zwar von religi�sem Eifer brennen, aber nicht gen�gend Sinn f�r die rechte Beurteilung der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen. Sie meinen n�mlich, in den heutigen Verh�ltnissen der menschlichen Gesellschaft nur Untergang und Unheil zu erkennen. Sie reden unabl�ssig davon, da� unsere Zeit im Vergleich zur Vergangenheit dauernd zum Schlechteren abgeglitten sei. Sie benehmen sich so, als h�tten sie nichts aus der Geschichte gelernt, die eine Lehrmeisterin des Lebens ist, und als sei in den Zeiten fr�herer Konzilien, was die christliche Lehre, die Sitten und die Freiheit der Kirche betrifft, alles sauber und recht, zugegangen. Wir aber sind v�llig anderer Meinung als diese Ungl�ckspropheten, die immer das Unheil voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange st�nde. In der gegenw�rtigen Entwicklung der menschlichen Ereignisse, durch welche, die Menschheit in eine neue Ordnung einzutreten scheint, mu� man viel eher einen verborgenen Plan der g�ttlichen Vorsehung anerkennen. Dieser verfolgt mit dem Ablauf der Zeiten, durch die Werke der Menschen und meist �ber ihre Erwartungen hinaus sein eigenes Ziel, und alles, auch die entgegengesetzten menschlichen Interessen, lenkt er weise zum Heil der Kirche. Das l��t sich leicht feststellen, wenn man aufmerksam die schweren politischen und wirtschaftlichen Probleme sowie die heute schwebenden Streitfragen durchdenkt. Die Menschen werden von diesen Sorgen so erf�llt, da� sie keine Zeit mehr haben, sich um religi�se Fragen zu k�mmern, mit denen sich das heilige Lehramt der Kirche besch�ftigt. Ein solches Verhalten ist sicher nicht frei von B�sem, und es ist f�glich zu verurteilen. Niemand kann aber leugnen, da� diese neuen Verh�ltnisse des modernen Lebens wenigstens den Vorzug haben, die zahllosen Hindernisse zu beseitigen, durch welche einst die Kinder dieser Welt das freie Wirken der Kirche zu behindern pflegten. Es gen�gt ein kurzer Blick auf die Kirchengeschichte, um sofort zu erkennen, wie die �kumenischen Konzilien selber, die doch eine Reihe ruhmreicher Taten der Kirche waren, oft durch unzul�ssige Einmischung der staatlichen Autorit�ten nicht ohne gro�e Schwierigkeiten und Schmerzen begangen werden konnten. Die F�rsten dieser Welt nahmen sich zwar zuweilen vor, mit aller Aufrichtig dem Schutz der Kirche zu dienen, aber das geschah meistens nicht ohne geistlichen Schaden und Gefahr, da jene Herren oft von politischen Gesichtspunkten geleitet wurden und eine recht eigens�chtige Politik trieben. Wir m�chten Euch heute gestehen, wie sehr Wir darunter leiden, da� viele unserer Bisch�fe hier abwesend sind, uns aber sind sie sehr teuer. Sie wurden wegen ihrer Treue zu Christus eingekerkert, oder sie werden durch sonstige Hindernisse festgehalten. Der Gedanke an sie veranlasst Uns, gl�hende Gebete an Gott zu richten. Dennoch erkennen Wir nicht ohne Hoffnung und zu Unserem gro�en Trost wie die Kirche heute, endlich von so vielen Hindernissen irdischer Art befreit, aus dieser Vatikanischen Basilika wie aus einem neuen apostolischen Abendmahlssaal durch Euch ihre Stimme in voller Majest�t und Gr��e erheben kann. Erste Aufgabe: Schutz und Verbreitung der LehreDie Hauptaufgabe des Konzils liegt darin, das heilige �berlieferungsgut (depositum) der christlichen Lehre mit wirksameren Methoden zu bewahren und zu erkl�ren. Diese Lehre umfa�t den ganzen Menschen, der aus Leib und Geist besteht, und sie hei�t uns, die wir diese Erde bewohnen, als Pilger unserem himmlischen Vater entgegenzugehen. Das zeigt auch, warum dieses sterbliche Leben so zu f�hren ist, da� wir unsere Pflichten gegen�ber dem irdischen wie gegen�ber dem himmlischen Reich erf�llen m�ssen, um das uns von Gott gewiesene Ziel erreichen zu k�nnen. Das hei�t, alle Menschen, die Einzelnen wie die zur Gesellschaft vereinten, haben die Pflicht, ohne Unterla� nach den himmlischen G�tern zu streben, solange dieses Leben w�hrt, und die irdischen G�ter nur f�r diesen Zweck zu gebrauchen, so da� ihr zeitlicher Nutzen den Menschen nicht an ihrer himmlischen Seligkeit Schaden zuf�gt. Christus, der Herr, hat wahrlich gesagt: �Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit" (Matth. 6, 33). Dieses Wort �zuerst" erkl�rt, wohin wir vor allem unsere Gedanken und Anstrengungen wenden m�ssen. Man darf jedoch nicht die anderen Worte dieses Herrengebotes vernachl�ssigen: �und dies alles wird euch hinzugegeben werden" (ebd.). Aber in Wirklichkeit gab es und gibt es in der Kirche immer Menschen, die mit allem Flei� nach der evangelischen Vollkommenheit streben und gleichzeitig der b�rgerlichen Gemeinschaft dienen, so da� ihres Lebens Beispiel und ihre heilvolle N�chstenliebe alles, was es in der menschlichen Gesellschaft an Hohem und Edlem gibt, betr�chtlich st�rkt und bereichert. Damit diese Lehre die vielf�ltigen Bereiche des menschlichen Wirkens erreicht, sowohl den Einzelnen wie die Familien und das soziale Leben, ist es vor allem n�tig, da� die Kirche ihre Aufmerksamkeit nicht von dem Schatz der Wahrheit abwendet, den sie von den V�tern ererbt hat. Sodann mu� sie auch der Gegenwart Rechnung tragen, die neue Umweltbedingungen und neue Lebensverh�ltnisse geschaffen und dem katholischen Apostolat neue Wege ge�ffnet hat. Darum hat die Kirche den wunderbaren Entdeckungen menschlichen Geistes und dem Fortschritt der Erkenntnisse, die wir uns heute zunutze machen, nicht unt�tig zugesehen, noch hat sie es an der rechten Wertsch�tzung fehlen lassen. Aber in der wachsamen Sorge um diese Entwicklung hat sie es nicht vers�umt, die Menschen zu mahnen, �ber diese Art irdischer Erwartungen hinaus auf Gott zu schauen, die Quelle aller Weisheit und Sch�nheit, damit sie, denen gesagt wurde: �Macht euch die Erde untertan!" (Gen. 1, 28), niemals jenes ernste Gebot vergessen: �Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen!" (Matth. 4, 10; Luk. 4, 8). Sonst w�rde der fl�chtige Zauber des Irdischen den wahren Fortschritt verhindern. Wie heute die christliche Lehre verk�ndet werden sollAus dem Gesagten, Ehrw�rdige Br�der, wird hinreichend deutlich, was dem �kumenischen Konzil f�r die Verk�ndigung der Lehre im einzelnen aufgetragen ist. Das hei�t, das 21. �kumenische Konzil, dem eine wirksame und hochzubewertende Unterst�tzung durch erfahrene Gelehrte des Kirchenrechts, der Liturgie, des Apostolats und der Verwaltung zur Verf�gung steht, will die katholische Lehre rein, unvermindert und ohne Entstellung �berliefern, so wie sie trotz Schwierigkeiten und Kontroversen gleichsam ein gemeinsames Erbe der Menschheit geworden ist. Dieses Erbe ist nicht allen genehm, aber es wird allen, die guten Willens sind, als ein �berreicher und kostbarer Schatz angeboten. Doch es ist nicht unsere Aufgabe, diesen kostbaren Schatz nur zu bewahren, als ob wir uns einzig und allein f�r das interessieren, was alt ist, sondern wir wollen jetzt freudig und furchtlos an das Werk gehen, das unsere Zeit erfordert, und den Weg fortsetzen, den die Kirche seit zwanzig Jahrhunderten zur�ckgelegt hat. Es ist auch nicht unsere Sache, gleichsam in erster Linie einige Hauptpunkte der kirchlichen Lehre zu behandeln und die Lehre der V�ter wie der alten und neueren Theologen weitl�ufig zu wiederholen, denn Wir glauben, da� Ihr diese Lehren kennt und sie Eurem Geiste wohl vertraut sind. Denn f�r solche Disputation mu�te man kein �kumenisches Konzil einberufen. Heute ist es wahrhaftig n�tig, da� die gesamte christliche Lehre ohne Abstrich in der heutigen Zeit von allen durch ein neues Bem�hen angenommen werde. Heiter und ruhigen Gewissens m�ssen die �berlieferten Aussagen, die aus den Akten des Tridentinums und des I. Vatikanums hervorgehen, daraufhin genau gepr�ft und interpretiert werden. Es mu�, was alle ernsthaften Bekenner des christlichen, katholischen und apostolischen Glaubens leidenschaftliche erwarten, diese Lehre in ihrer ganzen F�lle und Tiefe erkannt werden, um die Herzen vollkommener zu entflammen und zu durchdringen. Ja, diese sichere und best�ndige Lehre, der gl�ubig zu gehorchen ist, mu� so erforscht und ausgelegt werden, wie unsere Zeit es verlangt. Denn etwas anderes ist das Depositum Fidei oder die Wahrheiten, die in der zu verehrenden Lehre enthalten sind, und etwas anderes ist die Art und Weise, wie sie verk�ndet werden, freilich im gleichen Sinn und derselben Bedeutung. Hierauf ist viel Aufmerksamkeit zu verwenden; und, wenn es not tut, mu� geduldig daran gearbeitet werden, das hei�t, alle Gr�nde m�ssen erwogen werden, um die Fragen zu kl�ren, wie es einem Lehramt entspricht, dessen Wesen vorwiegend pastoral ist. Wie die Irrt�mer abzuwehren sindAm Beginn des Zweiten Vatikanischen �kumenischen Konzils ist es so klar wie jemals, da� die Wahrheit des Herrn in Ewigkeit gilt. Wir beobachten ja, wie sich im Lauf der Zeiten die ungewissen Meinungen der Menschen einander abl�sen, und die Irrt�mer erheben sich oft wie ein Morgennebel, den bald die Sonne verscheucht. Die Kirche hat diesen Irrt�mern zu allen Zeiten widerstanden, oft hat sie sie auch verurteilt, manchmal mit gro�er Strenge. Heute dagegen m�chte die Braut Christi lieber das Heilmittel der Barmherzigkeit anwenden als die Waffe der Strenge erheben. Sie glaubt, es sei den heutigen Notwendigkeiten angemessener, die Kraft ihrer Lehre ausgiebig zu erkl�ren, als zu verurteilen. Das bedeutet nicht, da� es keine falschen Lehren und keine gef�hrlichen Meinungen gebe, die man vermeiden und zerstreuen mu�. Aber diese widerstreiten so offensichtlich den rechten Grunds�tzen der Ehrbarkeit, und sie haben so verheerende Fr�chte gezeitigt, da� heute bereits die Menschen von sich aus solche Lehren verurteilen. Das gilt besonders von jenen Sitten, die Gott und seine Gebote verachten, vom blinden Vertrauen auf den technischen Fortschritt und auf einen Wohlstand, der sich ausschlie�lich auf den Lebenskomfort st�tzt. Sie erkennen selber mehr und mehr, da� es sehr auf die W�rde der menschlichen Person und die daraus folgenden Verpflichtungen ankommt. Was aber am meisten z�hlt: sie haben aus Erfahrung gelernt, da� die Anwendung �u�erer Gewalt gegen andere, das Potential der R�stungen und politische Vorherrschaft nicht gen�gen, um die ihnen aufliegenden schweren Probleme gl�cklich zu l�sen. Angesichts dieser Lage erhebt die katholische Kirche durch dieses �kumenische Konzil die Leuchte der Glaubenswahrheit. Sie will sich damit als eine sehr liebevolle, g�tige und geduldige Mutter erweisen, voller Erbarmung und Wohlwollen zu ihren Kindern, die sie verlassen haben. Schon Petrus sagte einst angesichts einer Menschheit, die unter gro�en N�ten litt, zu einem Armen, der ihn um Almosen anging: �Gold und Silber besitze ich nicht, doch was ich habe, gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth stehe auf, und gehe umher!" (Apg. 3, 6). So bietet die Kirche den modernen Menschen keine verg�ng�lichen Reicht�mer und auch kein irdisches Gl�ck. Sie schenkt ihnen vielmehr die Gaben der g�ttlichen Gnade, die den Menschen zur W�rde der Gotteskindschaft erheben und die zur wirksamen Bewahrung und F�rderung des menschlichen Lebens dienen. Sie �ffnet ihnen die lebendigen Quellen ihrer Lehre, die die Menschen mit dem Lichte Christi erleuchten, so da� sie erkennen k�nnen, was sie in Wahrheit sind, welche W�rde ihnen zukommt und welchem Ziel sie nachzustreben haben. Schlie�lich verbreitet sie durch ihre S�hne �berall die F�lle christlicher Liebe, die am besten jeden Streit beseitigt und Einheit, gerechten Frieden wie die br�derliche Einheit aller bewirkt. F�r die Einheit der Christen und der MenschenSo ergibt sich die Sorge der Kirche f�r die Ausbreitung und Bewahrung der Wahrheit daraus, da� nach Gottes Heilsplan, �der alle Menschen retten und zur Erkennt�nis der Wahrheit gelangen lassen will" (1 Tim. 2, 4), die Menschen nur mit Hilfe der ungeschm�lerten Offenbarung zur absoluten und sicheren Einheit der Herzen gelangen k�nnen, mit der ein wahrer Frieden und das ewige Heil verbunden sind. Diese sichtbare Einheit in der Wahrheit hat aber leider die gesamte christliche Familie noch nicht in Vollendung und Vollkommenheit erreicht. Daher sieht es die katho�lische Kirche als ihre Pflicht an, alles Erdenkliche zu tun, damit das gro�e Mysterium jener Einheit erf�llt werde, die Christus Jesus am Vorabend seines Opfertodes von seinem himmlischen Vater mit gl�henden Gebeten erfleht hat. Sie erfreut sich des stillen Friedens im Bewu�tsein, da� sie darin aufs innigste mit diesem Gebet Christi verbunden ist. So freut sie sich auch von Herzen, wenn sie bemerkt, welche reichen Fr�chte dieses Gebet auch bei denen tr�gt, die von ihren H�rden getrennt leben. Ja, genau betrachtet, erstrahlt diese Einheit, die Jesus Christus f�r seine Kirche erlangte, in einem dreifachen Licht: die Einheit der Katholiken untereinander, die als leuchtendes Beispiel ganz fest bewahrt bleiben mu�, sodann die Einheit, die im Gebet und den leidenschaftlichen Erwartungen der vom Apostolischen Stuhl getrennten Christen besteht, wieder mit uns vereint zu sein, und schlie�lich die Einheit der Hochachtung und Ehrfurcht gegen�ber der katholischen Kirche, die ihr von anderen, noch nicht christlichen Religionen erwiesen wird. Dabei bereitet es Uns. gro�en Schmerz, da� bisher der gr��te Teil der Menschheit noch nicht von den Quellen der g�ttlichen Gnade lebt, die in der katholischen Kirche flie�en, obwohl alle Menschen von Geburt an durch das Blut Christi erl�st worden sind. So kommen Uns beim Gedanken an die katholische Kirche, deren Licht alles erleuchtet und deren �bernat�rliche Einheit zum Nutzen der ganzen Menschheit dient, diese Worte des hl. Cyprian in den Sinn: �Die Kirche, erf�llt vom g�ttlichen Licht, strahlt hinaus in die ganze Welt. Dennoch ist es nur ein Licht, das �berallhin flutet, ohne da� die Einheit des K�rpers aufgel�st wird. Ihre Zweige streckt sie in reicher F�lle aus �ber die ganze Erde hin, m�chtig hervorstr�mende B�che l��t sie immer wieder sich ergie�en. Und dennoch gibt es nur eine Quelle, nur einen Ursprung, nur eine Mutter, die mit �berquellender Fruchtbarkeit gesegnet ist: aus ihrem Scho� werden wir geboren, mit ihrer Milch gen�hrt, von ihrem Geist beseelt" (De cath. ecclesiae unit., 5). Ehrw�rdige Br�der! Dieses ist die Absicht des Zweiten Vatikanischen �kumenischen Konzils: da es die hervorragendsten Kr�fte der Kirche vereint und da es sich eifrig bem�ht, da� die Heilsbotschaft von den Menschen bereitwillig aufgenommen werde, bereitet und festigt es auf diese Weise den Weg zu jener Einheit des Menschengeschlechts, die das notwendige Fundament bildet f�r eine Ver�hnlichung der irdischen mit der himmlischen Stadt, �in der die Wahrheit herrscht, deren Gesetz die Liebe, deren Existenz aber die Ewigkeit ist" (Augustinus, Ep. CXXXVIII, 3). Schlu�Nun aber �wendet sich Unsere Stimme an euch" (2 Kor. 6, 11), Ehrw�rdige Br�der im Bischofsamt. Wir sind hier vereinigt in der Vatikanischen Basilika, wo der Angelpunkt der Kirchengeschichte ist und Himmel und Erde jetzt eng verbunden sind, hier am Grabe des hl. Petrus, bei so vielen Ruhest�tten Unserer heiligen Vorg�nge: deren sterbliche Reste sich in dieser feierlichen Stunde gleichsam in verborgenem Jubel mitfreuen. Mit dem beginnenden Konzil hebt in der Kirche ein Tag strahlenden Lichtes an. Noch ist es wie Morgenr�te, und schon ber�hren die Strahlen der aufgehenden Sonne Unser Herz. Alles atmet hier Heiligkeit, alles erweckt Jubel. Betrachten wir doch die Sterne, die mit ihrer Klarheit die Majest�t dieses Heiligtums mehren. Diese Sterne seid Ihr, nach dem Zeugnis des Apostels Johannes (Offb. 1, 20). Und mit Euch sehen Wir gleichsam goldene Leuchter um das Grab des Apostelf�rsten, n�mlich die Euch anvertrauten Kirchen (ebd.). Zugleich sehen Wir M�nner von Rang und W�rden, die aus f�nf Erdteilen nach Rom gekommen sind, um ihre Nationen zu vertreten, sie sind hier mit gro�er Ehrfurcht und menschlichster Erwartung zugegen. So darf man wohl sagen, da� sich Himmel und Erde zur Feier des Konzils in gemeinschaftlichem Werk vereinen. Die Heiligen des Himmels sch�tzen unsere Arbeit, die Gl�ubigen auf Erden beten unabl�ssig zu Gott, und Ihr folgt gewissenhaft den Eingebungen des Heiligen Geiste und gebt Euch eifrig M�he, da� Eure Arbeit den Erwartungen und Bed�rfnissen der verschiedenen V�lker in h�chstem Ma�e entspricht. Damit dies geschehe, werden von Euch ein erhabener Friede des Geistes, br�derliche Eintracht, M��igung in den Vorschl�gen, W�rde in den Beratungen und weise �berlegung gefordert. M�gen Eure M�hen und Eure Arbeit, auf die so viel V�lker schauen und ihre Hoffnung setzen, alle Erwartungen recht erf�llen. Allm�chtiger Gott, auf Dich setzen wir unser ganzes Vertrauen, da wir uns nicht auf unsere eigene Kraft verlassen k�nnen. Sieh gn�dig auf diese Hirten Deiner Kirche. Das Licht Deiner Gnade helfe uns, wenn wir Beschl�sse fassen und Gesetze erlassen. Und erh�re die Gebete, die wir in einm�tigem Glauben, mit einer Stimme und einigen Herzens an Dich richten. O Maria, Hilfe der Christen, Hilfe der Bisch�fe, in Deinem Heiligtum von Loreto haben Wir das Geheimnis der Menschwerdung betrachtet und erst k�rzlich Deine Liebe besonders erfahren. So f�hre denn alles zum guten Ende. Bitte f�r uns bei Gott mit dem hl. Joseph, Deinem Br�utigam, mit den hll. Aposteln Petrus und Paulus, mit dem hl. Johannes dem T�ufer und dem Evangelisten. Jesus Christus, Unserem lieben Erl�ser, dem unsterblichen K�nig aller V�lker und Zeiten, sei Liebe, Macht und Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen!�
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