Albert Raffelt: Age ut intelligas. In: Werner Löser ; Karl Lehmann ; Matthias Lutz-Bachmann (Hrsg.): Dogmengeschichte und katholische Theologie. Würzburg : Echter, 1985, 2. Aufl. 1988, S. 251-274 [Bibliographische Rückverweise mit "ebd." sind in den Anmerkungen durch Kurztitel ersetzt]

Age ut intelligas

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Eine Skizze zur pragmatischen Dogmenhermeneutik im französischen Modernismus

Unter der Rubrik "Dogma in nichtkatholischer Begrifflichkeit" faßt Karl Rahner im Lexikon für Theologie und Kirche das modernistische Dogmenverständnis zusammen, wie es in den lehramtlichen Dokumenten expliziert ist: "Negativ ist der modernistische Begriff des Dogmas bestimmt a) durch die Ablehnung einer eigentlich übernatürlichen Wirklichkeit und dementsprechend eines Geheimnisses, das nur durch eine freie personale Selbsterschließung Gottes erfahren werden kann...; b) durch die Ablehnung einer wirklich möglichen und zur Konstitution der religiösen Erfahrung selbst gehörenden intellektuellen Aussage dessen, was das Dogma meint. Der begrifflich intellektuelle Satz... ist der religiösen Erfahrung gegenüber nachträglich, da diese das Gemeinte auch schlechthin unabhängig von solcher begrifflicher Aussage besitzen kann. Positiv ist Dogma für den Modernismus der nachträgliche, stets auch in sein Gegenteil revidierbare, für die religiöse Gemeinschaft aber unvermeidliche Ausdruck der religiösen Erfahrung, die selbst immanentistisch interpretiert wird" (2). - Das Dekret "Lamentabili" (3) und die Enzyklika "Pascendi" (4), die hier zugrunde liegen, haben den Modernismus, die Summe aller Häresien (5), als System dargestellt und als solches verurteilt. Damit ergibt sich eine konkrete lehramtliche Bestimmung dessen, was als Modernismus zu gelten hat und eine anscheinend stringente systematische Beschreibung dieses Phänomens.

Schon für die Zeitgenossen war es aber nicht möglich, diesen Modernismus en bloc historisch zu verifizieren. Keinem der inkriminierten Autoren konnte das gesamte System zugeschrieben werden; zudem waren die einzelnen zensierten Sätze durchweg in ihrem ursprünglichen Kontext nicht so leicht zu systematisieren und vielfach durchaus akzeptabler zu interpre-

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tieren (6), Eine theologiegeschichtliche Untersuchung des Gesamtphänomens oder einzelner Sachgegenstände kann also nicht ohne weiteres von den lehramtlichen Dokumenten ausgehen.

Der umgekehrte Versuch, den "Modernismus" nicht von vornherein in ein solches Korsett zu zwängen, sondern ihn vielmehr nur als einen Teil einer viel weitergehenden reformerischen, liberalen etc. Bewegung zu bestimmen, die seit der Aufklärung in immer wieder neuen Anstößen eine Begegnung von neuzeitlichem Geist und katholischem Glauben gesucht hat, führt dagegen zu einem entgegengesetzten Problem, nämlich zu der Gefahr, seine spezifische Gestalt nicht mehr zu sehen, die ihn von ähnlichen Versuchen eben doch abhebt.

Es sind nun einmal bestimmte Autoren in Lamentabili angezielt (7), die aus einer bestimmten geistesgeschichtlichen Situation schrieben. Das gleiche gilt für die weiteren antimodernistischen Dokumente. Von den lehramtlichen Dokumenten aus ist es auch berechtigt, das Gewicht des französischen Modernismus besonders herauszuheben, und die historische Analyse bestätigt dies: Die Situation in Deutschland ist unterschiedlich (staatliche Fakultäten; die anderen theologischen Voraussetzungen im 19. Jahrhundert usw.) (8); der italienische Modernismus dagegen hat vor allem ein gesellschaftspolitisches Programm; der englische ist nochmals ein Sonderphänomen (9).

Für unsere Zwecke ist ein mittlerer Weg gangbar: Modernismus meint einerseits ein spezifisches Phänomen in der katholischen Kirche mit verschiedenen Ausprägungen in einzelnen Ländern. Der Versuch aber, die "häretischen" Modernisten anderseits auf ein System festzulegen - gar auf ein gemeinsames - und dieses von dem vielfältigen Umfeld völlig abzutrennen, ist nicht gangbar. Zum französischen Modernismus gehören als Anreger, Gesprächspartner und Gegner z.B. ebenso die liberale protestantische Theologie, der Pragmatismus, die neue Philosophie Henri Bergsons und - in allen drei Funktionen! - die Philosophie Maurice Blondels. Für unsere Fragestellung insbesondere gilt, daß sie ohne Blondels Beiträge gar nicht korrekt darstellbar ist (wobei Blondel selbstverständlich

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nicht nachträglich zu einem "Modernisten" im häretischen Sinn gemacht werden soll) (10).

Die folgende Untersuchung will nun mehrere Stadien der Diskussion um den Sinn des Dogmas in diesem Kontext skizzieren. Dabei ergibt sich als Leitfaden die Betrachtung des Dogmas "iuxta sensum practicum" (DS 3426) bzw. die Beziehung des Dogmas zum Existenzv ollzug des einzelnen und zum Glaubensvollzug der Kirche in seiner historischen Entfaltung.


1. Das Dogma und die Vollendung des menschlichen Tuns: Maurice Blondels "L'Action"

Maurice Blondels Diskussion des "Dogmas und der geoffenbarten Vorschirften" im Rahmen seiner Dissertatiot "L'Action" (1893) (11) liegt zwar vor der modernistischen Krise, eröffnet aber eine Fragestellung, die dann nicht mehr zur Ruhe kommt. Dabei ist die Darstellung noch ungetrübt von der übertriebenen Vorsicht, die das nachmodernistische Schrifttum kennzeichnet..

Adressat der Action ist der aufrichtige Rationalist, der sich ganz auf die immanente Bewegung des Denkens, durchgeführt in einer phänomenologischen Analyse des menschlichen Existenzvollzugs, einläßt. Die Analyse der Vollendungsbedingungen der menschlichen Existenz führt vor das Scheitern einer Selbstvollendung und zeigt die Notwendigkeit eines Überstiegs und einer Haltung der offenen Erwartung. "Absolument impossible et absolument nécessaire à l'homme, c'est lá proprement la notion du surnaturel" (12) heißt der vieldiskutierte zusammenfassende Satz, der in die Dialektik des Lebensvollzugs in einer überraschenden Wendung einen theologischen Begriff einführt (13).

Der anschließende fünfte Teil der Action untersucht nun die mögliche "Vollendung des Tuns" (14). Die Philosophie kommt angesichts des Übernatürlichen, das sich ihrem Zugriff entzieht, in eine paradoxe Situation. Die Behauptung seiner Nichtexistenz wie seiner Existenz entzieht sich ihrer Kompetenz. Die abergläubische Selbstvollendung des menschlichen Tuns

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hat sie kritisiert. Der Behauptung des realen Übernatürlichen gegenüber ist sie zunächst nur zu einer Offenheit verpflichtet. "Es wäre seltsam, wenn man als wissenschaftlich ausgeben würde, den Buchstaben und Geist aller Kulte außer einem zu studieren" (15), vielmehr ist die Frage legitim, ob nicht doch eine Form der Religion ihrer auflösenden Kritik entgeht. So kann sie die Dogmen - die Gehalte des Glaubens - als offenbarend - nicht als geoffenbart, als Sinn vermittelnd "à titre d'hypothèses" (16) im Rahmen der Dialektik des Lebensvollzugs untersuchen. Da eine rein extrinsezistische Auffassung nicht intelligibel wäre (17), wendet sie sich der Genese des Offenbarungsbegriffs und damit den Möglichkeitsbedingungen und Kriterien von Offenbarung zu.

Für unsere Frage ist die Darstellung hier abzukürzen (18): Die Diskussion einer extrinsezistischen Auffassung führt zur Feststellung der Notwendigkeit einer "initiative interne" (19), aus der der Begriff der "Dogmen und geoffenbarten Gebote" entspringt. Dies schließt an die Analysen des vierten Teils der Action an, in denen die konkreten Bedingungen eines Sich-Einlassens auf den Willen Gottes aus der Transzendenzbewegung des menschlichen Wollens entwickelt werden. Offenbarung ist damit von vornherein in einer personalen Perspektive gesehen, nicht als esoterische Mitteilung geheimnisvoller Wahrheit (20), sondern als das "einzig Notwendige", Gott selbst als Gabe und Vollendung des Menschen. Das Verlangen nach der Offenbarung setzt die Unabschließbarkeit (aus eigener Anstrengung) menschlichen Willens voraus: "Immer wenn man sich nicht an den göttlichen Willen ausliefert, will man bloß, daß Gott wolle, was der Mensch will" (21). Göttliche Offenbarung muß aber in sich unabhängig von der menschlichen Initiative gedacht werden; selbst der Elan der Suche, die uns zu Gott trägt, muß in seinem Ursprung Geschenk sein (22).

Von hier aus - und jetzt ist wohl der Punkt, wo konkret die Dogmen "à titre d'hypothèses" verwendet werden - skizziert

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Blondel in einer Art 'transzendentaler Christologie' (Karl Rahner) die Notwendigkeit eines Mittlers, Fürsprechers und Erlösers (23).

Der philosophischen Kühnheit seines Unternehmens, der Zumutung für einen rationalistischen Geist ist sich Blondel bewußt. Es handelt sich um "höchste Forderungen, denen zu genügen der Mensch sich unfähig fühlt und deren Notwendigkeit die Vernunft leichter einsieht, als sie ihre Möglichkeit begreift" (24).

Authentische Offenbarung muß dabei folgenden Kriterien entsprechen: Sie muß sich prophetisch für die auswirken, die ihrer geschichtlichen Gestalt vorausgingen, symbolisch und im Verborgenen an die wenden, die sie nicht kennen können, unabhängig von Zeit und Ort, wahrhaft universal und permanent wirksam sein: "Se perpétuant non comme quelque chose du futur ou de passé, mais comme l'éternel présent; multiple et successive dans son application, sans cesser d'être une et fixe en son principe"(25). - Damit sind exakt die Legitimationsprobleme und -anforderungen der Offenbarungsreligion seit Spinoza, Lessing usw. genannt.

Blondel untersucht nun - strikt in seiner Perspektive ("Die Vollendung des menschlichen Tuns") bleibend und unter den die Reichweite der philosophischen Untersuchung begrenzenden Bedingungen - wie das Tun einerseits den Glauben vermitteln kann, wie der Glaube anderseits das Tun durchdringt.

Eine Bedingung dafür, daß das Tun das Übernatürliche vermitteln kann, liegt darin, daß es imstande ist, nicht voll Erkanntes zu realisieren (26). Nicht Gefühle und Gedanken sind das "Innerste" des Menschen, sondern sein Tun, und so ist der "Buchstabe" das Mittel, "göttlich" zu denken und zu handeln. Die Aneignung der übernatürlichen Gabe - ohne diese zu denaturieren - erfolgt im Sich-Einlassen auf den in den "Dogmen und geoffenbarten Geboten" zum Vorschein kommenden Willen Gottes: "Die Dogmen und Glaubensüberzeugungen sind für das Denken nur insofern belehrend, als sie Prinzipien des Tuns werden" (27). - Die Praxis ist dabei notwendigerweise überindividuelle, sie hat eine soziale Funktion, ist Kooperation und Auferbauung. Sie bildet aus den verschiedenen Strebungen ein Ganzes. So entstehen Tradition und Disziplin als durchgängige Interpretation des Denkens durch das Tun.

Die schwierige Frage, wie ein Überstieg in diese Praxis möglich ist, wel-

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che "natürlichen" Motive sie veranlassen können, ohne Fremdbedingungen zu setzen, behandelt Blondel in einer Art Weiterführung der bei Blaise Pascal im sogenannten Fragment der "Wette" (Br. 233) angestellten Überlegungen (28).

Der Gefahr eines Selbstaufbaus des religiösen Tuns aus dem inneren Dynamismus des Menschen auf seines Vollendung hin - eigentlich schon im Abschnitt über den Aberglauben kritisiert - entgeht Blondel dadurch, daß er einerseits die notwendige 'Kehre' dieses Dynamismus aufgewiesen hat ("absolument impossible"), die reine Erwartungshaltung und die Durchkreuzung einliniger Selbstbehauptung zugunsten einer geforderten Selbstentäußerung, anderseits indem er durchgängig das autoritative Moment der Offenbarung betont: "der menschliche Will ist nur völlig konsequent mit sich selbst, wenn er bis zum eingestandenen Bedürfnis einer wirklichen Unterwerfung geht" (29).

Der religiöse Akt zielt letztlich auf eine realsymbolische Vermittlung der göttlichen Gabe im menschlichen Tun: "Das Tun ist nur vorgeschrieben, insoweit es in dem, was es zu tun gilt, die Realität dessen enthält, was zu glauben ist" (30).

Diese Abschnitte, die Blondel den Vorwurf einer Rechtfertigung des 'Pharisäismus' (31) eingetragen haben, sind im Grunde das Ziel seiner Untersuchung: Die Abwehr eines "Neuchristentums", das sich nur gedanklich auf den traditionellen Glauben bezieht und in einem quasi-mystischen Individualismus die Substanz des Christentums wahren will, und die Hinführung zur konkret kirchlich-sakramentalen Praxis. Die Formulierung des Kriteriums für solche Praxis läßt sich allerdings auch kritisch gegen bloßen Brauch lesen und ist nicht so "reaktionär", wie es zunächst scheinen mag.

Für die Blondelsche Darstellung der "Dogmen und geoffenbarten Gebote" bleibt in unserem Zusammenhang folgendes Fazit zu ziehen:

- die Dogmen werden in einer methodologisch begrenzten Fragestellung in die Untersuchung des menschlichen Existenzvollzugs einbezogen;

- der Begriff "Dogma" ist dabei nicht schultheologisch fixiert, sondern bezeichnet den Gehalt des christlichen Glaubens, allerdings insbesondere in seiner autoritativen, normativen Funktion;

- die Fragestellung führt zum 'Ziel' des Dogmas: der Vermittlung der göttlichen Heilsgabe;

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- das Tun ist der vermittelnde Modus ihrer Annahme; es erlaubt von seiner eigenen Struktur her den Überschuß des "Dogmas" gegenüber dem menschlichen Motiv der Handlung, die Übernahme einer Heteronomie in den Dynamismus der Selbstverwirklichung;

- das Dogma selbst wird dadurch in seiner Intention als "praktisch" aufgewiesen, ohne daß sein gedanklicher Gehalt (Blondel: das "Wesen" des Dogmas) verkürzt wird;

- die Scheidung zwischen einer philosophischen und einer theologischen Untersuchung wird sehr strikt eingehalten. "Autonome Philosophie" und "authentischer Katholizismus" bleiben die beiden Eckdaten. Die Koppelung der Philosophie Blondels mit einer relativ traditionellen Theologie ist daher möglich (wenngleich sie notwendigerweise zu Spannungen führen mußte) wie die "Weiterführung" seiner Überlegungen in theologischer Absicht;

- der Ertrag des Kapitels für die Theologie ist - abgesehen von der Skizze einer anthropologischen Fundierung bestimmter Dogmen ('transzendentale Christologie') - ein methodologischer: die formale Bestimmung des Begriffs des Übernatürlichen im philosophischen Kontext, damit ein Vorschlag zur Bestimmung des Verhältnisses von Philosophie und Theologie und gleichzeitig ein Beitrag zur Sachlogik der Theologie, zur Gnadenlehre (32);

- zur theologischen Dogmenhermeneutik war von Blondel eigentlich wohl kein Beitrag mit seinem Kapitel geplant. Faktisch gelangt aber die Untersuchung dahin, indem sie bei der Behandlung des Übernatürlichen seine Vermittlungsbedingungen zu denken sucht und einerseits seine autoritative, eben dogmatische Gestalt, anderseits seine praktischen Implikationen - das Mehr des Tuns gegenüber dem Denken und die darin angelegte "Kooperation" im Tun, das "theandrische Handeln" (33)- aufweist.

2. Die Entwicklung des Dogmas im Lebensvollzug der Kirche: Alfred Loisy

Loisys Schrift "L'Évangile et l'Église" (34) kann man wohl als das Grundbuch des Modernismus ansehen, insofern in ihm eine Theologie zu erahnen war, die die drängenden Probleme der zeitgenössischen Theologie mit großem Schwung in eine neue Synthese zu bringen suchte. Der Vergleich der Intention mit derjenigen Blondels legt sich dabei nahe: Hier der Versuch, kritisches Denken und authentischen Katholizismus zu versöh-

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nen, bei Loisy die Absicht, die Spitzenpositionen kritischer protestantischer Exegese zu einer Apologie des Katholizismus zu verwenden.

Dem Anlaß nach ist Loisys Buch weniger: Es ist die Antwort auf Adolf von Harnacks Vorlesungen über "Das Wesen des Christentums" (35) mit ihrer Reduktion dieses Wesens auf eine individualistische Religion der Gotteskindschaft, wie sie Harnack der Predigt Jesu als "Kern" entnimmt (36).

Harnacks Synthese gewann ihre Durchschlagskraft aus der Autorität des Historikers, der mit der Überzeugungskraft wissenschaftlicher Objektivität schreibt. Eine Entgegnung mußte zunächst auf dieser Ebene die analytischen Voraussetzungen klären. Dies tat Loisy, und damit war er natürlich gleichzeitig auf die Themen Harnacks festgelegt: eine Diskussion der Quellenlage, eine Interpretation der Evangelien einschließlich der christologischen Frage, eine Erklärung des Überschritts des Christentums in die heidnische Welt mit der Problematik der paulinischen und johanneischen Theologie; schließlich die Diskussion der Legitimität der weiteren Entwicklung der christlichen Kirchen, kurz das Problem der 'Hellenisierung' (37). In diesem Zusammenhang war die Entwicklung des kirchlichen Dogmas (bis zum Ersten Vaticanum) zu betrachten.

Dieser Bezug auf einen konkreten Gegner kam Loisy anderseits zupasse, der seine eigenen Versuche schon unabhängig von diesem Anlaß ausgearbeitet hatte (38).

Der entscheidende inhaltliche Punkt in Loisys Auseinandersetzung mit Harnack liegt in der Zurückweisung der Harnackschen These, die Bedeutung Jesu liege nur in seiner eigenen Gotteserkenntnis und der Mitteilung dieser Idee der Gotteserkenntnis - der Gotteskindschaft - durch Wort und Tat als dem "Kern" des Evangeliums, der aus der "Schale" zu lösen sei. Dieser Hermeneutik setzt Loisy ein organisches Bild von Keim und Entfaltung entgegen. Er versucht, die Idee der Gottessohnschaft entgegen Harnack funktional aus der Idee des Reiches Gottes und der Aufgabe Jesu in ihm, aus seinem messianischen Bewußtsein, auf die der Glaube an seine Auferstehung gewissermaßen antwortet (39), herzuleiten. Auch die weitere Entwicklung der Kirche wird in einem Entwicklungsschema gedeutet, das geschichtliches Leben besonders an seiner Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit mißt.

Das Instrumentar, mit dessen Hilfe dabei das Dogma und seine Entwicklung analysiert wird, ist nicht sehr entfaltet. Das Dogma ist die not-

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wendige lehrhafte Interpretation der ursprünglichen Glaubenserfahrungen; es ist angewiesen auf den kulturellen Stand der Zeit, in der es formuliert wird; es ist perfektibel... Wesentlicher als solche Bestimmungen ist der Versuch Loisys, inhaltlich die Notwendigkeit der dogmatischen Entwicklung aufzuweisen. Dabei versucht er einerseits das, was Harnack als 'Hellenisierung' benennt, im Neuen Testament rückzuverankern (vgl. z.B. die Wertung der Logos-Idee) (40), anderseits die Entwicklung der Vätertheologie als Entfaltung dieser Ansätze verständlich zu machen.

Movens der Dogmenentwicklung ist dabei der Geistes- und Kulturzustand der jeweiligen Theologen bzw. Gläubigen, aber auch eine gewisse Notwendigkeit der Systematisierung der Glaubensgehalte. Loisy sucht den Eindruck einer Fremdbestimmung dieser Entwicklung durch den griechischen Geist zu relativieren, indem er auf das bewahrende Traditionsprinzip hinweist und auf den religiösen Sinn des Dogmas - vor wissenschaftlicher Stimmigkeit, so daß die Kirche durchaus Spannungen in den dogmatischen Formulierungen hinzunehmen bereit war. - Schließlich gibt es ein inneres Kriterium - das "Wesen" des Evangeliums (41) -, dem die Entwicklung entsprechen muß, und im Anschluß an John Henry Newman hat Loisy auch formale Kriterien der Dogmenentwicklung aufzustellen versucht (42).

Die Pauschalität der Darstellung Loisys in L'Évangile et l'Église läßt freilich die Problematik der Konstruktion unvermeidlich deutlich werden. Auch wenn man die eben genannten Absicherungen bemerkt, bleibt der Eindruck naheliegend, das faktisch so Gewordene rechtfertige sich letztlich durch seine Faktizität selbst. - Dieser Eindruck entspringt vor allem der Anwendung eines Entwicklungsbegriffs, der geschichtliche Besonderheit zu stark einebnet und gerade das Dogma letztlich funktional zu Bewußtseinsentwicklungen des Christentums relativiert. Das zweite Moment, das diesen Eindruck verstärkt, ist die Betonung des kollektiven Prozesses dieser Entwicklung, der gleichsam hinter den Rücken der Individuen abläuft und den Eindruck einer blinden Entfaltung einer keimhaften Entelechie macht. Die Entwicklungsidee Loisys, ihre Verbindung mit lebensphilosophischen Philosophemen usw. sind in der Literatur vielfach kritisiert worden (43). Man muß dem Autor freilich zugute halten, daß er seine Synthese abzusichern versucht und daß er sie auf einem schwierigen, durchaus ungenügend bearbeiteten Feld errichten mußte. Schließlich gab

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es auch keine bessere Rechtfertigung der Entwicklung der (katholischen) Kirche als Antwort an Harnack zu dieser Zeit!

Im Zusammenhang unserer Fragestellung ergibt sich - neben vielen Unklarheiten - durch Loisys Buch ein neues Problemfeld "pragmatischer" Dogmenhermeneutik: Die Dogmenentwicklung als Problem des Lebensvollzugs der Kirche und - von der anderen Seite aus - die Denkstrukturen geschichtlicher Epochen als Locus der Dogmatik. Die zweite Frage ist in unserem Zusammenhang nicht diskutiert worden. Die Verurteilung des Satzes, die Dogmen seien keine vom Himmel gefallenen Wahrheiten (DS 3422), zeigt eine Barriere, die nur den Spott des Historikers hervorrufen konnte. Die erste Fragestellung ist in Blondels Stellungnahme in einer spezifischen methodologischen Perspektive jedoch enthalten.

3. Der Überschuß der realen Geschichte gegenüber der historischen Analyse: Blondels "Histoire et dogme"

Maurice Blondels "Histoire et dogme" setzt nicht bei inhaltlichen Fragen ein, sondern schneidet das grundsätzliche Problem des Verhältnisses von historischem Faktum und Glaube, von Geschichte und Dogma an. Nicht nur die Position Loisys - unter dem Stichwort "Historismus" (historicisme) -, sondern auch die der traditionellen Schultheologie - als "Extrinsezismus" - werden dabei auf ihr Ungenügen hin untersucht (44).

Nachteilig für die zeitgenössische Diskussion war, daß in Blondels Aufsatz reine "Typen" konstruiert werden, die real so nicht vorkamen, oder anders ausgedrückt: daß die analysierten Positionen auf Konsequenzen festgelegt werden, die sie selbst nicht ziehe n, was wiederum nur ihrer Inkonsequenz zugeschrieben wird. Das Verfahren ist auch in anderen Schriften der Zeit festzustellen, findet sich in extremo in den lehramtlichen Dokumenten und prägt z.B. auch Lucien Laberthonnières noch zu besprechende Stellungnahme zu Édouard Le Roy und Jules Lebreton. Für eine rein akademische Diskussion mag ein solches Vorgehen durchaus klärend sein. Im Klima der Modernismus-Auseinandersetzung war es problematisch, zumal diese Art der Darstellung kaum Brücken für ein Gespräch baut.

Desungeachtet wird in Blondels Beitrag die Auseinandersetzung auf ein

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grundsätzliches Niveau gehoben und werden Fragen angeschnitten, die jenseits der Probleme von Opportunität, Situationsgerechtheit und korrekter Interpretation Loisys noch heute von Bedeutung sind. Wir beschränken uns dabei auf die Diskussion des Historismus.

Das Problem lautet: "Denn wenn es auch wahr ist, daß die historischen Fakten dem katholischen Glauben zugrundeliegen, so bringen sie ihn doch nicht aus sich selbst hervor, noch reichen sie aus, um ihn gänzlich zu rechtfertigen" (45). Blondel diskutiert eingehend die Frage nach der Reichweite der historischen Methode, von wo aus sich das gleiche Problem nochmals stellt: "Wird das Gefüge der kritischen Historie stark genug sein, um das unermeßlich schwere Gewicht des alten Glaubens und den ganzen Reichtum des katholischen Dogmas zu tragen?" (46). Es geht dabei um den Überschwang der wirklichen Geschichte über die technische, wissenschaftliche Geschichte der historischen Kritik. Die Historie vermag nie das volle Geflecht der moralischen, religiösen, metaphysischen Vorentscheidungen, die in jedem Akt liegen, in reiner Neutralität zu beschrieben. Die Gefahr des Historismus liegt in der Verwechslung von Wirklichkeits- und Wissenschaftsgeschichte. In Anwendung ihrer Prinzipien auf die Theologie besteht die Gefahr, daß die "positive Historie" im Sinne von Wissenschaftsgeschichte zur "negativen Theologie" wird (47).

Für Blondel zeigt insbesondere die Christologie Loisys den entscheidenden schwachen Punkt seiner Methodik, insofern die historische Reduktion nicht zum göttlichen Selbstbewußtsein Jesu Christi vordringt, wie es der Blondelsche Panchristismus erfordert. Das Problem spitzt sich daher für ihn auf die Frage zu, ob die Entwicklung des Christentums aus dem Wirken und (expliziten) Wollen Christi hervorgeht oder ob er nur einen Keim gelegt hat, den der historische Determinismus eigenmächtig ausfaltet (48).

Methodisch stellt Blondel die Frage so: Haben wir, um zum wirklichen Christus zu gelangen, nur das unzulängliche Bild der ersten Zeugen (den "geschichtlichen Christus", wie Blondel sagt, bzw. den "historischen Jesus", wie man heute sagen würde)? "Dann aber liegen die Schlüssel zur Theologie in den Händen des Kritikers, des Exegeten und des Philosophen - Oder aber besitzen wir im Gegenteil, um zu dem wirklichen Christus zu gelangen, die Möglichkeit, von der gesamten Anstrengung der gläubigen Generationen zu profitieren und alle Fluten des Lebens und Denkens, mit denen neunzehn Jahrhunderte das Evangelium überschwemmt haben, zu der Quelle zurückfließen lassen zu können?" (49)

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Die Überlegungen Blondels bringen wichtige Gesichtspunkte dafür bei, daß die Exegese nicht "rein literarisch" zu ihrem Gegenstand vordringen kann, sondern eine Pragmatik entwerfen und wirkungsgeschichtlich arbeiten muß. Die entscheidende - und für Loisy methodisch unzumutbare - Forderung ist jedoch, daß es jenseits der Untersuchung der Ursprünge eine Erkenntnisquelle geben soll, die historische Einsicht in diese vermitteln bzw. garantieren soll. - In den anderen Punkten besteht zunächst kein grundlegender methodischer Dissens (50).

Ein Problem der Diskussion liegt darin, daß hier zwei Aufgabenstellungen in eins verhandelt werden. Für Loisy ist die argumentative Aufgabe gegen Harnack erledigt mit dem Aufweis, daß eine Entwicklung stattfand, die die Ursprungsprinzipien in angemessener Weise bewahrte und lebendig vermittelte; Blondel dagegen diskutiert die zugrundeliegende Frage, ob diese Vermittlung nur aus einem Ursprungsanstoß in innerer Konsequenz, aber letztlich doch "natürlich" vonstatten ging, oder ob hier der Eingriff des Absoluten in die Geschichte erfolgt ist und die Form der geschichtlichen Vermittlung dem Geschehen selbst entspricht. Und aus dieser Perspektive können Nuancen des Sprachgebrauchs doch wieder tiefe Differenzen verbergen: ob die Reich-Gottes-Hoffnung durch eine Übertragung - "gekommen ist die Kirche" (51) - ihre Dynamik bewahrte, statt in Enttäuschung zu vergehen, und die Kirche die Gelegenheit bekam, "stets das Ideal der Gerechtigkeit durch den Köder des Ideals des Glücks voranzutreiben" (52) - wie Blondel pointierend zusammenfaßt - oder ob die Kirche die Selbstmitteilung Gottes in Christus durch die Geschichte vermittelt, ist hier die grundlegende Frage.

Dennoch bleibt das Problem, ob der Historiker eine andere Geschichte schreiben kann, wenn er diese Fragestellung aufnimmt. Blondel meint dies nicht nur, sondern sucht methodische Zugänge zu seiner Position aufzuzeigen: Die Vermittlung zwischen den Fakten (die der Historiker nur reduziert wahrnimmt) und der Lehre, dem Dogma, dem Glauben geschieht durch die Tradition. Diese ist nicht als mündliche Überlieferung des Nicht-Geschriebenen zu denken, nicht als Ersatz für fehlende historische Belege. Sie ist vielmehr eine bewahrende und erwerbende Kraft: Sie entdeckt die Wahrheit, aus der die Vergangenheit gelebt hat, ohne sie ausdrücklich ausgesprochen oder definiert zu haben (53). Eine Philosophie des Tuns vermag das "natürliche" Substrat für diese These zu verdeutlichen: Das Tun bewahrt mehr als der schriftliche Niederschlag. Daher vermag

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keine historische Beschreibung das Leben der Kirche voll zu erklären. Dieses bewahrt vielmehr im Vollzug, in der Glaubenspraxis, in der Tradition den übernatürlichen Samen (54) lebendig und vermag ihn so auch immer mehr zu explizieren. "Was der Mensch nicht völlig begreifen kann, vermag er dennoch ganz und gar zu tun" (55), ist das zugrundeliegende "aktionistische" Prinzip. Das Übernatürliche bedarf der Vermittlung des Tuns, der Gemeinschaft, der Kirche (die Überlegungen der Action zur Aufgabe des nicht-depotenzierenden Bewahrens des Übernatürlichen sind hier heranzuziehen).

Doch ist nochmals rückzufragen, welche Erkenntnis die Tradition für das Verständnis der Glaubensgehalte bieten kann. In seiner Stellungnahme "De la valeur historique du dogme" (56) hat sich Blondel nochmals dazu geäußert. Er sucht hier den Eindruck zu korrigieren, eine Erkenntnis der "äußeren" Fakten (57) durch das Mittel der gelebten Glaubenspraxis gewinnen zu wollen, und beschränkt den Zugang über die Tradition auf "gewisse Tatsachen metaphysischer oder göttlicher Art, der geistlichen oder gar übernatürlichen Ordnung" (58), die ihrem Wesen nach vom Historiker gar nicht konstatiert werden können. Der Erkenntnisweg besteht dabei aus einem Zusammenspiel innerer und äußerer Beweise, einer geistigen Durchdringung mit Hilfe der Gnade. Moralische und psychologische Momente kommen dazu, erklären aber nicht das ganze Geschehen! "Auf jeder der historischen Etappen... des Weges, der dahin führt, und vor allem auf dem letzten Stück empfangen diese Glaubensaussagen (assertions) Zuströme (affluents) von beweisen, die unabhängig von ausschließlich historischen Quellen sind; und diese ergänzenden Rechtfertigungen sichern dem Dogma eine Festigkeit, von der die Kritik in ihren letzten Ergebnissen nicht absehen kann" (59).

Die Verdeutlichung ist zweifellos wichtig. Sie bringt aber keine letzte Klarheit in die Blondelsche Position (60). Vielleicht genügt sie, um den Anschein einer Abwertung der Heiligen Schrift in Historie et dogme zu relativieren, wo der Eindruck entstehen konnte, die Schrift als Niederschlag des unzlänglichen Bildes ungebildeter Schreiber von einem sie überwältigenden Ereignis müßte material ergänzt werden durch die klarere Einsicht der Nachkommenden. Die Blondelsche Lösung ist sicher auch eine wertvolle Kritik einer positivistischen Historie, die moralische, gar religiöse Momente aus der Objektivität der historischen Synthese herausneh-

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men will. Auf der so erreichten Basis ergibt sich aber ein dem Ausgangsproblem analoges: die Tradition und ihre Explikationen bleiben selbst der historischen Kritik - diese nun als Teil des hermeneutischen Verstehensprozesses betrachtet - nicht unzugänglich. Das Mehr an Erkenntnis geht notwendigerweise wieder in den Prozeß des Verstehens ein und wird damit wieder der kritischen Analyse zugänglich. Dabei stellt sich nochmals die Frage nach dem Rang der Heiligen Schrift, die ja nicht nur materiale Suffizienz bei den "äußeren Tatsachen" beanspruchen kann, sondern norma normans gegenüber dem Explikationsprozeß bleibt.

Die hier angesprochenen Probleme theologischer Hermeneutik wurden in der modernistischen Krisenzeit nicht ausdiskutiert. Die scharfe Betonung der Grenzen einer positivistischen Historie und die Skizze eines umfassenderen Traditionsverständnisses bleiben zweifellos eine große Leistung Blondels. Hierin ist er Friedrich von Hügels Verteidigung der Rechte der historischen Kritik überlegen, die ihrerseits freilich zu Recht das mangelnde Verständnis Blondels für die konkrete historische Methodik belegt (61).

Für das von uns verfolgte Problem ergibt sich aus der Diskussion, daß die Vermittlung des "übernatürlichen" Sinns der Christusoffenbarung in der Glaubenspraxis der Kirche geschieht, daß diese Praxis den Verständnishorizont auch für die historische "Archäologie" ihrer Grundlagen eröffnet, daß die lebendige Gegenwart des Geistes (des "Übernatürlichen") in einem aus vielen Elementen auferbauten Findungsprozeß die Unterscheidung der Geister - konservativ und progressiv, bewahrend und erwerbend - ermöglicht.

4. Das Dogma als Verhaltensregel: Édouard Le Roy

Édouard Le Roys Aufsatz "Qu'est-ce qu'un dogme" von 1905 (62) war für manche Zeitgenossen eine verständlichere Übersetzung Blondels und eine Anwendung von dessen Theorien auf die Gehalte des Dogmas selbst. Daß dies nicht so ist, wird sich zeigen (63). Le Roys Artikel gibt sich als bloße An-

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frage eines Philosophen, keinesfalls als Antwort; faktisch steht aber eine Theorie der religiösen Erkenntnis hinter ihm, und bei aller Bescheidenheit ist der Ton - auch wenn Le Roy dies ausdrücklich dem Bemühen um Klarheit und Kürze zuschreibt (64) - affirmativ und sehr selbstbewußt. Die ängstliche Sorgfalt Blondels auf dem Grenzgebiet zwischen Philosophie und Theologie fehlt ihm völlig.

Le Roy macht sich zunächst zum Anwalt des gegenwärtigen rationalistischen Bewußtseins, dem Dogma generell - nicht Einzelinhalte - ein Ärgernis ist. Konkret sprechen gegen das Dogma seine Unbeweisbarkeit, Uneinsichtigkeit und Heteronomie. - Die Lösung ist verblüffend: Der so kritisierbare und nach Le Roy zu Recht kritisierte Dogmenbegriff ist nicht der katholische. Er ist ein Produkt eines falschen Intellektualismus (oder genauer: Konzeptualismus). Dagegen ist das kirchliche Dogma dadurch gekennzeichnet, daß es

a) negativ ist. Es setzt Grenzpfähle. Das Dogma "Gott ist Person" (65) sagt z.B. nur "Gott ist nicht unpersönlich", enthält aber keine positiven Bestimmungen. die intellektuellen Gebäude, die den Gehalt erklären sollen, sind dagegen relativ beliebig, frei für den einzelnen Gläubigen, wenn nur die Grenze des Dogmas beachtet wird;

b) praktisch ist: Als Regel praktischen Verhaltens bedeutet "Gott ist Person": "Verhalte Dich zu Gott wie zu einer Person" (nicht: "als ob..."!). - In Le Roys Konzeption ist also der "intellektuelle" Gehalt des Dogmas zunächst sehr gering angesetzt (66), die theologischen Auslegungsmöglichkeiten sind sehr variabel. Für die Praxis wird der kirchlichen Autorität dagegen volle Kompetenz zugewiesen.

Bevor die Konzeption weiterbehandelt wird, ist zunächst noch eine Bemerkung zum Begriff des Dogmas bei Le Roy zu machen: Er will sich in seiner Diskussion auf den dogmatischen Satz im engeren Sinne beschränken (67). In der gesamten Diskussion - wie ja auch schon in dem zitierten Beispiel - haben wir es freilich mit einem "umbrella concept" (R. Haight [68]) zu tun, unter dessen Dach Grundfragen der religiösen Erkenntnis insgesamt wie der theologischen Systematik mitangesprochen werden.

Eine exaktere und dem Autor gerechter werdende Deutung des Le Royschen Entwurfs muß bei seinen erkenntnistheoretischen Voraussetzungen

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ansetzen. Seine Thesen verlieren dann etwas von ihrer Ungeschütztheit wie von ihrem vordergründigen Antiintellektualismus. Der Theorie liegt erstens eine Analogisierung der Theologie mit den Naturwissenschaften zugrunde, wobei diese von Le Roy rein konventionalistisch gedeutet werden. Die Dogmen nehmen dabei die Rolle der den Wissenschaften vorgegebenen Daten (faits) ein. Die Theorie - so dann auch die theologische - ist ein nachträgliches Gebilde zur intellektuellen Harmonisierung und systematischen Erklär ung dieser Daten. Obwohl sie damit eine bedeutende Funktion im Wissenschaftsprozeß wie für die Anwendung der Wissenschaft hat, bleibt ihr Gehalt relativ zu dieser Funktion. - Zweitens sucht Le Roy - hierin von Bergson wie Blondel beeinflußt - die logisch-intellektuelle Aktivität zurückzubinden an ihre Wurzeln im gesamten Lebensvollzug (69). Denken ist zunächst nicht die intellektuelle Analyse, sondern "pensée-action", vorgängig zu jeder Scheidung der Fakultäten von Intelligenz und Willen. "Wenn die Realität letztlich jedem abstrakten Denken unzugänglich, transzendent der Rede und in ihrer Integrität unausdrückbar und unbegreifbar ist, so ist man doch imstande, sie zu leben" (70). Hier ist ein Thema angesprochen, daß wir auch bei Blondel fanden. Auf die Dogmen (bzw. den Glauben) angewandt, bedeutet es, daß deren Gehalt nicht rein intellektuell vermittelbar, sondern nur über die Glaubenspraxis zugänglich ist. Damit ist gegenüber Blondels Fragestellung aber gleichzeitig eine Verschiebung vorgenommen, insofern nicht aus dem Lebensvollzug die "formale" Notwendigkeit von Dogma erarbeitet wird, die dann à titre d'hypothèse in Begegnung mit der christlichen Offenbarung konkretisiert wird, bzw. indem nicht - wie in Blondels weiteren Stellungnahmen - der Glaubensvollzug der Kirche auf die praktische Vermittlung von Geschichte und Dogma befragt wird, sondern die Fragestellung sich vielmehr auf den Sinn des Dogmas selbst in seiner formalen Struktur wie seinen materialen Gehalt richtet, der nun selbst auf eine - wie immer näher zu bestimmende - Praxis eingeschränkt wird.

Auf dem boden des Glaubensvollzugs - in "pragmatischer" Perspektive also - kann Le Roy dann allerdings das intellektuelle Moment des "Dogmas" doch noch etwas näher bestimmen als in seinen globalen Anfangsthesen. Zunächst einmal sucht er das Recht religiöser Rede - auch im philosophischen Sinn - nicht auf die Reichweite des Konzeptualismus zu beschränken. Die klassischen Wege der Analogie (71) und der via eminentiae

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sind ursprünglicher anzusetzen als ein einem Intellektualismus, nach dessen Voraussetzungen sie im Grunde nur eine Kenntnis-als-ob erschließen können: "Die Bilder und Metaphern - unheilbar vage und täuschend, wenn man in ihnen irgendwelche Annäherungen unmöglicher Begriffe sehen will - werden im Gegenteil wunderbar erhellend und suggestiv, wenn man hier einzig eine Sprache des Tuns sieht, welche die Wahrheit durch ihr praktisch erfahrenes Echo in uns übersetzt" (72). Die Notwendigkeit eines intellektuellen "Schemas", das das so Erkannte strukturiert und faßbar macht, sieht Le Roy. Ja, er wird hier geradezu zum Intellektualisten, vergleichbar den von ihm kritisierten Neuscholastikern, wie Laberthonnière (73) bemerkt. Das Problem ist dabei, wie die konventionalistisch gedeutete Theorie ihr Recht erweisen kann. Wesentliche Dimensionen - wie die hier zweifellos zu stellende Frage nach der Verbindlichkeit (wenn auch die einer gestuften, wie sie die "theologischen Qualifikationen" ja auch schon kannten) - fehlen in Le Roys Skizze.

Die Schwierigkeit des Le Royschen "Plakats" liegt ganz wesentlich auch in seinem Andeutungscharakter. Da er in seinem destruktiven Teil die herrschende Theologie intensiv angreift, wäre hier eine größere Ausführlichkeit, mehr an Vermittlungsversuchen statt bloßen Rückverweisens auf andere Arbeiten und vor allem auch eine historische Fundierung der Thesen nötig gewesen. Dies geschieht weder exegetisch-dogmengeschichtlich noch theologiegeschichtlich. Auch unter der Voraussetzung, daß Le Roy damit nur eine Enquete eröffnen wollte, war dies zu wenig (74). So waren die heftigen Reaktionen nicht verwunderlich, die kirchenamtlichen Sanktionen in der damaligen Situation fast unvermeidlich. Le Roy sah sich zu einem ganzen Bündel von Stellungnahmen veranlaßt, die er in der Buchausgabe Dogme et critique mit dem ursprünglichen Aufsatz abdruckte, leider aber nicht zu einer neuen Synthese seiner Position benutzte, wie es eigentlich sinnvoll gewesen wäre.

In diesem Buch finden sich aber zu einzelnen Punkten Klärungen, die noch kurz angesprochen werden sollen . - Der negative Sinn des Dogmas war im Quinzaine-Artikel mit der verurteilenden Funktion des Dogmas erläutert worden (75). So richtig dies für einen Gutteil formulierter Dogmen ist, die Anwendung blieb mißverständlich, zumal gerade das von Le Roy herangezogene erste Beispiel der Personalität Gottes (wie auch das Beispiel "Auferstehung") nicht so einfach liegt. Die Erläuterungen machen deutlich, daß Le Roy diesen negativen Sinn restringiert auf die theoretische Spekulation und die dieser geschuldete Glaubenszustimmung, nicht

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aber sagen will, "die Dogmen sagen positiv nichts aus" (76). Durch Zitate aus der theologischen Tradition sucht Le Roy die Position zu untermauern. Da es bei diesen aber nicht speziell um den definierten dogmatischen Satz, sondern um die Erkenntnis des Mysteriums allgemein geht, bleibt eine Zweideutigkeit der Argumentation. Der Negativität des "anathema" wird die Negativität als Qualität jeder theologischen Rede angesichts des Mysteriums unterschoben.

Ein zweites Problem, das Le Roy subsumiert, ist die Zustimmung der "rudes" zum reflektierten Glauben, die unmöglich wäre, wenn Glaubenszustimmung als intellektuelle Einsicht zu theologischen Spekulationen gefordert wäre. Das Dogma bietet hier nach Le Roy die nötigen Markierungen, die auch den Glauben der "rudes" präzisieren und ihm Richtung geben (77). Auch hier vermißt man aber ein Eingehen auf klassische Lösungen des Problems. Zudem stellt sich in Le Roys Position angesichts der historischen Form das gleiche Problem auch für den "dogmatischen Satz".

Eben dieser Problematik sucht er mit dem zweiten Teil der These, der praktischen Absicht des Dogmas, zu entgehen. In seinen Erläuterungen zum ersten Beispiel (wir übergehen hier die Zitatensammlung aus der Tradition zur Unbegreiflichkeit Gottes [78]) stellt Le Roy als Gefahr unreflektierter analoger Rede über die Eigenschaften Gottes fest, daß sie ein Gott-Idol konstruiere oder zu einer agnostischen Position führe; sie bietet für ihn nur einen Erkenntnisansatz, wenn sie im Subjekt, d.h. in der Praxis fundiert wird. Wir erkennen also nicht in einem statischen Intellektualismus ein Wesen mit bestimmten, wenn auch übersteigerten menschenähnlichen Eigenschaften (79), auch nicht eine Relation in Gott, die angesichts seiner Unbegreiflichkeit keine Erkenntnis bietet, auch wenn sie seine Singularität wahrt (80), sondern eine praktische Beziehung unserseits, durch die wir uns mit ihm vereinen (81). Die Ähnlichkeit liegt also dabei in unserem Tun, nicht in einem ontologisch identischen Substrat. Die Defizienz der Analogie läßt sich gleichfalls praktisch verifizieren, - nämlich durch die Anbetung, die Gottes Personsein vom zwischenmenschlichen - auch von unserer Haltung her - unterscheidet. Das Beispiel ist für Le Roys Konzeption glücklich, insofern aus der Phänomenologie des individuellen Glaubensvollzugs relativ einleuchtend zu dem gewünschten Ergebnis vor-

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gestoßen werden kann. Dies liegt aber (auch) daran, daß bei diesem Beispiel Religionsphänomenologie und -philosophie - ohne Rekurs auf die Offenbarung - ein Stück weit mitreden können. Bei seinen anderen Beispielen ist diese direkte Vermittlung nicht möglich. - Wir brechen hier ab und suchen zusammenzufassen:

1. Man wird Le Roy nur gerecht, wenn man seine Frontstellung gegen einen naiven Konzeptualismus nicht übersieht. Le Roy ist kein Agnostiker.

1. Der positive Ansatzs Le Roys sucht Elemente von Bergsons Philosophie wie eine konventionalistische Wissenschaftstheorie zusammenzufügen für eine bessere theoretische Fundierung religiöser Erkenntnis, als er sie in der Neuscholastik gegeben sieht: Das Vollzugsmoment der Theorie, die nie adäquat sein kann, auch nicht die - selbst wieder relative - Adäquatheit aufweist, die das praktische Handeln hat.

3. Das Dogma hat dabei eine eigentümliche Funktion: es leitet den praktischen Vollzug und wird umgekehrt aus diesem wieder erhellt. So kann es zwar wieder Vorgabe für die Theorie werden (auch für das philosophische Denken), bleibt aber selbst auf einer anderen Ebene als diese, insofern es - durch seine negative Form bedingt - nicht dem ständigen intellektuellen Wandel der Theorie ausgesetzt ist (82). Woher es dieses Recht nimmt, ist allerdings nicht ausgeführt und im Grunde der schwächste Punkt der Konzeption.

4. Schwierig ist es, den Le Royschen Beitrag in seinen letzten Intentionen exakt zu fassen: Die herausgehobene Funktion des Dogmas (als "fait"), die versuchte Wahrung seines normativen Elements, erlauben eigentlich keine Interpretation, wonach der Sinn des Dogmas aus der Erfahrung konstruiert wird. Das Dogma bleibt Vorgabe (83). Es ist aber auch wohl zu wenig, den Sinn des Versuchs nur in einer apologetischen Vermittlung des Dogmas über seinen praktischen Sinn zu sehen. Dafür ist die Reichweite der Theorie zu groß.

5. Der Vorwurf Eugène Portaliés, die Frage "Qu'est-ce qu'un dogme?" sei falsch gestellt, Le Roy hätte erst "Qu'est-ce que la foi? Qu'est-ce que la révélation?" fragen müssen, konnte dieser zwar mit 'jedem Tag seine Not' beantworten (84); das Problem ist aber, daß Le Roys Konzeption eine so weitgehende Anfrage und Umstrukturierung damaliger Theologie darstellte, daß es ohne Mißverständnisse nur in einem umfassenden Rahmen zu diskutieren gewesen wäre. - Der heutige Interpret steht im Grunde vor dem gleichen Problem: Der Überschritt von einer pragmatischen Dog-

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menhermeneutik, die Blondel in vorsichtiger und vorbereitender Weise aus einer bestimmten Perspektive anging, die - in anderer Art - bei Loisy durch sein evolutionistisches Geschichtsbild nicht unproblematisch war (was durch die 'Stimmigkeit' der Ergebnisse hier aber eher überdeckt war), zu einer theologischen Grundlagentheorie bei Le Roy, war zu aphoristisch durchgeführt, in keiner Weise dogmenhistorisch fundiert und infolgedessen in der Diskussion verständlicherweise auf Reizthemen oder auf angebliche oder wirkliche Implikate der Position reduziert.

5. Die Kritik Blondels und Laberthonnières an Le Roy

Die Thesen Le Roys hatten eine große Anzahl von Stellungnahmen zur Folge (85). Wir beschränken uns im folgenden auf zwei. - Maurice Blondels Kritik ist bereits von Otto König gründlich aufgearbeitet worden (86). Blondel kritisiert einerseits die dualistische Anlage der Dialektik von Denken/Tun (die Le Roy seiner Intention nach freilich gerade überwinden will!) und kommt von hier aus zu einer anderen Verhältnisbestimmung von Dogma und Praxis: "Die Zweiheit von Dogma und Gebot... ist nur abgeleitet und sekundär. An der Quelle ist das Leben, sind die Beispiele, die Taten, die Gesten Christi. Und es gibt dort eine circumincessio der gelebten Wirklichkeit und des Dogmas (donnée dogmatique)" (87). Das Dogma vermittelt also auch "intellektuell" praktische und "praktisch" intellektuelle Wahrheit. Darüber hinaus vermag Le Roys Konzeption nicht der historischen Dimension des Christentums ("Krippe und Kalvaria") gerecht zu werden, "ohne die die Offenbarung von innen (du dedans) amorph, anonym oder pseudonym bleibt" (88). Die grundlegende Differenz sieht Blondel in der Konzeption des Übernatürlichen, die bei Le Roy nur eine Vollendung der harmonisch sich entwickelnden menschlichen Autonomie ist; nach Blondel jedoch ist die "Heteronomie der Liebe" (89) letzter Sinn der Offenbarung wie letzte Erfüllung des menschlichen Strebens. - Blondel entschränkt also die Fragestellung Le Roys. Er sieht die Verkürzungen des Artikels grundgelegt in einer philosophisch-theologischen Konzeption, die ihm inkompatibel mit seinen eigenen Vorstellungen erscheint und interpretiert Le Roy "immanentistisch", was allerdings wiederum eher der Zweideutigkeit der Konzeption als den Intentionen des Autors entspricht.

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Laberthonnières umfangreiche Stellungnahme (90) ist zwar von einem prinzipiellen Wohlwollen gegenüber dem befreundeten Autor getragen, dabei aber sachlich von keiner geringeren Schärfe. Wir überspringen hier die Detaildiskussion. Das Ziel der Artikelfolge richtet sich auf die Erarbeitung einer angemesseneren Konzeption von Offenbarung, als sie nach Laberthonnière bei Le Roy - aber auch bei dessen neuscholastischen Gegnern! - gegeben ist. Laberthonnière setzt sich daher gleichzeitig mit dem Gegenartikel von Jules Lebreton auseinander.

Der kritische Punkt ist das Verhältnis von Dogma und Denken oder das Problem der "inconnaissabilité" des Dogmas bei Le Roy. Diese ist für Le Roy wegen der Übernatürlichkeit des Dogmas einerseits und wegen der zu wahrenden Autonomie des erkennenden Subjekts anderseits (91) gegeben. Folge davon ist, daß das Dogma reine Vorschrift wird. Die Konzeption von Offenbarung ist letztlich doch wieder extrinsezistisch und autoritär. In Lebretons Gegenkonzeption ist das Dogma reiner Begriff, ebenso extrinsezistisch und autoritär dem menschlichen Geist vorgegeben wie das Dogma-Gebot bei Le Roy dem Willen und durch seine Fremdbestimmung ebensowenig "erkennbar". Beide Konzeptionen sind für Laberthonnière letztlich "agnostisch", der Pragmatismus des einen ein zugestandener, der Intellektualismus des anderen ein nicht eingestandener Agnostizismus (92). Le Roys Grundfehler liegt darin, daß er zwar die Sprache einer Philosophie des Tuns okkupiert, in Wirklichkeit aber nur eine "philosophie du concept de l'action" (93) zugrunde legt: Im Gegensatz zu Blondel verschiebt Le Roy nur die Ebene einer intellektualistischen Betrachtung auf den Handlungsvollzug, der dadurch "blind" bleibt, statt Denken und Tun als Momente der Dialektik des Lebensvollzugs aufzuweisen.

Auch diese Kritik wird sicher wieder den Intentionen Le Roys nicht gerecht, zeigt aber deutlich die Verkürzung, in der er seine Konzeption vorgelegt hat und deren Hauptmangel darin besteht, das Dogma als autoritär vorgelegtes Gebot, als "fait" zur Grundlage seiner Argumentation gemacht zu haben, ohne die Frage zu stellen, welchen Rechts eine solche Vorlage angesichts der Autonomieforderung neuzeitlichen Geistes sein kann. Eine theologische Lösung der wechselseitigen Aporien der behandelten Konzeptionen kann für Laberthonnière nur in einer vertieften Konzeption von Offenbarung liegen. Gegenüber einer autoritären Konzeption, nach der Gott seine Heilsveranstaltung durch eine Proklamation durchführt, die auf seine Autorität hin anzunehmen ist, ist Offenbarung tiefer zu bedenken als Manifestation seiner Güte, Ausgießung

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seiner Gnade, durch die er sich selbst dem Menschen mitteilt, um ihn an seinem Leben teilnehmen zu lassen (94). Theologie in der ersten Konzeption kann nur ein "mimétisme de science" (95) sein, äußerliche Harmonisierung völlig unbezüglicher Ebenen (96). Die positive Lösung benennt Laberthonnière in seiner unvermittelt abbrechenden Aufsatzfolge nur noch: Sie heißt Augustinismus (97). Man geht nicht fehl, wenn man sie näher ausführt mit den Denkmitteln der sehr mißverständlich so genannten "Immanenzapologetik" Blondels bzw. des "dogmatisme moral" in Laberthonnières früheren Schriften. Die Schultheologie hat sie über die Anstöße Blondels, die Vermittlung der nouvelle théologie usw.. in der neueren Theologie der Gnade und in der Entwicklung einer personal-dialogischen Konzeption von Offenbarung in breiter Weise rezipiert und verwandelt. Doch das ist ein weiteres Thema.

6. Eine uneingelöste Problemstellung

Die ausschnitthafte Übersicht über die Diskussion des Dogmas im französischen Modernismus macht deutlich, daß die Positionen so verschieden sind, daß eine einheitliche Systematisierung, wie die römischen Dekrete sie vornehmen, nicht möglich ist. Deren Sinn kann wirklich nur - um die Theorie Le Roys wenigstens hier zu übernehmen - in ihrem negativen, abgrenzenden Aussageziel liegen, wobei auch dieses manchmal höchst problematisch ist (98). Anderseits war der Perspektivenwechsel in der Theologie, den die modernistische Diskussion inaugurieren wollte, so grundlegende, daß die römischen Antithesen verständlich sind, wenngleich sie nicht die Fragen beseitigen konnten, die sich der Theologie stellten und die von den Modernisten nicht erfunden warne. Rahner schrieb zu Recht zur Verurteilung des Modernismus, man dürfe nicht meinen, "eine kirchliche Verurteilung treffe immer nur Meinungen und Tendenzen, die nichts in sich bergen als das leere und tote zu einer Wahrheit, die von der Kirche schon längst klar erfaßt und deutlich verkündet wird" (99). Daher ist die systematische Beschäftigung mit dem Modernismus aufgrund der inzwischen zur Verfügung stehenden Quellen und Interpretationen durchaus auch von theologischem Interesse.

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Die Übersicht über einen ausgewählten Problemkreis der damaligen Diskussion sollte zeigen, daß trotz aller Verschiedenheit der Positionen doch historisch-sachliche Zusammenhänge bestehen. Die Betrachtung des Dogmas "iuxta sensum practicum" (DS 3426) ergibt einen solchen Leitfaden: Die Fragestellung Blondels in der Action führt zu einer philosophischen Rechtfertigung einer dogmatischen Mitteilungsform der übernatürlichen Heilsgabe. Diese vermag in Blondels Konzeption allein die Autonomie des Existenzvollzugs und seiner Forderungen mit dem notwendig Heteronomen des Übernatürlichen zu vermitteln, ohne dieses zu depotenzieren, und dies wird gerade durch die Handlungsbezogenheit der "dogmes et préceptes révélés" bzw. die Vermittlungsmöglichkeit, die im Tun liegt, gerechtfertigt.

Die Blondelsche Position war zunächst durchaus mit einer traditionellen Theologie vereinbar; die Fragestellung verschärfte sich aber durch die historische Relativierung des Dogmas: Die Theorie Loisys verstärkte dabei eine Betrachtung des Dogmas als Ausdruck des Lebensvollzugs (nämlich der Kirche); die konkrete historische Funktionalisierung des Dogmas barg aber die Gefahr einer Naturalisierung in sich, die Blondel in der Diskussion methodisch durch eine umfassende Theorie der Erkenntnis religiöser Wahrheit - auch im historischen Kontext -, durchgeführt mit seiner Theorie der Tradition, sachlich-inhaltlich durch eine Rückbindung der dogmatischen Entwicklung an das Selbstbewußtsein Christi sichern wollte.

Le Roys schwer zu fixierende Position fällt z.T. hinter diesen Fragestand zurück, z.B. indem sie die historische Dimension ausblendet und die von Blondel von Anfang an sehr differenziert durchgeführte Problematik von Autonomie des Subjekts und Heteronomie des Anspruchs der Offenbarung höchst unbekümmert auf Denken und Tun verteilt. In einem anderen Umfeld hätte der Ansatz trotzdem stimulierend auf die Diskussion wirken können. Laberthonnières Weiterfragen nach einer angemesseneren Theorie der Offenbarung ist ein Beleg dafür (100). Die in Le Roys eigener Theorie angelegten Perspektiven - von seiner Bergsonistischen Erkenntnistheorie und seinem wissenschaftstheoretischen Konventionalismus aus - sind in der Diskussion im Grunde völlig untergegangen (101).

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Die katholische Theologie nach der Modernismuskrise hat die Fragestellung nach dem praktischen Sinn des Dogmas wesentlich vorsichtiger, harmonisierend behandelt. Dogma und Lebenswerte mag als Titel dafür stehen.

In der gegenwärtigen Situation ist der praktische Sinn des Dogmas von verschiedenen Seiten her ein aktuelles Problem: von seiten der Theologen, die die politisch-praktische Dimension als den Horizont ansehen, in dem Theologie heute zu treiben ist; von seiten derer, die auf eine neue Kirchen- (bzw. Gemeinde-)Erfahrung rekurrieren; von seiten derer, die die charismatische Erfahrung in ihrer Bedeutung für die Theologie neu reflektieren... Die Streitigkeiten des Modernismus sind in diesen Diskussionen nicht aktuell. Die Inhalte, die wir vorstellten, machen dies deutlich. Dennoch wurden damals Fragen nach dem Verhältnis von Offenbarung und Geschichte/Welt gestellt, die auch den heutigen Diskussionen zugrundeliegen. So kann man fragen, ob der Rückgriff etwa auf die hinter einem Strang der modernistischen diskussion stehende Philosophie Blondels, wenn man ihren Bezug zu bestimmten konventionellen Formen christlichen Praktizierens kritisch im Blick behält und ihre transzendentale Phänomenologie des Lebensvollzugs durch ein Denken, das der geschichtlich-hermeneutischen Dimension besser gerecht wird, fortführt, nicht einen umfassenderen Rahmen für gegenwärtige Diskussionen bieten könnte, als andere "Leitphilosophien" säkularer Provenienz. Die Diskussion kann dann allerdings nicht von isolierten Fragen ausgehen ("Was ist ein Dogma?"). Eine Integration aller Ebenen der christlichen Praxis in eine umfassende, wenn auch nie endgültig fixierbare christliche Anthropologie, wie sie als Ziel hinter dem frühen Blondelschen Entwurf steht (102), ist jedenfalls noch ein uneingelöstes Versprechen.


Anmerkungen

1 Vgl. zum Titel F. Mallet (= M. Blondel): La philosophie de l'action. In: Revue philosophique 9 (1906), S. 220-252, hier 246.

2 LThK, 2. Aufl., III (1959), Sp. 443.

3 1907. Vgl. DS 3401-3466; dt./lat.: Erlaß Lamentabili und Motu proprio samt anderen Dokumenten gegen den Modernismus / Antonius Michelitsch (Hrsg.). Graz ; Wien : Styria, 1908.

4 1907. Vgl. DS 3475-3500; dt./lat.: Pius' X.: Rundschreiben über die Lehren der Modernisten / A. Michelitsch (Hrsg.). Graz ; Wien : Styria, 2. Aufl. 1908.

5 "Compendium et venenum est omnium haeresum", so Pius X. im öffentlichen Konsistorium vom 17. 4. 1907, in: Erlaß Lamentabili..., S. 6; "omnium haereseon collectum", im Motu proprio vom 18. 11. 1907, in Pius X. : Rundschreiben..., S. 134. Vgl. aber auch É. Le Roy: Dogme et critique. Paris, 1907, S. 5: "Nous ne sommes plus au temps des hérésies partielles".

6 An vielen Punkten zeigt das A. Loisy: Simples réflexions sur le décret du Saint-Office Lamentabili... Ceffonds, 2. Aufl. 1908, in durchaus plausibler Weise.

7 Schönmetzer nennt Loisy, Tyrrell, Le Roy, Dimnet, Houtin, vgl. DS, S. 669 zu Nr. 3401ff.

8 Zum deutschen Modernismus vgl. N. Trippen: Theologie und Lehramt im Konflikt. Freiburg, 1977; zum Quellenbestand auch Th. M. Loome: Liberal Catholicism, Reform Catholicism, Modernism. Mainz : Grünewald, 1979 (TTS 14).

9 In unserem Zusammenhang hätte insbesondere G. Tyrrell einbezogen werden können. - Übergangen haben wir auch die Arbeiten des Dogmenhistorikers Joseph Turmel, dessen destruktive Intention ihn aus unserem Rahmen herausfallen läßt. Vgl. zu Turmel jetzt K.-P. Gertz: Joseph Turmel (1859-1943). Frankfurt : Lang, 1975 (Disputationes theologicae 2).

10 Inwieweit er von der Enzyklika Pascendi "ermahnt" wird, erläutert R. Virgoulay: Blondel et le modernisme. Paris : Cerf, 1980, S. 231-238. Daß man Blondels Philosophie "als einen bedeutenden Faktor der modernistischen Krise nehmen muß", schreibt auch Otto König: Dogma als Praxis und Theorie. Graz, 1983 (Grazer theologische Studien 9), S. 103.

11 Paris : Alcan, 1893; dt.: Die Aktion. Freiburg ; München : Albert, 1965.

12 L'Action, S. 388 /Die Aktion, S. 412.

13 Vgl. zur Interpretation besonders A. van Hooff: Die Vollendung des Menschen. Freiburg : Herder, 1983 (FThSt 124), S. 360ff. und A. Raffelt: Spiritualität und Philosophie. Freiburg : Herder, 1978 (FThSt 110), S. 183ff.

14 L'Action, S. 389/415.

15 L'Action, S. 392/417.

16 L'Action, S. 391/417; vgl. S. 40/426, 403/429, 405/431, 418/444.

17 L'Action, S. 394/420.

18 Die in Anmerkung 10 genannte Studie von Otto König stellt den gesamten Komplex in der Action mit allen Vorstufen ausgezeichnet dar (S. 125ff.).

19 L'Action, S. 397/422.

20 Inwieweit sie formulierbare Wahrheit über Gottes Pläne mit den Menschen mitteilt, zeigt Blondels "Kurzformel" des christlichen Glaubens, L'Action, S. 407 Anm./432f. Doch handelt die Philosophie nicht von diesem "Wesen" des Übernatürlichen, sondern nur von seinem "Begriff": der Unterschied ist für die Diskussion mit Le Roy zu beachten.

21 L'Action, S. 297/423.

22 Dies ist sorgfältig zu trennen von der "initiative interne", der potentia oboedientialis, um den Sachverhalt scholastisch und damit etwas vorsichtiger als Blondel zu formulieren.

23 L'Action, S. 298f./424f. A. van Hooff, a.a.O., S. 377, kommentiert sehr zurückhaltend: "Wichtig ist nicht so sehr diese Begrifflichkeit, sondern das, was sie vom Menschen sehen läßt." Dem kann man zustimmen, wenn man nicht vergißt, daß es eben doch um spezifische Inhalte geht, die 'sehen lassen'.

24 L'Action, S. 399/425.

25 L'Action, S. 399/425.

26 "Ce qu'on ne peut voir clairement, on peut le faire pleinement", ebd., S. 411/437.

27 L'Action, S. 413/439.

28 Vgl. dazu besonders M. Jouhaud: Le probléme de l'être et l'expérience morale chez Maurice Blondel. Paris : Louvain : Nauwelaerts, 1970, S. 382ff. Zum Verhältnis Blondel/Pascal vgl. auch meine in Anmerkung 13 genannte Untersuchung.

29 L'Action, S.416f./442.

30 L'Action, S. 419/455.

31 Vgl. G. Séailles, in: J. Wehrlé: Une soutenance de thése. In: Études blondéliennes. Bd. 1. Paris : P.U.F., 1951, S. 79-98, hier 98.

32 Hier dürfte auch die Wirkung Blondels in der Theologie - über die nouvelle théologie bis zu Karl Rahner - am nachhaltigsten gewesen sein.

33 L'Action, S. 403/429.

34 Paris 1902, hier nach der 5. Auflage 1930; dt.: Evangelium und Kirche. München 1904.

35 Leipzig 1900, hier nach: München ; Hamburg : Siebenstern, 1964 (Siebenstern-Taschenbuch 27).

36 Das Wesen des Christentums, S. 45.

37 Zum forschungsgeschichtlichen Zusammenhang der Hellenisierungsproblematik vgl. A. Grillmeier: Mit ihm und in ihm. Freiburg : Herder, 1975, S. 423ff.

38 Vgl. dazu J. Hulshof: Wahrheit und Geschichte. Essen, 1973 (BNGKT 16), S. 19ff.

39 L'Évangile et l'Église, S. 108/dt.84f.

40 L'Évangile et l'Église, S. 179/128.

41 Vgl. A. Raffelt: Das "Wesen des Christentums" nach Alfred Loisy. In: Wissenschaft und Weisheit 25 (1972), S. 165-199, bes. 180.

2 Vgl. Das "Wesen des Christentums" nach Alfred Loisy, S. 186f.

43 Vgl. Dietmar Bader: Der Weg Loisys zur Erforschung der christlichen Wahrheit. Freiburg : Herder, 1974 (FThSt 96); J. Hulshof (s. Anm. 38), S. 108ff.; besonders scharf R. Schaeffler: Modernismus. In: HWP VI (1984), Sp. 62-66 ("sozialdarwinistisch": S. 64).

44 M. Blondel: Histoire et dogme, jetzt in: Les premiers écrits de Maurice Blondel. Paris : P.U.F., 1956, S. 149-228; dt.: Blondel: Geschichte und Dogma. Mainz : Grünewald, 1963. Vgl. zum folgenden besonders Gerhard Larcher: Modernismus als theologischer Historismus. Frankfurt : Bern : Lang, 1985 (Europäische Hochschulschriften, Theologie 231), bes. S. 106ff.

45 Histoire et dogme, S. 152/5.

46 Histoire et dogme, S. 163/9.

47 Histoire et dogme, S. 171/28.

Histoire et dogme, S. 177/37.48

49 Histoire et dogme, S. 177/36.

50 Virgoulay: Blondel et le modernisme (s. Anm. 10), S. 389, spricht von einer "différence de préoccupations, de tâches et de points de vue plutôt que de divergence fondamentale".

51 L'Évangile et l'Église, S. 153/112f.; vgl. Histoire et dogme, S. 182f./42f.

52 Histoire et dogme, S. 183/42.

53 Vgl. Histoire et dogme., S. 204/69.

54 Vgl. Histoire et dogme., S. 213/80.

55 Histoire et dogme., S. 211/79, vgl. oben Anm. 26.

56 In: Les premiers écrits..., S. 229-245.

57 De la valeur historique du dogme, S. 232.

58 De la valeur historique du dogme, S. 239.

59 De la valeur historique du dogme, S. 239f.

60 Vgl. R. Virgoulay: Blondel et le modernisme (s. Anm. 10), S. 388.

61 Vgl. Friedrich von Hügel: Du Christ éternel et de nos christologies successives. In: La Quinzaine 58 (1904), S. 285-312.

62 In: La Quinzaine 63 (1905), S. 495-526, hier nach É. Le Roy: Dogme et critique. Paris, 1907, S. 1-43.

63 Vgl. zu den Differenzen zwischen beiden die Arbeiten von Otto König: Was ist ein Dogma? Zur Diskussion zwischen Édouard Le Roy und Maurice Blondel um eine "pragmatische" Interpretation des kirchlichen Dogmas. In: Theologie und Philosophie 52 (1977), S. 498-525; Ders.: Dogma als Praxis und Theorie : Studien zum Begriff des Dogmas in der Religionsphilosophie Maurice Blondels vor und während der modernistischen Krise (1888-1908). Graz, 1983 (Grazer theologische Studien 9).

64 Dogme et critique, S. 24.

65 Das Beispiel zeigt, daß es Le Roy nicht exakt um definierte dogmatische Sätze geht, wie Dogme et critique, S. 3 ("...que par 'dogme' j'entends surtout la 'proposition dogmatique', la 'formule dogmatique', non point la réalité sous-jacente") nahelegen könnte.

66 "Au point de vue strictement intellectuel, les dogmes n'ont, me semble-t-il, que le sens négatif et prohibitif dont je viens de parler", Dogme et critique, S. 23.

67 Dogme et critique, S. 3, Anm. 1.

68 R. Haight: Edouard Le Roy's theory of the nature and meaning of dogmatic propositions. In: Science et esprit 35 (1983), S. 171-190, hier 172.

69 Vgl. Henri Bergson: Introduction à la métaphysique (1903). In: Ders.: Oeuvres. Paris : P.U.F., 1963, S. 1392-1432; dt.: Einführung in die Metaphysik. In: H. Bergson: Materie und Gedächtnis und andere Schriften. Frankfurt : S. Fischer, 1964, S. 5-42, sowie Blondels anders gelagerte Position, grundgelegt im Wissenschaftskapitel von L'Action, S. 51-86/76-112. Im Verhältnis zu Bergson hat Blondel seine Position reflektiert in: Le point de départ de la recherche philosophique. In: Annales de philosophie chrétienne 151 (1906), S. 337-360 und 152 (1906), S. 225-249. Sein Verhältnis zum "pragmatischen" Trend der Philosophie hat Blondel in dieser Zeit generell wohl positiv gesehen, vgl. bes. Bernard de Sailly (=M. Blondel): Les "ingrédients" de la philosophie de l'Action. In: Annales de philosophie chrétienne Bd. 151 (1905), S. 180-195.

70 Haight, a.a.O., S. 177.

71 Dogme et critique, S. 31.

72 Dogme et critique, S. 31.

73 Lucien Laberthonnière: Dogme et théologie. Paris ; Gembloux, 1977, S. 130.

74 Wie sie auch in La Quinzaine durchgeführt wurde, vgl. insbes. 64 (1905), S. 412ff., 546ff.

75 Dogme et critique, S. 19.

76 Dogme et critique, S. 311.

77 Vgl. z.B. Dogme et critique, S. 290f.

78 Vgl. Dogme et critique, S. 136ff.

79 Vgl. Dogme et critique, S. 143f.

80 Dogme et critique, S. 145f. - "Dieu est à Dieu ce que la personnalité est à l'homme", S. 146.

81 Dogme et critique, S. 147: "il y a en Dieu de quoi fonder, en ce qui nous concerne, le même groupe d'attitudes et de démarches qui, dans nos rapports avec un homme, se traduit par le concept de personnalité".

82 Dogme et critique, S. 23.

83 Die etwa gegen Blondels Interpretation, vgl. O. König: Was ist ein Dogma? In: Theologie und Philosophie 52 (1977), S. 498-524, hier 522.

84 Vgl. Dogme et critique, S. 292.

85 Vgl. die Bibliographie der Kontroverse ebd., S. 359ff.

86 Vgl. die in Anmerkung 10 und 83 genannten Studien.

87 M. Blondel: Lettres philosophiques. Paris : Aubier, 1961, S. 256.

88 Lettres philosophiques, S. 257.

89 Lettres philosophiques, S. 262.

90 Lucien Laberthonnière: Dogme et théologie. Jetzt: Paris ; Gembloux, 1977.

91 Vgl. Dogme et théologie, S. 131.

92 Vgl. Dogme et théologie, S. 130.

93 Dogme et théologie, S. 133.

94 Dogme et théologie, S. 191.

95 Dogme et théologie, S. 195.

96 Laberthonnnière setzt sich hier auch mit Pierre Rousselot auseinander. Dazu den Hinweis bei E. Kunz: Glaube - Gnade - Geschichte. Frankfurt : Knecht, 1969 (FTS 1), S. 259f.

97 Dogme et théologie, S. 202.

98 So konnte Loisy z.B. zu leicht aus dem Error 22 von Lamentabili die "vérité officielle" ziehen: "Les dogmes que l'Église présente comme révelés sonst des vérités tombées du ciel". In: Simples réflexions... Ceffonds, 1908, S. 134.

99 Bemerkungen zum Begriff der Offenbarung. In: Karl Rahner ; Joseph Ratzinger: Offenbarung und Überlieferung. Freiburg : Herder, 1965 (QD 21), S. 11.

100 Eine Diskussion der Problematik des Offenbarungsbegriffs mit explizitem Bezug auf die Modernismus-Problematik bietet Karl Rahners genannter Aufsatz, der den einen Strang der Diskussion weiterverfolgt, den "innere(n) Zusammenhang zwischen Glaubensgnade und geschichtlicher Offenbarung" (S. 12).

101 Neben dem Anmerkung 68 genannten Aufsatz von Haight und dessen weiteren Arbeiten wären hier vor allem die Untersuchungen von M. Foket zu nennen, z.B.: L'article "Qu'est-ce qu'une dogme" d'É. le Roy : La réplique de J. Wehrlé et le rôle de M. Blondel. In: Ephemerides theologicae Lovanienses 60 (1984), S. 60-97.

102 Vgl. zur systematischen Interpretation besonders die Arbeiten von Marcel Jouhaud: Le probléme de l'être et l'expérience morale chez Maurice Blondel. Paris ; Louvain, 1970, und A. van Hooff (s. Anm. 13).

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