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Die Mühle - eine geniale Erfindung

Kurzer Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Mühlen

Bevor man die Wind- und Wasserkraft zu nutzen verstand, war die Muskelkraft von Mensch und Tier die einzige Energiequelle.

In prähistorischer Zeit wurden Reibplatten und Reibpfannen aus Stein zum Zerkleinern der Getreidekörner benutzt. In mühsamer Handarbeit wurde, auf dem Boden kniend oder hockend, mit einem steinernen Fäustling grobes Mehl hergestellt. Auch in Mörsern aus Holz und Stein wurde das Getreide mit einem Stößel zerstampft. Aus den Mörsern entwickelten sich später die Stampfen, die in vielen Wassermühlen als zusätzliche Einrichtung zum Zerkleinern von Gerste oder Knochen zu finden waren.

Ein Fortschritt war die leichter zu bedienende Handdrehmühle mit Kurbelantrieb, die vom Menschen mit Muskelkraft betrieben wurde. Hier findet das Prinzip vom ruhenden Bodenstein und dem sich drehenden Läuferstein Anwendung.

Die Römer entwickelten die Handdrehmühle weiter zur ca. zwei Meter hohen Tierdrehmühle, die von Rössern angetrieben wurden. Der feststehende Bodenstein hatte die Form eines Kegels. Über ihn war der drehbare Läufer gestülpt, der das Aussehen einer Eieruhr hatte.

Tretmühle (aus: G. Agricola: Bergwerck Buch)

Tretmühlen mit Menschen in einem Tretrad wurden zum Heben von schweren Lasten, z.B. beim Bau großer Kirchen, verwendet oder beim mittelalterlichen Bergbau.

Im Freiburger Münster ist heute noch im Dachstuhl ein hölzernes Tretrad zu sehen, womit während des Baus der Kirche schwere Lasten hochgezogen wurden.

Ein großer Fortschritt war die Ausnutzung der Wasserkraft als Antriebsenergie. Die Wassermühlen entstanden vor Christ Geburt im vorderasiatischen Mesopotamien als erste Maschine der Menschheit. Die Römer brachten sie über die Alpen nach Mitteleuropa.

Die erste bekannte technische Beschreibung einer Wassermühle mit unterschlächtigem Wasserrad findet sich bei Vitruvius Pollio, einem römischen Architekten und Ingenieur, der zur Zeit des Kaisers Augustus sein architekturtheoretisches Handbuch "De architectura" verfasste.

Die vermutlich älteste technische Darstellung einer mittelalterlichen Mühle mit unterschlächtigem Wasserrad findet sich in der Bilderhandschrift "Hortus deliciarum = Wonnegarten" der Äbtissin Herrad von Landsberg, um 1160/70 im Kloster St. Odilien in Hohenburg im Elsass entstanden (wird aus Platzgründen nicht in der Vitrine ausgestellt; ist als Faksimile in der UB Freiburg vorhanden). Der Aufbau gleicht weitgehend dem der von Vitruv beschriebenen Wassermühle. Ein Beutelwerk zur mechanischen Sichtung von Mehl und Kleie ist, wie auch bei Vitruvs’ Darstellung, noch nicht vorhanden. Das Mahlgut musste damals noch mühsam mit Handsieben getrennt werden. Erst später kam die arbeitserleichternde Sichtung mit Hilfe eines mechanischen Sichtwerks auf (zuerst der Beutelsack, der vom leistungsfähigeren Zylindersichter abgelöst wurde).

Je nachdem, an welchem Punkt das Wasser auf die Schaufeln des Wasserrades auftrifft, unterscheidet man ober-, mittel- und unterschlächtig angetriebene Mühlen. Eine Sonderform der unterschlächtigen Mühle sind die Schiffmühlen an großen Flüssen.

Windmühlen sind um einiges jünger als Wassermühlen und verbreiteten sich ab dem 11. Jahrhundert von Nordfrankreich her über Mitteleuropa aus. Es entwickelten sich verschiedene Typen wie die mediterrane Turmwindmühle, die Bockwindmühle (deren Korpus komplett gedreht wird, um die Windmühlenflügel in den Wind zu stellen) oder die Holländermühle mit drehbarer Kappe.

Die Mühle (wobei "Mühle" als Sammelbegriff für alles steht, was sich in irgendeiner Form dreht oder bewegt) war eine nahezu universell einsetzbare Maschine. Seit Beginn der Mühlengeschichte lassen sich zahllose Anwendungsarten nachweisen. Nur einige wenige sollen hier aufgezählt werden: Es gab neben den Getreidemühlen auch die Öl-, Senf- und Sägemühlen, die Hanf-, Loh-, und Flachsmühlen, Gipsmühlen, Hammermühlen, Papiermühlen usw. Beinahe alle Manufakturen und Industriezweige gehen auf diese alte Mühlentechnik zurück und noch vor 100 Jahren gehörten Mühlen und ihre unterschiedlichen Anwendungsbereiche zum Alltagsleben der Menschen.

(Ulrike Nerlinger)

Weiterführende Literatur zum Thema "Mühlen" in Auswahl

 

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Letzte Änderung: 04.10.2001