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Dichter und Denker in Freiburg

Universitätshumanismus

Am 21. September 1457 wurde der Stiftungsbrief der Universität zu Freiburg von Albrecht VI. von Österreich ausgefertigt. Voraus gingen zweijährige Verhandlungen mit Papst und Kaiser sowie mit dem Bischof von Konstanz. Freiburg war damit nach Universitätsgründungen wie Prag, Heidelberg und Wien im 14. Jahrhundert die vierte deutsche Universität des 15. Jahrhunderts. Das ›Geburtsjahr‹ der Universität ist auch Geburtsjahr von Sebastian Brant, der als einer der führenden Figuren des oberrheinischen Humanismus und Virtuose des neuen Mediums ›Buchdruck‹ gelten darf. Diese Koinzidenz macht deutlich, daß der Humanismus als intellektuelle Bewegung nicht den Anstoß zur Gründung der Universität gab, sondern erst in der jungen, gerade konsolidierten Universität eine Heimstatt fand. Eigentlicher Grund für die Gründung seitens des Landesherren war die Ausbildung einer intellektuellen Elite im eigenen Herrschaftsbereich und damit die Sicherstellung der Ressourcen für eine effiziente Herrschaft. Der erste Rektor, Matthäus Hummel, und die erste Gelehrtengeneration gehörten auch nicht der humanistischen Bewegung an.

Steuerprivilegien und eine eigene Gerichtsbarkeit machten die neugegründete Universität für die europäische Bildungselite attraktiv. Eigene Gebäude erhielt die Universität allerdings erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts im Haus ›Zum Phönix‹ und im Haus ›Zum Rechen‹. In den ersten hundert Jahren fand der akademische Unterrichtortsverteilt statt, u.a. auch in den Klöstern der Stadt.

Erker am Haus zum WalfischZu den ersten, später berühmten Studenten Freiburgs zählte Jakob Wimpfeling (1450–1528). In seiner zweijährigen Freiburger Zeit (1463–65) lernte er den Juristen Konrad Stürzel (ca. 1435–1509) kennen, den späteren Kanzler Kaiser Maximilians I., sowie den Theologen Johann Geiler von Kaysersberg, der in Basel promoviert wurde und als Straßburger Münsterprediger mehr als 30 Jahre höchst einflußreich wirkte. Schon in dieser frühen Zeit zeigt sich die Bedeutung des Studiums für die Entwicklung eines intellektuellen Freundeskreises und Beziehungssystems. Es gab aber nicht nur Freundschaft, sondern auch Streit, denn 1505 führte Wimpfeling in Freiburg Grundsatzdebatten über das Verhältnis von Theologie und Dichtung mit dem eine Generation jüngeren Jacobus Locher Philosomus, der 1497 mit 25 Jahren von Maximilian I. in Freiburg zum ›poeta laureatus‹ gekrönt worden war und 1503 Ulrich Zasius als ›Lector in poesi‹ folgte. Auch Johannes Reuchlin (1455–1522) schrieb sich am 19. Mai 1470 in Freiburg ein, um an der Artistenfakultät zu studieren und so die Voraussetzungen für das Studium eines der drei oberen Fächer (Theologie, Rechtswissenschaft, Medizin) zu erwerben. 1474 wechselte er nach Basel.

Die Basler Alma Mater war neben Heidelberg eine bedeutende Konkurrenz für Freiburg. Aus Basel kam auch Erasmus von Rotterdam 1529 nach Freiburg. Die Wirren der Reformationszeit wurden nun immer häufiger zur Ursache akademischer Wanderbewegungen, so daß Erasmus nicht als akademischer Lehrer an die Freiburger Theologische Fakultät kam, sondern als willkommenes Aushängeschild. Er lehrte niemals in Freiburg und war die meiste Zeit höchst unzufrieden mit seinen Lebensumständen. Die humanistische Elite nördlich der Alpen kam aus den unterschiedlichsten Beweggründen nach Freiburg und machte die Universität zu einem der humanistischen Zentren ihrer Zeit.

 

Eröffnungsvortrag im Rahmen der Ringvorlesung "Dichter und Denker in Freiburg"
26.10.06 Prof. Dr. Dieter Mertens: Dichter als Universitätslehrer - "Poetae laureati" an der Universität Freiburg
Ton- und Videomitschnitt

 

 


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Letzte Änderung: 19.12.2006