|
NebelbilderEine kleine Geschichte der Laterna magica
Den ersten öffentlichen Filmvorführungen im Jahr 1895 ging ein
längerer Entwicklungsprozess voraus, in dem die Laterna magica eine
wesentliche Rolle spielte. In technischer, sozialer und ästhetischer
Hinsicht greift sie den frühen kinematographischen Darbietungen auf
Jahrmärkten und in Varietés voraus. Von ihr hat der Filmprojektor
die Ausnutzung einer zentralen Lichtquelle und die Bündelung des
Strahlengangs durch Objektive übernommen. Aber auch die Projektion
auf eine Leinwand in einem verdunkelten Raum, der untermalende Einsatz
von Musik und Geräuschen, der erläuternde Vortrag einer Geschichte
durch einen Erzähler war - wie dann auch in den Anfangsjahren des
Films - längst Standard im Repertoire öffentlicher Darbietungen
mit einer Laterna magica. Erfunden wurde die Laterna magica Mitte des 17. Jahrhunderts - wahrscheinlich von dem niederländischen Naturwissenschaftler Christiaan Huygens (1629-1695) - und verbreitete sich rasch über ganz Europa. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich eine der ersten Darstellungen einer Laterna magica in der zweiten Auflage von Athanasius Kirchers Werk Ars magna lucis et umbrae aus dem Jahre 1671, das sich im Besitz der UB Freiburg befindet und hier ausgestellt ist.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war die Laterna magica das wichtigste
Instrument zur Projektion von Illusionsbildern. Dabei dienten bis zum
19. Jahrhundert Glasstreifen, die von Hand bemalt wurden, als Bildträger.
Später wurden Bildumrisse in einem speziellen technischen Verfahren
kupferstichartig auf Glas gedruckt und manuell koloriert oder schließlich
als fotografische Glasdiapositive verbreitet. Wer glaubt, dass gerade die Erzeugung von Bewegungsillusionen ein Spezifikum des Films war, wird durch die Geschichte der Zauberlaterne eines besseren belehrt. Kurz nach ihrer Erfindung versuchte man schon, auf den handbemalten Glasplatten durch aufeinanderfolgende, sich nur in Details unterscheidenden Abbildungen oder durch Projektionsbilder mit beweglichen und drehbaren Teilen den Eindruck von Bewegungen zu erzeugen. Mit der Laterna magica erzählte man den Kindern Märchen; bei Erwachsenen rief man mit unheimlichen Geschichten wohligen Schauer hervor oder unternahm eine Reise zu "Stätten kulturellen Fernwehs: Venedig, Rom, Neapel, Athen, der vordere Orient, das hintere Indien". Ihre Projektionen hinterließen auch literarische Spuren, so etwa
bei E.T.A. Hoffmann, Hans Christian Andersen, August Strindberg und Marcel
Proust.
|
|||||||||
© Universitätsbibliothek Freiburg i. Br. Letzte Änderung: 20.12.2002 |