Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau

Ausstellung

100 Jahre deutscher Rassismus


25. Februar - 14. März 1997

Universitätsbibliothek, Werthmannplatz 2

Veranstalter:
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Freiburg

Öffnungszeiten:
Mo.-Fr.: 10-13 h, 15-19 h
Sa.: 10-13 h

Führungen für Schulklassen:
Telefonische Voranmeldung:
07 61 / 3 50 98 (möglichst zwischen 17-18 h)

Eröffnung der Ausstellung:
Dienstag, den 25. Februar 1997, 18.00 h
Begrüßung; Bürgermeister Thomas Landsberg
Einführung: Prof. Dr. Ernst Schulin
Musik: Ursula Fritzsch


Ein Team von sechs Mitgliedern der "Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit" hat die Ausstellung in zweijähriger Arbeit zusammengestellt. Anlaß war der 50. Jahrestag des Novemberpogroms von 1938. Der dargestellte Zeitraum umfaßt also die Jahre von 1888 - 1988 (mit einem späteren Nachtrag).

Die Mitarbeiter haben aus dem Bundesarchiv, aus einigen Landes- und Stadtarchiven, aus dem reichen Zeitschriften- und Monographienbestand der Germania Judaica, der Kölner Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums, aus Privatbesitz und aus vielen schon veröffentlichten Dokumentationen über die Geschichte und Vorgeschichte des Nationalsozialismus Material gesammelt, von dem schließlich rund 16.000 Blatt, 23 Leitzordner, in Frage kamen.

In der Ausstellung geht es um die bei Jubiläen und Gedenktagen so oft ausgeblendete soziale Wirklichkeit, zu der Dokumente gezeigt werden, die bisher kaum bekannt waren. Gezeigt wird vor allem die Verbreitung rassistischer Gedanken und Phantasien in der deutschen Bevölkerung - in Zeitungen und Zeitschriften, in Reklame, Flugblättern und Plakaten, in Groschenheften und Sammelbildern, die eine wesentlich größere Verbreitung fanden als wissenschaftliche Werke.

Das Jahr 1888 mit dem Regierungsantritt Kaiser Wilhelm II. und der Wende hin zu einer aggressiven Politik des Deutschen Reiches nach außen und innen schien als Anfangspunkt geeignet. Das Jahr 1938 liegt in der Mitte dieser hundert Jahre: Mit dem Ausschluß der Juden aus den freien Berufen, mit der "Arisierung" genannten Enteignung jüdischen Vermögens und dem Novemberpogrom erreichte die Judenverfolgung eine neue Intensität. Nun wurde überdeutlich, daß es für Juden im deutschen Machtbereich keine Lebensmöglichkeiten mehr geben sollte. Der Novemberpogrom zeigt, wie weit das Regime gehen konnte, ohne auf Widerstand im In- und Ausland zu stoßen. Durch die Flüchtlingkonferenz von Evian, auf der sich kein Land der Welt bereit erklärte, eine größere Zahl jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland und dem "angeschlossenen" Österreich aufzunehmen, mußten sich die Nationalsozialisten in ihrer Annahme, Judenhaß sei auf der ganzen Welt verbreitet, nur bestärkt fühlen.

Ein Gewicht der Ausstellung liegt auf der Duchsetzung der Rassenideen und damit eines politischen Programms der "angewandten Biologie", der "Auslese" und "Ausmerze" in der Zeit der Weimarer Republik. Die Häufigkeit der Reichstagsdebatten zu Themen wie "Ostjuden" oder "Schwarze Schmach am Rhein" zeigt, wie wirksam die Propaganda der Völkischen war und welche Resonanz sie auch in der Mitte und bei den Linken hatte.

Der Mittelteil der Ausstellung, ihr Hauptstück, faßt unter dem Titel "Der Volkskörper" die Phantasien zusammen, die der deutsche Rassismus über Fremde und Fremdes entwickelte. Die Darstellung von Menschen als Ungeheuer, als Ungeziefer, als Müll weist bereits auf die Zukunft, in der diese Phantasien in die Tat umgesetzt wurden.

Hinsichtlich des Zeitraumes 1933 - 1945 wird die Umsetzung der rassehygienischen Ideen in systematischer Weise kurz angedeutet. Die "Methoden der Ausmerze" sind bei jeder Gruppe, die als "rassisch minderwertig" eingestuft wurde, ähnlich. Zu jeder "Ausmerzungs"-Maßnahme gehört begleitend die Diffamierung, damit sich das Gewissen der Täter und der Miterlebenden beruhigen kann. Am Anfang steht die Erfassung. Erst wenn definiert ist, wer zu der Gruppe gehört, die es "auszumerzen" gilt, kann die Verwaltung mit ihrer Arbeit beginnen. Die Reihe der Verfolgungsmaßnahmen endet mit Mord und Völkermord, dem die europäischen Juden sowie Sinti und Roma zum Opfer fielen. Ob es bei längerem Bestehen der NS-Herrschaft zu einem Völkermord an Slawen, zu weiteren Massenmorden an Kranken oder "Gemeinschaftsfremden" und "Volksschädlingen" gekommen wäre, wissen wir nicht. Nach den Zukunftsplanungen wichtiger Funktionäre, abgedruckt in der Abteilung "Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes" im Dokumentenanhang des Kataloges, ist es wahrscheinlich.

Damit könnte die Ausstellung enden, wenn sich nicht rassistische Motive in erschreckender Weise heute noch und wieder in den Reden von Politikern, Sprechern von Parteien, in Werbung, in Haltung und Taten der Bevölkerung zeigten.

Die Ausstellung will an jeden Besucher die Frage richten, wann der deutsche Rassismus, wann die Einordnung und Abwertung von Menschen nach äußerlichen Merkmalen wie Sprache und Hautfarbe, Geschlecht und Gesundheitszustand endlich beendet sein wird. Sie will aufrufen zu einem menschenfreundlichen Verhalten.


Letzte Änderung: 19.08.1998