89. Deutscher Bibliothekartag 1999 in Freiburg im Breisgau

Kurzreferate

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Freitag, 28.5.
9.00 - 13.00 Uhr

KG I, HS 1010


Themenkreis XV: Europäische Zusammenarbeit im Bereich der Sacherschließung

Sacherschließung im Dialog - europäische Nationalbibliotheken auf dem Weg zur Mehrsprachigkeit bei Inhaltserschließung und Sachrecherche
Magda Heiner-Freiling, Frankfurt a. M./Patrice Landry, Bern

Sacherschließung für elektronische Publikationen
Prof. Dr. Jürgen Krause, Bonn

Perspektiven für eine DDC-Anwendung in der Deutschen Bibliothek
Magda Heiner-Freiling, Frankfurt a. M.

Pespektiven für eine DDC-Anwendung in den Bibliotheksverbünden
Dr. Friedrich Geißelmann, Regensburg,
Dr. Armin Müller-Dreier, Göttingen

Moderation: Dr. Friedrich Geißelmann, Regensburg

Sacherschließung im Dialog - europäische Nationalbibliotheken auf dem Weg zur Mehrsprachigkeit bei Inhaltserschließung und Sachrecherche. Das MUSE-Projekt

Magda Heiner-Freiling, Frankfurt/Main und Patrice Landry, Bern

In einem deutsch-englischen Dialog wird das Projekt MUSE (MUltilingual Subject Entry) vorgestellt, bei dem vier europäische Nationalbibliotheken seit 1997 zusammenarbeiten. Ausgehend von einer Initiative der Schweizerischen Landesbibliothek, die den Schweizer Benutzern einen mehrsprachigen Zugriff auf ihre mit RSWK, also in deutscher Sprache erschlossenen Bestände ermöglichen möchte, versuchen die Nationalbibliotheken der Schweiz, Frankreichs und Großbritanniens zusammen mit Der Deutschen Bibliothek, die drei von ihnen verwendeten Schlagwortnormdateien RAMEAU, Library of Congress Subject Headings (LCSH) und Schlagwortnormdatei (SWD) miteinander zu verbinden. Ziel einer Schaffung von Links zwischen französischen, englischen und deutschen Deskriptoren ist es zum einen, dem Benutzer den Zugang auf die Daten von einsprachigen Schlagwortkatalogen auch in einer anderen, ihm geläufigeren Sprache anzubieten, was in der Schweiz unbedingt notwendig, in Frankreich und Deutschland (mit Englisch als zweiter Wissenschaftssprache und zahlreichen ausländischen Benutzern) sehr wünschenswert ist. Auch für den Indexierer ist bei der Erschließung fremdsprachiger Literatur die Recherche mit der entsprechenden fremdsprachlichen Fachterminologie oft äußerst hilfreich. Zum anderen ermöglicht die Vernetzung der drei Normdateien auf längere Sicht ein problemloses Ausweiten der Recherche auf die von anderen Nationalbibliotheken erschlossenen Dokumente, wenn der eigene OPAC (auf regionaler oder nationaler Ebene) nicht genügend relevante Titel liefern kann, ohne die Zugriffssprache verändern zu müssen.

Vor der Realisierung dieser Zukunftsvision ist allerdings eine Fülle von Vorarbeiten im terminologischen wie im informationstechnischen Bereich zu leisten. Die Arbeitsgruppe hat zunächst die unterschiedliche Struktur der drei Normdateien und der ihnen zugrunde liegenden Regelwerke analysiert und an zwei sehr verschiedenen, von der Zahl der Deskriptoren her aber vergleichbaren und nicht zu großen Fachgebieten getestet, dem Sport und der Theaterwissenschaft. Probleme ergaben sich dabei durch die Diskrepanzen zwischen den sehr spezifischen Deskriptoren der SWD und den oft eher einer RSWK-Schlagwortkette entsprechenden Deskriptoren von LCSH und RAMEAU. Aber auch die kulturelle und historische Verschiedenheiten (hier ausgeprägter zwischen LCSH einerseits und RAMEAU und SWD andererseits) stellen eine Hürde dar. Die ersten Ergebnisse der Arbeitsgruppe lassen trotz alledem erwarten, daß auch diese Schwierigkeiten zu bewältigen sind.

Die nächsten Schritte hängen maßgeblich vom Aufbau einer leistungsfähigen DV-Struktur für die Kommunikation der Bearbeiter untereinander und für die schrittweise Ausweitung der bearbeiteten Fachgebiete ab. Langfristig soll auch die Berücksichtigung weiterer Normdateien in anderen europäischen Sprachen angestrebt werden, was dem MUSE-Projekt im Hinblick auf die internationale Bedeutung von LCSH und die zunehmende Verbreitung von RAMEAU im außereuropäischen Raum wichtige Zukunftsperspektiven eröffnet.


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Standardisierung versus Heterogenität in elektronischen, virtuellen Welten

Prof. Dr. Jürgen Krause, Bonn

Nachdem die Bibliotheken bereits vor etwa 25 Jahren einen wichtigen Teil der Literaturversorgung an Informationsservicestellen wie den Fachinformationszentren mit ihren Literaturdatenbanken abgegeben haben, zeichnet sich eine zweite Wende ab, die das Bild von den Bibliotheken als zentraler Anlaufstelle für die Informationsversorgung weiter verändert: Benutzer informationeller Dienste stehen heute einem hochgradig dezentralisierten und heterogenen Dokumentenraum gegenüber, eine Tendenz, die sich in den nächsten zehn Jahren verstärken wird. Neben die traditionellen Anbieter von Informationen, die Verlage, die Bibliotheken und die Informationsservicestellen sind verstärkt die Wissenschaftler selbst getreten, die in allen Bereichen über das WWW eigenständige Dienste unterschiedlichster Abdeckung, Relevanz und Erschließungsverfahren entwickeln. Generell können überall auf der Welt Gruppen auftreten, die zu Spezialgebieten Informationen zugänglich machen. Eine Folge hiervon sind eine Reihe von Konsistenzbrüchen: z.B. kann ein zur Inhaltserschließung und -beschreibung verwendeter Begriff A die unterschiedlichsten Bedeutungen annehmen. Dies zeigt sich z.B. heute schon beim Vergleich von Deskriptoren aus Bibliothekskatalogen mit denen aus den Datenbanken des Informationszentrums Sozialwissenschaften in Bonn. Ein Deskriptor A, der aus einem hochrelevanten, mit viel Aufwand intellektuell und qualitativ hochwertig erschlossenem Bestand der Fachinformation ermittelt wurde, kann nicht mit dem Term A gleichgesetzt werden, den eine automatische Indexierung aus einem Randgebiet liefert.

Der Benutzer wird trotz solcher Probleme einheitlich auf die verschiedenen Informationsquellen zugreifen wollen, gleich nach welchen Verfahren sie erschlossen oder in welchem System sie angeboten werden. Er hält die Forderung aufrecht, möglichst nur die relevanten Dokumente und möglichst alle relevanten zugänglich gemacht zu bekommen. Wie sich dies im Spannungsfeld zwischen Normierung und Dezentralisierung bewerkstelligen läßt und wie sich die Rolle der bibliothekarischen Inhaltserschließung in diesem Prozeß verändert, ist das Thema dieses Beitrags.


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Dewey-Dezimalklassifikation und nationalbibliographische Dienstleistungen - DDC aus der Sicht Der Deutschen Bibliothek

Magda Heiner-Freiling, Frankfurt/Main

Das Gutachten "Klassifikationen für wissenschaftliche Bibliotheken", das vom Deutschen Bibliotheksinstitut im September letzten Jahres veröffentlicht wurde, hat die Diskussion um die Vereinheitlichung der klassifikatorischen Erschließung im deutschen Sprachraum vorangebracht. Nach den ersten Sitzungen der von der Konferenz für Regelwerksfragen eingesetzten Arbeitsgruppe "Klassifikatorische Erschließung" zeichnet sich ein abgestimmtes Vorgehen der wichtigsten deutschen Bibliotheken und Bibliotheksverbünde ab, das im günstigsten Fall schon sehr bald, wenn auch erst im nächsten Jahrtausend die heterogene Klassifikationslandschaft der Bundesrepublik und der anderen deutschsprachigen Länder übersichtlicher machen und zu einer Vernetzung der gebräuchlichsten Klassifikationen führen wird. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Anwendung einer international akzeptierten und genügend tief gegliederten Klassifikation in den nationalbibliographischen Diensten zu, die bisher über die Grobgliederung in die 65 Sachgruppen des Wöchentlichen Verzeichnisses hinaus nur eine verbale Sacherschließung nach RSWK angeboten haben, und auch das nur in der Reihe A vollständig, in den Reihen B und H mit mehr oder weniger großen Einschränkungen.

Die Option für die Dewey-Dezimalklassifikation (DDC), die das Gutachten, aber auch die internationalen Kontakte Der Deutschen Bibliothek in der IFLA und in zahlreichen europäischen Projekten nahelegen, macht eine Reihe von Vorarbeiten notwendig, von denen die Übersetzung der DDC ins Deutsche und ihre Anpassung an die kulturellen, historischen und juristischen Rahmenbedingungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz die wichtigsten sind. Schließlich wird der Pflege - in ständiger Abstimmung mit dem amerikanischen Herausgebergremium der DDC - und der Erstellung von Konkordanzen zu anderen, in Deutschland verbreiteten Klassifikationen wie der Basisklassifikation, der Regensburger Verbundklassifikation und den in den öffentlichen Bibliotheken gebräuchlichsten Systematiken eine große Bedeutung zukommen. Die Deutsche Bibliothek wird sich nach Kräften an diesen Aufgaben beteiligen, ist aber auf die Zusammenarbeit mit den anderen Bibliotheken und Verbünden, auch in Österreich und der Schweiz, dringend angewiesen. Neben Projektmitteln in der Anlaufphase ist dazu auch die Sicherung der bestehenden Stellen notwendig, wenn alle in der Nationalbibliographie angezeigten Titel mit DDC-Notationen versehen werden sollen. Dies wird die Zugriffsmöglichkeiten auf die Publikationen der deutschsprachigen Länder, nicht zuletzt auch im Internet, entscheidend verbessern und den internationalen Austausch von Sacherschließungsdaten wesentlich erleichtern.


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Perspektiven für eine DDC-Anwendung in den Bibliotheksverbünden

Dr. Friedrich Geißelmann, Regensburg und Dr. Armin Müller-Dreier, Göttingen

Die DDC hat bisher fast keine Anwender unter den deutschen Bibliotheken. Klassifikationen werden an den wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands überwiegend für die sachliche Aufstellung verwendet. Dabei ist v.a. die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) verbreitet, in deutlich geringerem Umfang auch die GHBS und die Bremer Systematik. Die DDC kommt für diesen Zweck nicht in Frage. Trotzdem ist die Nutzung von Fremddaten, die über ausländische Nationalbibliographien und künftig auch von der DB geliefert werden, sinnvoll. Damit kann ein englischsprachiger Zugang nach internationalen Normen zu unseren OPACs entstehen und über Konkordanzen auch die Arbeit der Bibliotheken verbessert werden.


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Letzte Änderung: 29.04.1999

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