89. Deutscher Bibliothekartag 1999 in Freiburg im Breisgau


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Sankt Peter im Schwarzwald

 

Kleines Orgelkonzert

anläßlich des 89. Deutschen Bibliothekartags 1999

in Freiburg im Breisgau

am 26. 5. 1999

Die Auswahl der Werke des kleinen Programmes will vor allem Musik darbieten, die in irgendeiner Verbindung zu Sankt Peter und der süddeutschen Kirchenmusik zur Zeit der Erbauung der jetzigen Kirche steht. Der abschließende "Dialogue sur les mixtures" von Jean Langlais dagegen ist als Hommage an Frankreich gemäß dem Motto des Bibliothekartags und als etwas weiterreichende Demonstration der Möglichkeiten der Orgel gedacht. Er ist ein typisches Stück des französischen Orgelmeisters, der mit angeschärfter Harmonik, wirkungsvollen Spielfiguren, alte Form vielleicht auch etwas ironisierend eine Reihe solch unkonventionell-heiterer Werke geschrieben hat.

Das Programm beginnt mit Georg Muffat: aus schottischer Familie stammend, in Mégève (Savoyen) geboren, in Paris wie in Rom studierend, zeitweise in Molsheim im Elsaß Organist, später in Wien, Prag, Passau tätig, ist er der bedeutendste Repräsentant der süddeutschen Orgelmusik seiner Zeit, wobei dieses Epitheton bei einem solchen Kosmopoliten auch stilistisch nur eingeschränkt gültig ist.

Aus der Familie von Franz Anton Maichelbeck stammten Patres und Bedienstete in Sankt Peter. So ist es kein Wunder, daß die Festschrift zur Einweihung der jetzigen Kirche auch von ihm komponierte Musik erwähnt. Er hat in Italien Musik studiert - was sich stilistisch in seinen Werken ausweist - und war in Freiburg Italienisch-Professor und Münster-Organist. Die "lehrende Caecilia" enthält Beispiele typisch süddeutscher Versetten-Reihen, wie sie für die Alternatim-Praxis gebraucht wurden. Seine "auf dem Clavier spielende und das Gehör vergnügende Caecilia" op. 1 dagegen "Sonaten" in Form von Tanzsuiten.

Das Epitheton "Kleinmeister" trifft zweifellos auf Felix Gass OESA und seine recht lustigen Elevationsmusiken in David ludens ad arcam Dei zu. Die Pastoralmusik kann man sich als ein originales Schwarzwälder Improvisationsmuster in der weihnachtlichen Volksmusik vorstellen.




Programm

Georg Muffat (1653-1704):
Tocata septima in C (mixolydisch)
(Apparatus musico-organisticus, 1690)

Franz Anton Maichelbeck (1702-1750)
Praeludium - Versus I, IV, V - Finale Capriccio Primi Toni
(Der auf dem Clavier lehrenden Caecilia Dritter Theil in Exempeln derer Versen und Tonen bestehent, op. 2, 3, 1738)

Felix Gass OESA (1715-1752):
Aria 28 d-Moll - Aria 30 f-Moll - Finale: Pastorella aus dem Schwarz-Wald, F-Dur
(David ludens ad arcam Dei, Hoc est: Arias simplices, et pulsatu facillimae, adhibendae in Ecclesiis sub Sacro, tempore Elevationis, um 1730)

Pater Philipp Jacob Weigel OSB (1752-1826):
Thema und Variationen 5, C-Dur,
(46 Variationen zur steigenden Übung für Klavierschüler und zur Erleichterung des Unterrichts für die Lehrmeister als ein noch vorhandenes Bedürfnis verfertiget, 1805)

Jean Langlais (1907-1991):
Dialogue sur les mixtures
(Suite brève, 1947)




Pater Philipp Jacob Weigel OSB aus Sankt Peter ist der Autor des ersten und einzigen Notendrucks, der in diesem Kloster - kurz vor seiner Auflösung - entstanden ist. Der letzte Abt - I. Speckle - vermerkt das mit Stolz in seinem Tagebuch. Es ist eine Klavierschule, die man wegen der damals noch gerade gegebenen Einheit der "Clavier"-Musik für alle Tasteninstrumente auch noch für die Orgel heranziehen kann. Daß Weigel auch für die heimische Uhrenindustrie Bedeutung hat, da er Kompositionen für Walzenuhren schrieb und Walzen auch selbst zu verfertigen verstand, sei am Rande erwähnt.




Die Orgel in Sankt Peter ist ein neueres Werk der Firma Klais in Bonn (1967). Sie repräsentiert einen Orgelstil, der in gewissem Sinne heute aber auch schon wieder historisch ist: Eine Vielfalt der Disposition, die gewissermaßen eine Darstellung aller repräsentativen europäischen Orgelmusik ermöglichen soll, aber keine Anbindung an lokale Orgelbaustile anzielt. - Historisch gesehen ist die Orgelgeschichte Sankt Peters nicht bedeutsam: Über das "originale" Orgelwerk der Barockkirche äußerte sich der Orgelbauer Johann Andreas Silbermann, aus dessen Haus Orgeln im benachbarten Sankt Märgen wie später im Kloster Sankt Blasien gebaut wurden, nur spöttisch ("erbärmliches Geschirr") - als Konkurrent aber vielleicht auch nicht ganz objektiv. - Die heutige Klais-Orgel hat 45 Register auf drei Manualen. Dazu kommt die Chororgel der Firma Späth (19 Register, 2 Manuale, 1964). Vom Hauptspieltisch auf der Empore wie von der Chororgel aus sind alle Werke der Kirche anzuspielen. "Historisch" im normalen Verständnis sind nur noch die Gehäuse dieser Orgelwerke, die freilich Erzeugnisse des Kunsthandwerks von Rang sind. Das Gehäuse der Hauptorgel ist zudem mit erstklassigen Skulpturen bestückt...

Albert Raffelt


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http://www.ub.uni-freiburg.de/bibtag99/orgel.html
Letzte Änderung: 18.05.1999

© Universitätsbibliothek Freiburg
Text: Dr. Albert Raffelt, Freiburg
Gestaltung: Christina Willaredt

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