§ 2. Erster Zugang zum Verständnis des Staunens

2.1 "Staunen" oder "Er-staunen" als Ursprung der Philosophie

Jene ursprüngliche Offenbarkeit des begegnenden anderen, die als Grund der Möglichkeit den bisher betrachteten Denkvollzügen vorausliegt, dürfte am ehesten in dem Akt des Geistes zu suchen sein, der in der deutschen Sprache mit dem Wort Staunen" bezeichnet wird und den die

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Griechen zum Ursprungsort der Philosophie erklärt haben (1). Nach dein Vorausgegangenen ist nicht mehr zu betonen, wie leicht sich die eigentliche Wirklichkeit eines solchen ursprünglichen Aktes dem reflektierenden Blick entzieht. Es wird eines behutsamen Hinhorchens bedürfen, wenn sie zum Vernehmen kommen soll (2).

Kennzeichnet man das Ereignis des Erstaunens als das "unvorhergesehene Einbrechen von Widerständen gegen das verfügende Verhalten des Menschen" (3). so hat man es erst in seiner Äußerlichkeit erfaßt und in einer abkünftigen Weise, wie sie dem verfügenden Verhalten des Menschen noch durchaus geläufig ist - auch das Bocken" eines Motors etwa fällt unter diesen Begriff (4). Selbst Martin Heidegger dürfte nicht die ursprünglichste Wirklichkeit des Staunens im Blick haben (5), wenn er das Erstaunen" der Griechen wie folgt beschreibt:

"daß das Seiende im Sein versammelt bleibt, daß im Scheinen von Sein das Seiende erscheint, dies setzte die Griechen, und sie zuerst und sie allein, in das Erstaunen. Seiendes im Sein: dies wurde für die Griechen das Erstaunlichste" (6).

"Im Erstaunen halten wir an uns (être en arrêt). Wir treten gleichsam zurück vor dem Seienden - davor, daß es ist und so und nicht anders ist. Auch erschöpft sich das Erstaunen nicht in diesem Zurücktreten vor dem Sein des Seienden, sondern es ist, als dieses Zurücktreten und Ansichhalten, zugleich hingerissen zu dem und gleichsam gefesselt durch das, wovor es zurücktritt" (7).

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Hier ist im Akt des Erstaunens bereits die ontologische Differenz" aufgebrochen, die den erstaunten Geist sogleich in die Frage schickt, warum überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts" sei (8). Zwischen das Seiende und das Sein ist bereits das Nichts als die Bedrohung des Seienden getreten. Daß das Seiende im Sein versammelt bleibt", setzt schon die Möglichkeit voraus, daß das Seiende aus dem Sein heraustritt. Daß Seiendes und Sein aufgrund einer ursprünglichen Identität überhaupt zusammengehören, diese Einsicht muß dem beschriebenen Erkenntnismodus noch vorausgehen (9).

Das Er-staunen als Atre en arrêt" ist eine Weise der Wahrheit, in der das Staunen noch nicht ganz zu sich selbst gekommen ist. Es bezeichnet entweder das Ereignis des Herausgerissenwerdens aus einem in vordergründige Belange verfügten Denken in dem Zeitpunkt des Erwachens", wo das Subjekt noch nicht so sehr bei der Helle des im Seienden aufleuchtenden Seins als bei seiner eigenen Schwerfälligkeit ist, oder aber den Moment", wo das Sein sich in seine Verborgenheit zurückzieht und dadurch das Seiende in der Differenz zu seinem Grunde erscheint, wodurch zugleich das Subjekt erst in seine eigene Differenz zu einem Objekt" gestellt wird (10).

Der Zugang zu einer demgegenüber (ontologisch) früheren Weise des Staunens - in der wir die gesuchte ursprüngliche Offenbarkeit des begegnenden anderen im Lichte absoluter Wahrheit vermuten - wird unseren Vorüberlegungen gemäß nur in einem Erinnern auf die einigende

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Tiefe des Bewußtseins bestehen können. Verläßt das Denken bei diesem Rückgang auf die ureigenste Mitte seiner Subjektivität nun notwendig alle ausgetretenen Wege" objektiver Information, so steht es vor der Frage, wie es dann überhaupt noch Denken sein, d. h. aus dem Raum des bloß singulären, subjektiven Erlebens in das Allgemeine, in die unendliche Offenheit geistiger Kommunikation gelangen kann. Seinen eigenen Ursprung denkend einholen kann es nur, indem es ihn zu Worte", d. h. in die Verstehbarkeit sprachlicher Kommunikation bringt.

Auf der Suche nach solchem ursprünglichen Sprechen, das das Innerste erfahrener Wirklichkeit vor aller objektivierenden Feststellung zum Verstehen bringt, begegnet das Denken nun der dichterischen Sprache. Es ist darum nicht von ungefähr oder etwa bloß die schöngeistige Manier von Philosophen, denen die nüchterne Strenge wissenschaftlichen Redens zu blaß erscheint, wenn ein ursprüngliches Philosophieren sich immer wieder auf das dichterische Wort zurückbezieht - um hier nur auf Namen wie M. Heidegger, G. Siewerth, H. U. v. Balthasar zu verweisen -, sondern die Not des Denkens, seiner eigentlichen Wahrheit zu entsprechen, wozu das überkommene terminologische Rüstzeug nicht ausreicht.

Bevor wir versuchen, den ursprünglichsten Wahrheitsort in philosophischer Reflexion einzukreisen, wollen wir daher auch hier zunächst auf ein dichterisches Wort verweisen, in dem das von uns Gemeinte vielleicht am ehesten zur Sprache kommt. Erst von hierher gewinnt das philosophische Reden seinen Boden, seine notwendig formalere Sprache ihre Inhaltlichkeit - wenn auch umgekehrt wohl vom dichterischen Wort gilt, daß es eines philosophischen Bedenkens bedarf, um nicht der Mehrdeutigkeit und dem unkontrollierten Gebrauch bloß subjektiven Empfindens zu verfallen (11).

2.2 Wolfgang Borchert: "Die Hundeblume"

Die kleine Erzählung (12) handelt von dem Sträfling aus Nummer 432" und man hört die Geschichte des jungen Dichters mit, der aus Krieg und

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Kerkerhaft gerade soviel Kraft rettete, um vor seinem Tode noch zwei Jahre schreiben zu können. Hauptgegenstand sind die täglichen Runden im Gefängnishof, wo der Vordermann" und Hintermann" - außer den bellenden Hunden in blauen Uniformen" die einzigen Mit-Menschen' - nicht mehr als Brüder" und Mitleidende" begegnen, sondern als wandernde Leichen, die nur dazu da sind, uns anzuekeln - und zwischen die man eingelattet ist als Latte ohne eigenes Gesicht in einem endlosen Lattenzaun".

Und bei einer dieser täglichen Runden geschieht das Wunder. Der Sträfling von Nummer 432 entdeckt im Hof, in der Nähe des Weges, einen ,Löwenzahn - eine kleine gelbe Hundeblume". Nach einigen Tagen gelingt es ihm endlich, die Blume mit auf seine Zelle zu nehmen. Und plötzlich bückte sich die Latte 432, fummelte an ihrem runtergerutschten Strumpf herum und - fuhr dazwischen blitzschnell mit der einen Hand auf eine erschrockene kleine Blume zu, riß sie ab - und schon klöppelten wieder siebenundsiebzig Latten in gewohntem Schlendrian in die letzte Runde."

Es sei mir erlaubt, hier den Schuß der Erzählung ungekürzt wiederzugeben.

"Was ist so komisch: Ein blasierter, reuiger Jüngling aus dem Zeitalter der Grammophonplatten und Raumforschung steht in der Gefängniszelle Nr. 432 unter dem hochgemauerten Fenster und hält mit seinen vereinsamten Händen eine kleine gelbe Blume in den schmalen Lichtstrahl - eine ganz gewöhnliche Hundeblume. Und dann hebt dieser Mensch, der gewohnt war, Pulver, Parfüm und Benzin, Gin und Lippenstift zu riechen, die Hundeblume an seine hungrige Nase, die schon monatelang nur das Holz der Pritsche, Staub und Angstschweiß gerochen hat - und er saugt so gierig aus der kleinen gelben Scheibe ihr Wesen in sich hinein, daß er nur noch aus Nase besteht.

Da öffnet sich in ihm etwas und ergießt sich wie Licht in den engen Raum, etwas, von dem er bisher nie gewußt hat: Eine Zärtlichkeit, eine Anlehnung und Wärme ohnegleichen erfüllt ihn zu der Blume und füllt ihn ganz aus.

Er ertrug den Raum nicht mehr und schloß die Augen und staunte: Aber du riechst ja nach Erde. Nach Sonne, Meer und Honig, liebes Lebendiges! Er empfand ihre keusche Kühle wie die Stimme des Vaters, den er nie sonderlich beachtet hatte und der nun soviel Trost war mit seiner Stille er empfand sie wie die helle Schulter einer dunklen Frau.

Er trug sie behutsam wie eine Geliebte zu seinem Wasserbecher, stellte das erschöpfte kleine Wesen da hinein, und dann brauchte er mehrere Minuten - so langsam setzte er sich, Angesicht in Angesicht mit seiner Blume. Er war so gelöst und glücklich, daß er alles abtat und abstreifte, was ihn belastete: die Gefangenschaft, das Alleinsein, den Hunger nach Liebe, die Hilflosigkeit seiner zweiundzwanzig Jahre, die Gegenwart und die Zukunft, die Welt und das Christentum - ja, auch das!

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Er war ein brauner Balinese, ein Wilder' eines wilden' Volkes, der das Meer und den Blitz und den Baum fürchtete und anbetete. Der Kokosnuß, Kabeljau und Kolibri verehrte, bestaunte, fraß und nicht begriff. So befreit war er, und nie war er so bereit zum Guten gewesen, als er der Blume zuflüsterte ... werden wie du ...

Die ganze Nacht umspannten seine glücklichen Hände das vertraute Blech seines Trinkbechers, und er fühlte im Schlaf, wie sie Erde auf ihn häuften, dunkle, gute Erde, und wie er sich der Erde angewöhnte und wurde wie sie -und wie aus ihm Blumen brachen: Anemonen, Akelei und Löwenzahn - winzige, unscheinbare Sonnen."

Von dem gewählten Ansatz unserer Untersuchung, dem Zweifel als dem ,äußersten Ort" der Wahrheit her, schien es mir angemessen, gerade eine solche Erzählung zur Erhellung der Möglichkeit von Offenbarung" heranzuziehen. Das ins Wort gebrachte Ereignis geschieht hier inmitten einer anscheinend jeden Sinnes beraubten Welt, in der das menschliche Du nicht mehr als Träger lebendiger Daseinserfahrung, geschweige denn einer Botschaft des absoluten Du begegnet (13).

Der Ausgang bei der Situation einer sich verweigernden menschlichen Umwelt scheint mir unerläßlich, um wirklich kritisch" die Möglichkeit von Offenbarung zu entfalten. Bedeutet die Möglichkeit von Offenbarung die allgemeine Möglichkeit für den Menschen, auf den begegnenden Gott zu horchen, dann darf ich nicht bei einer vorausgesetzten heilen Mitwelt beginnen, wenn die Freiheit des Menschen wirklich so ernstgenommen werden muß, daß sich alle dem Wort der Liebe verschließen könnten. Ist die Möglichkeit von Offenbarung wirklich allgemein, dann muß sich erweisen, daß Gott dem Abraham auch aus diesen Steinen da Kinder erwecken kann" (vgl. Mt. 3,9), daß er selbst da, wo der Mensch sich dem Menschen absolut verweigerte, in den scheinbar belanglosesten Dingen zu ihm reden kann (14).

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Die Erfahrung der Hundeblume" ist ein Ereignis, das wohl jeder in ähnlicher Gestalt einmal erlebt hat - wenn es auch, vielleicht seit Kindertagen, weit in die Vergessenheit gesunken ist. Ein Ereignis, das aus solcher ,Vergessenheit- dennoch das Leben, seine Fragen und Antworten, mächtig zu bestimmen vermag. Als solches Geschehen scheint es am ehesten in jene Richtung zu weisen, in die uns die Suche nach der absoluten Offenbarkeit des begegnenden anderen" als verborgene Möglichkeitsbedingung aller geistigen Akte geführt hat.

Wir haben die Beschreibung einer Erfahrung des Schönen gewählt. Vor der weiteren Reflexion auf die Konstitution der Wirklichkeit des Staunens wird es gut sein, uns - in aller Kürze - auf das Wesen des Schönen zu besinnen.

2.3 "Das Schöne" als Gegenstand des Philosophierens

Seit einiger Zeit - vor allem wohl durch das Werk M. Heideggers angeregt - beginnt das Schöne wieder mehr das philosophisch-theologische Denken zu beschäftigen (15). Das Schöne scheint in der Tat am ehestens geeignet, den Zugang zum Sein des Seienden als ursprünglicher Bestimmung der menschlichen Vernunft zu eröffnen.

Nehme ich das Schöne als Grundbestimmung der Vernunft ernst, so verbietet es sich von vornherein, Leib" und Seele" des Menschen auseinanderzureißen. So sicher der Mensch nur durch die Sinne in das Offene des Seins gelangen kann, wenn es ihm um das Seiende als Schönes geht, so wenig läßt sich auch daran zweifeln, daß die Erfahrung des Schönen eine zutiefst geistige ist und hier die Frage, wie die Schwelle" von der sinnlichen Repräsentation zur geistigen Erfassung überschritten werden kann (16), gegenstandslos wird.

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"Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Tiere; Schönheit nur für den Menschen d. i. tierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht bloß als solche (z. B. Geister), sondern zugleich als tierische ..." (17).

Hiermit ist zwar die Einheit von Sinnlichkeit und Geistigkeit als Möglichkeitsbedingung der Erkenntnis des Schönen betont, zugleich aber eine Grenzlinie gegen die Welt des reinen Geistes" gezogen, die die Transzendentalität des Schönen von vornherein ausschließt: In der Selbsterkenntnis Gottes wie der Engelerkenntnis hat das Schöne keinen Platz mehr.

Die notwendige sinnliche Vermittlung des Schönen betonen bezüglich der Lehre des Thomas von Aquin bzw. Bonaventuras auch W. Czapiewski (18) und K. Peter (19). Wenn Kovach meint, nach Thomas werde die sinnliche Schönheit deswegen notwendig übersinnlich", nicht sinnlich erkannt, weil das Wesen der Schönheit - wie das Wesen der Dinge überhaupt - nur vom Intellekt erkannt werden könne (20) -, umgeht er das eigentliche Problem. Auch Kovach zufolge ist die apprehensio pulchritudinis secundum se ipsam" die geistig-rationale apprehensio der konkret-individuellen Integrität", ohne daß von der materiellen Hülle" total abstrahiert würde (21), und nicht diskursiver, sondern intuitiver Natur" (22). Hiermit erhebt sich aber gerade die Frage, wie nach Thomas die sinnliche Vermittlung der Schönheitserkenntnis zu deuten ist, wenn einerseits kein Abstraktionsprozeß vorliegen soll und andererseits eine nicht sinnlich vermittelte Unmittelbarkeit menschlicher Erkenntnis als unthomistisch gelten darf.

Doch auch Czapiewskis Lösungsversuch bleibt unbefriedigend. Einerseits folgt er dem erkenntnismetaphysischen Ansatz Rahners und dessen Tomasinterpretatione wonach die sinnlichen Vermögen die niederen Potenzen" in der Resultation der Seelenvermögen darstellen. Im Vollzug dieser niederen Vermögen ist dementsprechend auch die gegenseitige Durchdringung der höheren Vermögen (Intellekt und Wille) geringer (23). Andererseits soll gerade das Spezifische der Schönheitserkenntnis die größtmögliche Einheit von Erkenntnis- und Strebevermögen ausmachen. Hieraus müßte aber folgen, daß die Sinne möglichst nicht im Spiel wären.

Peter scheint mir in seiner Interpretation Bonaventuras grundsätzlich den richtigen Weg beschritten zu haben. Gerade bei der Frage nach dem Schönen dürfte sich die Unmöglichkeit einer sachlichen (nicht nur methodischen) Trennung von Philosophie und Theologie erweisen. Wo diese Trrennung versucht wird, fällt die Transzendentalität des Schönen dahin. Wo die Transzendentalität in den Blick genommen ist, zeigt sich, daß alle Probleme, so auch besonders das hier anstehende des Verhältnisses von Sinnlichkeit und Geistigkeit, nur aus den letzten Horizonten der Theologie einer zureichenden Antwort entgegengeführt werden können.

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Einige wesentliche Punkte in der Arbeit: Der trinitarische Gott ist deswegen schön, weil er der höchste Gleichklang von Einheit und Andersheit ist: Schönheit kann nicht ohne Entäußerung gedacht werden (24). Die menschliche Erkenntnis der Schönheit ist wesentlich vom eschatologischen Ziel her zu bedenken (25). Die Frage nach der "sinnlichen Erkenntnis" des Schönen muß die Bedingungen rezeptiver geistiger Erkenntnis überhaupt im Blick haben: Das Problem entzündet sich an der Frage: utrum angelus habet sensum" (26). Die aus einer vorgängigen philosophischen Systematik stammende Unterscheidung zwischen Sinnlichkeit" und Geistigkeit" kann bezüglich des Phänomens des Schönen nur zu Mißverständnissen führen. Eine zureichende Begrifflichkeit muß in der philosophisch-theologischen Interpretation dieses Phänomens neu gewonnen werden (27).

Tritt das Schöne zudem ursprünglich, d. h. in seiner Einheit mit dem Sein und seinen transzendentalen (28) Modi in den Blick, nicht etwa nur in der abgeleiteten Gestalt, wie sie zumeist unter dem Titel Asthetik" verhandelt wird, dann weiß die Vernunft zugleich um die fundamentale Einheit ihrer theoretischen und praktischen Bestimmtheit. Es ist ein wirkliches Schauen, was sich im Erfaßtsein durch das Schöne vollzieht, nicht eigenmächtige Setzung. Und es ist die Bestimmtheit durch ein Sollen", Affirmation des Guten, welche das Staunen angesichts des Schönen vermittelt. Wo die Freiheit nicht zugleich zum unbedingten Guten erschlossen und entschlossen ist, fällt die Hoheit des Schönen dahin.

Ließe sich die gesuchte Offenbarkeit des begegnenden anderen in der Identität mit der absoluten Wahrheit als eine ursprüngliche Erfahrung des Schönen verstehen, dann wäre am ehesten zu begreifen, wie sich von hierher die Vernunft in die mannigfaltige (sinnlich-geistige, theoretischpraktische) Bestimmtheit ihrer faktischen Vollzüge entfalten kann, wenn aus einer solchen Identität die Differenz aufbricht. Eine solche Erfahrung

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wäre dann auch besonders zur Klärung der Frage nach der Möglichkeit von Offenbarung als der Möglichkeit absoluten Heils geeignet, insofern im Schönen das Sein des Seienden sich immer schon in seiner positiven Bedeutsamkeit" für den Menschen eröffnet hat (29).

2.4 Exkurs
Das "Natur-" und das "Kunstschöne"

Wir haben zum Ausgangspunkt der Analyse des Staunens die Erfahrung eines Naturschönen" gewählt. Angesichts der Entwicklung der Ästhetik seit Kant sind hierzu wenigstens einige Bemerkungen angebracht.

H. U. v. Balthasar (30) wie H.-G. Gadamer (31) sehen einen wesentlichen Scheidepunkt der neuzeitlichen Ästhetik zwischen Kant und Schiller gegegeben. Es ist interessant, wie sehr die Aussagen zweier so eigenständiger Denker sich hier treffen.

Offen zutage liegt nach Gadamer der Wandel in der Bewertung des Naturschönen nach Kant.

"Kant ... betont ... den Vorzug des Naturschönen vor dem Kunstschönen" (32). Im Unterschiede zu Kant wurde ... (im deutschen Idealismus) der Standpunkt der Kunst als der der bewußtlos genialen Produktion allumfassend und umschloß auch die Natur, die als Produkt des Geistes verstanden wird" (33). Das moralische Interesse am Schönen der Natur, das Kant so enthusiastisch geschildert hatte, tritt nun hinter der Selbstbegegnung des Menschen in den Werken der Kunst zurück. In Hegels großartiger Ästhetik kommt das Naturschöne nur noch als 'Reflex des Geistes' vor. Es ist im Grunde kein selbständiges Moment mehr im systematischen Ganzen der Ästhetik" (34).

Der Wendepunkt (sc. im Verständnis von Asthetik") scheint bei Schiller zu liegen ... Schiller hat in seinen ästhetischen Schriften die radikale Subjektivierung, durch die Kant das Geschmacksurteil und seinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit transzendental gerechtfertigt hatte, aus einer methodischen in eine inhaltliche Voraussetzung gewandelt" (35).

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Sehr präzise kennzeichnet Gadamer die innere Verschiebung in der ontologischen Basis der Schillerschen Ästhetik":

jetzt wird Kunst als Kunst des schönen Scheins der praktischen Wirklichkeit entgegengesetzt und aus diesem Gegensatz verstanden. An die Stelle des Verhältnisses positiver Ergänzung, das seit alters die Beziehung von Kunst und Natur bestimmt, tritt jetzt der Gegensatz von Schein und Wirklichkeit. Traditionellerweise ist es die Bestimmung der Kunst', die auch alle bewußte Umgestaltung der Natur zum menschlichen Gebrauch umfaßt, innerhalb der von der Natur gegebenen und freigelassenen Räume ihre ergänzende und ausfüllende Tätigkeit zu vollbringen ... Auch die ,Schöne Kunst', solange sie in diesem Horizont gesehen wird, ist eine Perfektionierung der Wirklichkeit und nicht ihre scheinhafte Maskierung, Verschleierung oder Verklärung. Wenn aber der Gegensatz von Wirklichkeit und Schein den Begriff der Kunst prägt, ist der umfassende Rahmen, den die Natur bildet, gesprengt. Die Kunst wird ein eigener Standpunkt und begründet einen eigenen autonomen Herrschaftsanspruch. - Wo die Kunst herrscht, da gelten die Gesetze der Schönheit und werden die Grenzen der Wirklichkeit überflogen" (37).

"Der Begriff von Wirklichkeit, dem Schiller die Poesie entgegensetzt, ist gewiß nicht mehr kantisch. Denn Kant geht stets ... vom Naturschönen aus".

Indem Gadamer dann fortfährt:

"ber sofern Kant um seiner Kritik der dogmatischen Metaphysik willen den Erkenntnisbegriff ganz auf die Möglichkeit der reinen Naturwissenschaft' eingeengt hatte und damit den nominalistischen Wirklichkeitsbegriff zur unbestrittenen Geltung brachte, geht letzten Endes die ontologische Verlegenheit, in der sich die Ästhetik des 19. Jahrhunderts befand, doch auf Kant selbst zurück. Unter der Herrschaft des nominalistischen Vorurteils läßt sich das ästhetische Sein nur unzureichend und mißverständlich begreifen" (38),

weist er implizit auf eine Unstimmigkeit im kantischen Denken hin, die offensichtlich mit der Bewunderung des Naturschönen trotz der Kritik der reinen (theoretischen) Vernunft gegeben ist.

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Vielleicht läßt sich das Denken Kants hier letztlich nur aus einer theologischen Perspektive ausloten (39). H. U. v. Balthasar geht in seiner theologischen Ästhetik" diese Unstimmigkeit" unter der Überschrift: Herrlichkeit 'unkritisch'" (40) an. Der Anblick des bestirnten Himmels" - der Kant nicht nur in seinen vorkritischen Schriften bewegt (41) - läßt sich weder ganz in den Rahmen der "Kritik der praktischen Vernunft" (42), noch in den der "Kritik der Urteilskraft" (43) einordnen. Das Erhabene der Natur steht bei Kant eher in der Nähe des Heiligen, dessen Erkenntnis er zwar auf die praktische Vernunft einschränkt, wobei jedoch gerade die Einschränkung selbst aufschlußreich ist: das Heilige muß etwas Geheimes sein und nicht für den Gebrauch der theoretischen Vernunft erkennbar, ,weil es alsdann auch jedermann müßte mitteilbar sein und also auch äußerlich und öffentlich bekannt werden können" (44). Es ist der vorgefaßte verengte Begriff des theoretischen Erkennens als Objektivation", der es Kant unmöglich macht, sowohl das ästhetische Phänomen als auch die Fragen um eine natürliche Gotteserkenntnis" zureichend zu erfassen: das theoretische Erkennen macht das göttliche Geheimnis notwendig zu einem geschnitzten Bild".

"Aber gegen Schiller würde Kant doch festhalten an der Ehrfurcht für das Erhabene' nicht allein der menschlichen Bestimmung, sondern Gottes, mit dessen Heiligkeit der ewig strebende menschliche Wille sich nie zusammenfallend denken kann ... Kant bleibt, trotz aller Aufklärung', vor der Schwelle des deutschen Idealismus und seiner Identitätsästhetik stehen ..." (45)

Es ist vielleicht aufschlußreich, den Versuchen H. U. v. Balthasars und H.-G. Gadamers, zu einer tieferen Erfassung der Wahrheit des Schönen vorzustoßen, die Bewertung des Naturschönen bei H. Wagner (46) gegen

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überzustellen, die völlig im Banne eines subjektivistischen Philosophierens verbleibt. Aus den Ausführungen Wagners wird deutlich, wie sehr die Abwertung des Naturschönen gegenüber dem Kunstschönen mit dem Fehlen jedweder -, Transparenz des Schönen auf den begegnenden Gott zusammenhängt. Hat Wagner (mit Recht) herausgestellt, daß das eigentlich Fundierende der Schönheit der (Äußerungs-)Gehalt (48) ist, so muß sich notwendig das Naturschöne bei einem Vergleich mit dem Kunstschönen als von merklich ärmerer Struktur" erweisen; denn ihm liegt ja kein Äußerungsgehalt zugrunde.

,Das Naturschöne ist nicht das Produkt eines schaffenden Subjekts, in ihm gibt es keinen Rückbezug auf ein solches schaffendes Subjekt, in ihm äußert sich keinerlei Geistigkeit, keinerlei Subjektivität" (49).

Es zeigt sich aber, daß ein solcher Entwurf der Ästhetik, in dem mit der "Entdivinisierung der Welt" radikal Ernst gemacht wird, zu inneren Inkonsequenzen führt. Wagner sagt zwar: Es gibt zweifellos in der Natur solches, das schön ist" (50). Das Naturschöne ist nach ihm aber bloße "Gestaltschönheit". Wenn nun vorher (doch gewiß allgemein hinsichtlich des Wesens der Schönheit) gesagt wurde:

"Fundierend aber ist die Gehaltschönheit; denn der Gehalt ist das Frühere, d. h. gewiß etwas, was sich erst voll ausbestimmt, insoweit er Gestalt gewinnt, aber eben doch das, was sich von sich aus zur Gestalt bringt. Er ist wie jeder Grund ohne das Begründete nicht möglich. Aber er ist der Grund desselben. Darum ist auch die Schönheit des Gehalts der Grund für die gewiß andersgeartete, aber doch bedingte Schönheit der Gestalt" (51),

so handelt es sich bei dem Naturschönen offensichtlich um eine bloß behauptete Positivität ohne möglichen Begründungsausweis - was in einem philosophischen Entwurf wie dem Wagners, dem es wesentlich um den Aufweis des Begründungszusammenhangs für jedes Faktum geht, wie ein Fremdkörper anmutet.

Sowohl hinsichtlich der traditionellen Unterscheidung zwischen dem "Schönen" und dem Erhabenen" als auch in bezug auf die Differenzierung zwischen Schönheit" und Herrlichkeit" bei H. U. v. Balthasar ist noch ein Hinweis nötig, warum wir in unserer Untersuchung nur das Phänomen des (Natur-)Schönen in den Blick nehmen. Beiden genannten Unterscheidungen geht die Erfahrung des Widerspruchs gegen eine ursprüngliche [ur-

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sprüngliche] heile Erfahrung voraus: erst über Schmerz und Leid kommt es zur Erfahrung des Erhabenen (52), erst angesichts des Kreuzes kann das letzte Wort über die Herrlichkeit" gesprochen werden. Eine Philosophie des Erhabenen und Theologie der Herrlichkeit hat es also notwendig mit der Entscheidung der Freiheit angesichts des Widerspruchs in der Natur und Welt zu tun. In unserer Untersuchung hingegen geht es darum, die ursprünglichste Eröffnung von Wahrheit als eine solche aufzuweisen, aus der erst so etwas wie Widerstreit" erfahren werden kann. Der Phänomenbereich des Ästhetischen" wird also im Verfolg der Frage nach der Möglichkeit von Offenbarung in unserer Untersuchung lediglich berührt, nicht systematisch angegangen.

ANMERKUNGEN

1 μάλα γάρ φιλοσόφου τουτο το θαυμάζειν, ου γαρ άλλη αρχη φιλοσοφιας η αυτη... (Platon,, Theat. 155 d, ed. J. Burnet). δια γαρ το θαυμάζειν οι ανθτρωροι και το πρωτον ηρξαντο φιλοσοφειν (Aristoteles, Met. A 2, 982 sg, ed. W. Jaeger).

2 Wozu ja auch der Kontext des o. a. Platonzitats einlädt. Der Ursprung des Philosophierens wird auf den Bereich der Götter zurückgeführt, auf jenen Ort, wo sich das Göttliche, wenn auch in unverkennbarem Glanz, so doch in einem sehr scheuen Ereignis offenbart: Platon läßt Sokrates darauf verweisen, daß vom Gotte Thaumas Iris abstamme. - Zugleich ein Hinweis, daß es vielleicht doch ein Analoges zwischen der griechischen" und der biblischen" Gotteserfahrung gibt. Dort, wo der Philosoph seinen Ursprung bedenkt, gerät er an dieselbe mythische Wurzel, die auch da, wo heilsgeschichtlich auf den Anfang reflektiert wird, zum Symbol für den sich offenbarenden Gott werden kann: vgl. Gen. 9, 12-17.

3 Vgl. H. J. Finkeldei, Grund und Wesen des Fragens 111.

4 Man zitiert und spricht gern nach, was Platon gesagt hat: Mit dem Staunen ... beginne das Philosophieren. Aber man vergißt meist, daß nach Platons Aussage das Staunen nicht durch irgendeine unerklärliche Schwierigkeit erregt wird, sondern durch die Schwierigkeit, die uns zwingt, mit unserer Erklärung über den Bereich des Sichtbaren ... hinauszugehen" (H. Kuhn, Das Sein und das Gute 66 f.).

5 Zum Ausfall des wirklichen Staunens bei Heidegger vgl. H. U. v. Balthasar, Herrlichkeit III/l, 784 f. - Es braucht wohl nicht eigens betont zu werden, wieviel andererseits das hier von uns unternommene Zurücktasten auf jene ursprüngliche Wirklichkeit gerade M. Heidegger (und seinen Schülern) verdankt. Vgl. bes.: ders., Aus einem Gespräch von der Sprache, in: Unterwegs zur Sprache 83-155; Das Ding, in: Vorträge und Aufsätze 163-181; Der Ursprung des Kunstwerkes.

6 Was ist das - die Philosophie? 22.

7 Ebd. 40.

8 Vgl. M. Heidegger, Was ist Metaphysik? passim.

9 Daß das Seiende als solches - in seiner ontologischen Differenz" zum Sein - erst aufgrund der Offenbarkeit des Nichts hervortritt, dies hat Heidegger eindringlich in .Was ist Metaphysik?" herausgestellt. Das Wesen des ursprünglich nichtenden Nichts liegt in dem: es bringt das Da-sein allererst vor das Seiende als ein solches" (31). Auch hier sieht Heidegger die Verwunderung" - der die zitierte Frage nach dem "Warum" des Seienden entspringt -aus der Offenbarkeit des Seienden als eines Befremdlichen resultieren: Einzig weil das Nichts im Grunde des Daseins offenbar ist, kann die volle Befremdlichkeit des Seienden über uns kommen. Nur wenn die Befremdlichkeit des Seienden uns bedrängt, weckt es und zieht es auf sich die Verwunderung. Nur auf dem Grunde der Verwunderung - d. h. der Offenbarkeit des Nichts - entspringt das Warum'?" (37). So richtig Heidegger in diesem Zusammenhang auf die Abkünftigkeit des wissenschaftlichen Forschens gegenüber dieser ursprünglichen Verwunderung" der Metaphysik verweist, läßt er doch unbefragt, woher das Seiende in der Offenbarkeit des Nichts -befremdlich" sein kann. Doch nur aus einer ursprünglicheren Vertrautheit des Seienden mit dem Sein - nicht etwa unserer gewohnheitsmäßigen Vertrautheit mit den Dingen, die ja gegenüber ihrer Befremdlichkeit gerade abkünftig ist. - Von daher wird es nötig sein, auch das Nichts" noch einmal ursprünglicher zu bedenken, wozu Heidegger ja selbst im Nachwort zu der zitierten Vorlesung (Was ist Metaphysik?, 5. Aufl. 4 f.) aufruft.

10 Ich glaube, daß dieser Unterschied im Sachverhalt auch der sprachlichen Unterscheidung in das Simplex Staunen" und sein Kompositum Er-staunen" zugrunde liegt. Ein Präfix bezeichnet zumeist ja einen abgeleiteten Sachverhalt.

11 Wie dieses Zusammen von dichterischer und philosophischer Rede aus dem einigenden Grund des in der Sprache anfänglich hell werdenden Seins selbst ermöglicht wird, ist dem Denken vielleicht überhaupt nie adäquat erfaßbar. Man kennt wohl manches über das Verhältnis der Philosophie und Poesie. Wir wissen aber nichts von der Zwiesprache der Dichter und Denker, die nahe wohnen auf getrenntesten Bergen'" (M. Heidegger, Was ist Metaphysik? 46; vgl. Was ist das - die Philosophie? 45; über den Humanismus 5, 46). - Das Problem eines gemäßen methodischen" Zugangs zur ursprünglichen Wahrheit konnte hier natürlich nur in Stichworten anklingen. Vgl. bes. H.-G. Gadamer, Wahrheit und Methode.

12 Die wir hier nach der rororo-Taschenbuchausgabe "'Draußen vor der Tür'...", 95-106, zitieren.

13 Neben der Hundeblume" (und anderen Erzählungen W. Borcherts) wäre hier etwa auf die Erzählung I. Bachmanns: Jugend in einer österreichischen Stadt" mit dem brennenden Baum" in einer Zeit der Zerstörung und des Sinnverlusts zu verweisen (in: I. Bachmann, Das dreißigste Jahr. Erzählungen, München 1961, 5-17).

14 Wir möchten unseren Ansatz beim Staunen insofern auch von dem bei G. Siewerth (vgl. bes. Metaphysik der Kindheit 60 u. ö.; Philosophie der Sprache 56, 61 u. 6.) und H. U. v. Balthasar (vgl. bes. Herrlichkeit III/l, 945 f.) abgrenzen, die das ursprüngliche Erwachen des Kindes zum Sein am bejahenden und liebenden Lächeln der Mutter" sich entzünden sehen. Diese Wahrheit wollen wir nicht leugnen. Das Staunen hat dort erst seine Vollendung und ganze Fülle, wo das begegnende andere" der mich liebend bejahende andere ist. - Nun gibt es jedoch die berechtigte Frage, wie ein Kind zum Sein und zur Möglichkeit von Offenbarung erwachen kann, dessen erster Aufblick nicht in ein Lächeln der Mutter, sondern in das kalt abweisende Gesicht von Erwachsenen fällt, die es - wenn überhaupt - dann nur als Last annehmen. Kann der Mensch auch Gott hören, wenn seine Nächsten sich ihm verweigern? - Mit dieser Frage (und der folgenden Explikation des Staunens) soll nicht behauptet werden, daß ein von Menschen nicht und noch nie geliebter Mensch eine Sinnerfahrung - wie etwa die der Hundeblume"

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auf Gott" hin auszulegen vermag. Sie wird ihm vielleicht nur Anlaß zur Verzweiflung sein. Wir haben aber versucht, schon im Zweifeln selbst das Angerührtsein des Menschen vom Absoluten" im begegnenden anderen aufzuweisen, auf dessen ursprüngliche Offenheit wir uns nun vortasten.

15 Innerhalb des scholastischen Philosophierens s. bes. die unlängst erschienenen Arbeiten von F. 1. Kovach, Die Ästhetik des Thomas von Aquin (1961); W. Czapiewski, Das Schöne bei Thomas von Aquin (1964); K. Peter, Die Lehre von der Schönheit nach Bonaventura (1964). - Interessant ist, wie Denker der verschiedensten Richtungen dem Schönen in der Philosophie mehr und mehr wieder einen wichtigen oder sogar zentralen Platz einräumen. Vgl. etwa H. Wagner, Philosophie und Reflexion (1959) 5 27; H. Kuhn, Das Sein und das Gute (1962), Kap. VI, ders., Schriften zur Ästhetik, München 1966; Besonders bedeutsam erscheint mir, wie H.-G. Gadamer - dem Denken M. Heideggers verpflichtet - bei der Grundlegung einer philosophischen Hermeneutik (Wahrheit und Methode, 1. Aufl. 1960) der Wahrheit des Schönen einen ähnlich fundamentalen Rang für die Seinserkenntnis beimißt wie - von ganz anderen Voraussetzungen aus - H. U. v. Balthasar in seiner Theologischen Ästhetik" (Herrlichkeit, 1961 ff.).

16 Vgl. die Problemstellung bei J. Maré,;chal: Au seuil de la mé,;taphysique ... " (Mé,;l. Maré,;chal I 102 ff. - unsere Hervorhebung).

17 I. Kant, Kritik der Urteilskraft B 15.

18 S. Anm. 28.

19 Bes. gegen F. J. Kovach; W. Czapiewski, Das Schöne bei Thomas von Aquin 66 ff., 140 f.

20 Die Lehre von der Schönheit nach Bonaventura 53 f., 75-79, 125, 133 f., 139-141.

21 Die Ästhetik des Thomas von Aquin 232-237.

22 Vgl. ebd. 241.

23 Vgl. ebd. 242.

24 Das Schöne bei Thomas 116.

25 Die Lehre von der Schönheit nach Bonaventura 23-25, 138.

26 Ebd. bes. 112-114.

27 Ebd. 139-142.

28 Zum Problem der sinnlichen Vermittlung theologischer Sachverhalte und seiner möglichen Lösung aus dem Ansatz einer theologischen Ästhetik" vgl. bes. das Kapitel über die geistlichen Sinne" in H. U. v. Balthasar, Herrlichkeit, 1, 352-410. - Zum Problem der Interpretation des Asthetischen" am Leitfaden der traditionellen Dualität "sinnlich - übersinnlich" vgl. auch M. Heidegger, Aus einem Gespräch von der Sprache, a.a.O. 83-155, bes. 101 f.

29 Das Wort hier im scholastischen Sinne. - Der innerscholastische Streit um die Transzendentalität des pulchrum" (zur Literatur s. F. J. Kovach, a.a.O. 5-27) erweist, daß es sich hier, wenn überhaupt, dann um ein Transzendentale besonderer Art handelt. Daß das pulchrum" wirklich ein Transzendentale sei und die Schwierigkeit seiner Einordnung in das Transzendentalienschema mit seiner besonderen Würde vor den bzw. als Einheit der anderen transzendentalen Seinsmodi zusammenhängt (nicht also etwa auf ein sekundäres Transzendentale" schließen lasse), betonen Kovach (a.a.O. 214) wie Czapiewski (a.a.O. 22, 40 u. ö., mit berechtigter Kritik an Kovach.- 143) und Peter (a.a.O. 115-129).

30 Zur Erhellung des Seinsverständnisses als Heilsverständnis über den Begriff der .positiven Bedeutsamkeit" vgl. B. Welte, Heilsverständnis 72 ff., und das von Welte zur Eröffnung des Seins des Seienden als Sinn Gesagte: Die Glaubenssituation der Gegenwart, in: Auf der Spur des Ewigen 18-23. Vgl. a. M. Müller, Über Sinn und Sinngefährdung des menschlichen Daseins (u. d. dort gen. Lit.).

31 Herrlichkeit III/l, 817-879.

32 Wahrheit und Methode, bes. 39-96; vgl. a. Zur Einführung" (in M. Heideggers Der Ursprung des Kunstwerkes" ebd. 102-125, bes. 112).

33 Wahrheit und Methode 47.

34 Ebd. 54.

35 Ebd. 55.

36 Ebd. 77.

37 Ebd. 78. Vgl. hierzu ebd. 454 f.: Eine solche Umlegung auf den Standpunkt der Kunst setzt ontologisch eine gestaltlos gedachte bzw. eine von mechanischen Gesetzen regierte Seinsmasse voraus. Der menschliche Kunstgeist, der aus mechanischer Konstruktion Nützliches bildet, wird auch alles Schöne schließlich von dem Werk seines eigenen Geistes her verstehen."

38 Ebd. 79.

39 Ebd. - Auf den bedeutungsvollen Ansatz Gadamers hinsichtlich der Wahrheit des Schönen (wie auch des Objekts" der Geisteswissenschaften) können wir hier nicht näher eingehen. In Gadamers Werk scheint der durch M. Heidegger eröffnete Neuaufbruch des Seinsverständnisses konsequent und systematisch weiterentfaltet. (Die bei Heidegger voll zum Durchbruch kommende Überwindung einer steril gewordenen Ästhetik geht ihrerseits auf Ansätze bei Dilthey und Husserl zurück, vgl. L. Landgrebe, Philosophie der Gegenwart 117-136.) Das Phänomen des Schönen dürfte allerdings dort erst voll

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Bewußtsein gebracht werden können, wo es in' seiner Transzendenz der Philosophie auf Theologie hin erkannt wird - wie H. U. v. Balthasar aufgezeigt hat und was auch wir in unserer Arbeit aufzuweisen bemüht sind.

40 Vgl. H.-G. Gadamer ("Zur Einführung" in M. Heideggers Der Ursprung des Kunstwerkes", ebd. 111 f.): Für Kant selbst war freilich noch der geheimnisvolle Einklang bestimmend, der zwischen der Schönheit der Natur und der Subjektivität des Subjekts erkannt wurde. Ebenso wird das schaffende Genie ... von ihm als ein Günstling der Natur verstanden. Das aber setzt im ganzen die fraglose Geltung der Naturordnung voraus, deren letztes Fundament der theologische Gedanke der Schöpfung ist."

41 H. U. v. Balthasar, Herrlichkeit Ill/1, 817 (ff.).

42 Vgl. die Belege bei H. U. v. Balthasar, a.a.O. 817-823.

43 Vgl. ebd. A 288.

44 Vgl. ebd. B 118.

45 Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft B 208; vgl. H. U. v. Balthasar, a.a.O. 837.

46 H. U. v. Balthasar, a.a.O. 847 f.

47 Philosophie und Reflexion 289-292.

48 Ebd. 271 ff.

49 Ebd. 289.

50 Ebd. 290.

51 A.a.O. 290.

52 Ebd. 271.

53 Vgl. I. Kant, Kritik der Urteilskraft § 23 (ff.).


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