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Wien – Freiburg – Paris
1770

Ein Hochzeitszug macht in Freiburg Station

Vom 4. bis zum 6. Mai 1770 machte der Brautzug Marie-Antoinettes, der jüngsten Tochter Kaiserin Maria Theresias mit einem Aufenthalt in Freiburg noch einmal auf österreichischem Gebiet Station. Nach einer weiteren Übernachtung im Kloster Schuttern erreichte er bei Straßburg französischen Boden, um den Weg nach Paris fortzusetzen zur Vermählung Marie-Antoinettes mit dem französischen Kronprinzen Ludwig, dem späteren König Ludwig XVI. von Frankreich.

Seit dem Mittelalter, verstärkt aber seit Beginn der Neuzeit hatten sich Formen der "Entrée" beim Eintreffen eines Herrschers in der Stadt herausgebildet und diese zunehmend zeremoniell überformt und transzendiert. Anlaß für feierliche Einzüge waren Krönungen, Regierungsübernahmen, Jubiläen, Friedensschlüsse, Staatsbesuche, Vermählungen, aber auch Begräbnisse usw. Maßstabsetzend, insbesondere für die Ausbildung der Entrée-Dekoration, waren der Einzug Karls V. 1515 in Brügge und die "Entrée solennelle" Ludwig XIV. 1660 in Paris. Die Festdekoration wurde dabei zunehmend zu einem System von Metaphern, die der Verherrlichung des einziehenden Fürsten dienten. Auf Ehrenpforten und Triumphbögen wurden mit Inschriften und Bildern die Leistungen des Herrschers für Stadt und Staat gefeiert; die gesamte Festdekoration bestand im Grunde aus Bildern, die auf etwas Anderes verweisen sollten: auf Ruhm, Frieden, Glück, Hochzeit, Harmonie usw.

Die Ehrenpforten als ephemere Architekturen und Monumente überformten das Stadtbild in idealisierender und raumbeherrschender Weise und ließen so die Stadt selbst zur Metapher eines harmonischen und wohlgeordneten Gemeinwesens werden. Die Festteilnehmer hatten ihrem Rang und Stand entsprechend ihren Platz im Zeremoniell und symbolisierten die Gesellschaftsordnung darstellerisch. Der Scheincharakter der Dekoration und zugleich ihre Transparenz auf ein Höheres muß als das spezifisch Festliche verstanden werden.

In Freiburg errichteten die Landstände, der Magistrat der Stadt und die Universität eigene Ehrenpforten. Architektur und ikonographisches Programm wurden von ortsansässigen Künstlern entworfen und ausgeführt. Zu allen drei Ehrenpforten erschienen erläuternde Programme mit bildlicher Wiedergabe der Dekorationen und gaben so dem vergänglichen Spektakel ein zeitüberdauerndes Erinnerungsfundament. Programmatische Umzüge, Aufstellungen von Musikkorps und Bürgerkompanien, Theater-, Musik- und Ballettaufführungen und nächtliche Illumination der Ehrenpforten und des Münsters waren prozessualer Teil des festlichen Gesamtkunstwerks.
Kar 3/99




... eine Ausstellung der Universitätsbibliothek Freiburg


Weitere Informationen unter Expressum 1999,4.


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Letzte Änderung: 03.03.2000