EUCOR-Bibliotheksinformationen - Informations des bibliothèques: 15 (2000)

Der Informationsverbund Deutschschweiz und das Schweizer Konsortium

Simon Geiger (UB Basel)

Zusammenfassung

Der ursprünglich zur Evaluation eines neuen Bibliothekssystems begonnene Verbund der Hochschulbibliotheken in der deutschsprachigen Schweiz hat auch im Bereich der Online-Medien Früchte getragen. Ein spezialisierter Arbeitskreis des Verbundes vermittelt Konsortiallizenzen, koordiniert innerhalb der Betriebe und tauscht Know-How aus. Das Angebot an dezentral verfügbaren Informationsmitteln an den beteiligten Hochschulen ist nicht zuletzt durch die Aktivitäten dieser Gruppe erheblich gewachsen. Die Zusammenarbeit ist auch auf nationale Gremien ausgedehnt worden, sodass in naher Zukunft ein 'Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken' mit einer professionellen Geschäftstelle und Mitteln zur Anschubfinanzierung erwartet werden kann.

Einleitung

Das Bibliothekssystem ALEPH1 wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 an allen Verbundbibliotheken der Universitäten Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich, sowie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule und der Zentralbibliothek Zürich eingeführt. Die bereits im Herbst 1996 formulierten Ziele des Informationsverbunds Deutschschweiz (IDS)2 beschränkten sich jedoch nicht auf die gemeinsame Evaluation und Beschaffung eines neuen Bibliothekssystems. Auch im Bereich der gemeinsamen Lizenzierung von Online-Medien und des Austauschs von Know-How über diese Produkte wurde eine enge Zusammenarbeit angestrebt. Zu diesem Zweck wurde im Herbst 1997 der 'Arbeitskreis Neue Medien'3 gegründet.
Die sieben Mitglieder dieser Gruppe stammen aus verschiedenen Funktionsbereichen der einzelnen Bibliotheken (Datenbank, Erwerbung und Fachreferat) und weisen ein breites Spektrum von fachlichen Erfahrungshintergründen auf (Biomededizin, Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften).
Die Arbeit gliedert sich in drei Ebenen:

 

Die pragmatische Ebene

Bestandeserhebungen, Bedarfsabklärungen, Produktedemonstrationen, gemeinsame Produktetests, Erfahrungsaustausch, massgeschneiderte Konsortialabschlüsse
Schritt für Schritt konnten Konsortien4 mit interessierten Bibliotheken in- und ausserhalb des IDS eingerichtet werden: u.a. WISO (GBI), Business Source Premier (EBSCO), ABI/INFORM, INSPEC, BIOSIS, SpringerLINK, PsycINFO und Web of Science (ISI). Die Teilnahme an den einzelnen Konsortien ist stets Sache der einzelnen Bibliotheken, die recht unterschiedliche fachliche Interessen und finanzielle Mittel aufweisen. Die IDS-Mitglieder können nicht nur von günstigeren Bezugsbedingungen profitieren, sondern auch vom Erfahrungsaustausch mit den Partnern, der sich nicht nur im Arbeitskreis 'Neue Medien' abspielt, sondern auch bi- und trilateral.
Als jeweilige Ansprechpartner koordinieren die Mitglieder des Arbeitskreises die Arbeiten und Entscheidungsprozesse innerhalb ihrer Betriebe.

Die visionäre Ebene

Formulierung der Eckdaten für ein gesamtschweizerisches Konsortium
Trotz des Erfolgs auf der pragmatische Ebene wurden bald die Grenzen des IDS-Rahmens sichtbar. Die Anzahl der interessierten Bibliotheken war für substantielle Rabatte oft zu klein. Die Arbeitsbelastung für das Vermitteln und Koordinieren der Konsortien stiess bald an die Kapaziätsgrenzen einzelner Mitglieder des Arbeitskreises. Ausserdem konnte die Frage, wer für das Konsortium rechtsverbindlich Verträge abschliesst, nicht befriedigend gelöst werden. Und nicht zuletzt stiessen die Bibliotheken an die Grenzen ihrer Budgets.
Deshalb kam der Wunsch nach einem gesamtschweizerischen Konsortium mit entsprechenden personellen und finanziellen Mitteln auf, dessen Umrisse in einem gemeinsam erarbeiteten Grundlagenpapier5 formuliert wurden. Fast gleichzeitig erschien ein aus der Erfahrung mit dem ersten Schweizer Konsortium überhaupt (CrossFire Beilstein/Gmelin)6 heraus verfasster 'Vorschlag für ein Schweizer Konsortium'7.
Diese Ideen wurden von einer Kommission der 'Schweizerischen Hochschulkonferenz' aufgenommen, die verschiedene Projekte im Rahmen des neuen Hochschulförderungsgesetzes vorbereitete. Sie gab die Ausarbeitung eines Detailkonzepts8 in Auftrag, welches Finanzbeiträge des Bundes an Konsortiallizenzen und den Betrieb einer zentralen Geschäftsstelle im Rahmen eines 'Konsortiums der Schweizer Hochschulbibliotheken'9 vorsieht.
Während die Entscheidungsprozesse auf den verschiedenen politischen Ebenen noch im Gange sind, werden von der noch provisorischen Geschäftstelle an der ETH-Bibliothek Zürich bereits einige (allerdings noch nicht subventionierte) Schweizer Konsortien10 betreut: Dissertation Abstracts, Historical Abstracts, MATH, Springer-LINK und STATWEB (Schweizerisches Bundesamt für Statistik).

Die diplomatische Ebene

Zusammenarbeit mit interessierten Institutionen: Westschweizer Bibliotheksverbund (RERO)11, Schweizerische Landesbibliothek12, Kommission für Universitätsbibliotheken (KUB)13 der Schweizerischen Hochschulkonferenz14 (SHK) , Kommission der Biomedizinischen Bibliotheken15, Chemiedepartemente
Ein Mitglied des IDS-Arbeitskreises 'Neue Medien' ist gleichzeitig in der Kommission der Biomedizinischen Bibliotheken aktiv, ein anderes im CrossFire-Konsortium. Im Laufe der Zeit wurde die Sitzungsrunde um je eine Vertreterin der Westschweizer Bibliotheken und der KUB, der Schweizerischen Landsbibliothek sowie der provisorischen Geschäftstelle des 'Konsortiums der Schweizer Hochschulbibliotheken' erweitert. Damit bestehen Kontakte zu praktisch jeder an Online-Medien interessierten Gemeinschaft der Schweizerischen Hochschullandschaft.

Ausblick

Die bisherigen Aktivitäten haben bereits zu einer erheblichen Ausweitung an Online-Angeboten in den Rechnernetzen der Schweizer Hochschulen geführt. Ein Nachholbedarf besteht vor allem im Bereich der Konsortien zu Online-Zeitschriften ganzer Verlagsprogramme. Hier hat sich erst SpringerLINK praktisch flächendeckend durchsetzen können. Die Lizenzen zu Online-Zeitschriften sind, speziell in zweischichtigen Bibliothekssystem, viel aufwendiger in der Verwaltung und, unter Einschluss der zu Grunde liegenden Print-Abonnemente, insgesamt teurer als die Online-Datenbanken. Deshalb werden vom Schweizer Konsortium speziell auch in diesem Bereich neue Impulse erwartet.

Mit dem Erwerb der Lizenzen ist nur ein Teil der Arbeit getan: Die Produkte müssen an den Universitäten bekannt gemacht und deren Gebrauch in Schulungen vermittelt werden. Übersichtliche Zugänge müssen geschaffen, ggf. Client-Programme und Passwörter intern verbreitet werden. Betriebsstörungen müssen abgeklärt, reklamiert und behoben werden.
Immer mehr werden die Produkte untereinander vernetzt: Datenbanken mit Online-Volltexten und mit dem Bibliothekskatalog. Zusatzfunktionen wie die automatische Aktualiserung von Recherchen per E-Mail (Alert, SDI) oder der Datenexport in persönliche Literaturverwaltungssysteme müssen unterstützt werden.
Schliesslich gilt es, die zum Teil neuen Arbeitsabläufe in die Betriebe zu integrieren und die Daten zu den Online-Medien im Bibliothekssystem zu erfassen. Auch hier wird eine Zusammenarbeit innerhalb des IDS angestrebt, was durch das gemeinsame Bibliothekssystem ALEPH erleichtert wird.

 

Fazit

Die Gründung des IDS-Arbeitskreises 'Neue Medien' hat eine eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Bibliotheken weit über den IDS hinaus und die Ausstattung der Universitäten mit wichtigen Informationsmitteln bewirkt. Eine flächendeckende Durchsetzung der Online-Medien wird jedoch erst durch die personelle und finanzielle Unterstützung des 'Konsortiums der Schweizer Hochschulbibliotheken' erwartet.

 

URL-Referenzen

1. http://www.exlibris.co.il/

2. http://www.ub.unibas.ch/ids/

3. http://www.ub.unibas.ch/ids/ak_nmed.htm

4. http://www.ub.unibas.ch/ids/KDH_Konsortien.html

5. http://www.ub.unibas.ch/ids/CHKONS.htm

6. http://www.infochem.ethz.ch/Xfire.html

7. http://www-bichi.unil.ch/Swiss_Consortium.html

8. Alice Keller, Maja Werfeli: Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken, Detailkonzept zuhanden der Kommission für Universitätsbibliotheken, Mai 1999 (http://www.ethbib.ethz.ch/pub/pub1999.html)

9. http://www.ethbib.ethz.ch/konsortium/index.html

10. http://www.ethbib.ethz.ch/konsortium/Produkte.html

11. http://www.rero.ch/

12. http://www.snl.ch/

13. http://shkwww.unibe.ch/De/D_UeberUns/D_UeberUns_Kommiss/S_UeberUns_Kom6_Kub.html

14. http://shkwww.unibe.ch/Home/Home.html

15. http://www.dokdi.ch/sams/

 

Simon Geiger

E-Mail: Simon.Geiger@unibas.ch



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