EUCOR-Bibliotheksinformationen - Informations des bibliothèques: 3 (1993)
Schwerpunktthema: UB Karlsruhe


Einführungskurse für externe Online-Datenbanken in der UB Karlsruhe

Gudrun Waller-Marx

Die Informationsvermittlungsstelle (IVS) der Universitätsbibliothek Karlsruhe bietet die Zugriffsmöglichkeit auf ca. 800 Datenbanken 8 verschiedener Hosts (Datenbankanbietern) aus nahezu allen Arbeitsbereichen der Universität an. Die Recherchen werden in der Regel gemeinsam mit dem Fragesteller nach telefonischer Anmeldung durchgeführt. Wartezeiten sind die Ausnahme, meist können die Recherchen am gleichen oder folgenden Tag nach der telefonischen Anfrage durchgeführt werden. Die Hauptnachfrage gilt bibliographischen Datenbanken aus Naturwissenschaften und Technik, Faktendatenbanken (z.B. thermodynamische Daten, Werkstoffeigenschaften, toxikologische Datenbanken) werden seltener genutzt, Volltextdatenbanken praktisch gar nicht. Für wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen stehen eine deutsche und eine amerikanische Datenbank auf CD-ROM zur Verfügung. Die IVS hält ein sowohl thematisch als auch zeitlich ergänzendes Angebot bereit.

Über diese konventionelle Aufgabe der IVS hinaus werden für Studenten, Doktoranden und Wissenschaftler der Universität Einführungskurse zur Nutzung von externen Online-Datenbanken angeboten.

Noch vor Erscheinen der Gewiplan-Studie zur Nutzung elektronischer Fachinformation in Hochschulen von 1990, die vom BMFT in Auftrag gegeben worden war, und die unter anderem die Integration der Nutzung externer Online-Datenbanken in die Hochschulausbildung fordert, wurde an der Universitätsbibliothek Karlsruhe begonnen, Diplomanden, Doktoranden und Wissenschaftler zu Informationsveranstaltungen einzuladen, um ihnen externe Literaturdatenbanken vorzustellen und erste Recherchekenntnisse zu vermitteln. Vorausgegangen war eine schriftliche Umfrage an den Instituten der Universität, die ein reges Interesse an solchen Kursen bekundeten.

Ziel ist es, auf der einen Seite die IVS in der Universität bekannt zu machen und die Vorzüge von Online-Literaturrecherchen vorzustellen und andererseits Universitätsangehörige in die Lage zu versetzen, selbständig zu recherchieren. Die Möglichkeit, kostenfrei in einige Datenbanken "reinzuschnuppern", öffnet den Teilnehmern die Chance, selbst zu beurteilen, welche Vorteile eine Online-Suche gegenüber einer konventionellen Literaturrecherche bietet.

Bekanntgemacht wird dieses Angebot durch Einladungen an einzelne Institute, Aushänge in Fach- und Fakultätsbibliotheken, Informationsblätter, Anzeigen in den Uni-Informationen und dem Veranstaltungskalender der Universität, nachdem die ersten Kurse stattgefunden hatten, auch durch Weitergabe der Information durch Kursteilnehmer. Konventionelle Nutzer der IVS werden ebenfalls immer wieder darauf hingewiesen.

Bei der Einteilung der Kurse mit mindestens 5 und maximal 8 (in Ausnahmefällen auch mehr) Teilnehmern, wird darauf geachtet, daß die Interessenten einer Fachrichtung, vorzugsweise sogar einem Arbeitskreis, angehören, um die Demonstrationsrecherchen möglichst praxisnah durchführen zu können.

In der Regel dauert eine Einführungsveranstaltung 3 bis 4 Stunden, abhängig vom Übungseifer der Teilnehmer; Kurse für Chemiker sind zeitlich etwas umfangreicher, da hier auch noch Besonderheiten bei der Suche nach chemischen Substanzen besprochen werden. Für die Struktursuche im Registry-File (der Datenbank für alle chemischen Verbindungen) wird ein ganzer Tag angesetzt.

Der Inhalt der Einführungsveranstaltungen variiert nach den Vorkenntnissen der Teilnehmer, umfaßt im wesentlichen aber folgende Punkte:


  1. Vorstellung der IVS
  2. Datenbanken
  3. Aufbau einer Literatur-Datenbank an einem einschlägigen Beispiel
  4. Vorbereitung einer Recherche
  5. Grundbefehle einer Retrievalsprache
  6. Vorstellung der in Frage kommenden Datenbanken
  7. Demonstrationsrecherche in einer einschlägigen Datenbank nach einem Thema aus dem Teilnehmerkreis
  8. Kosten
  9. formale Voraussetzungen für Recherchen in der IVS
  10. Übungen am PC


    Für die Kursteilnehmer werden Unterlagen erstellt und vervielfältigt, die Einzelheiten über Retrievalsprache und Datenbankinhalte und -aufbau erläutern.

    Wie nicht anders zu erwarten, bestand bei den Angehörigen der Fakultät für Chemie die größte Nachfrage nach einführenden Seminaren, da die Suche nach chemischen Verbindungen angesichts 12 Mio. gespeicherter Substanzen (Registry-File Stand Frühjahr 1993) und den Schwierigkeiten, die auch viele fertig ausgebildete Chemiker mit der chemischen Nomenklatur haben, nicht trivial ist und zumal in einigen Instituten auch schon eigene Online-Anschlüsse existierten, die teilweise jedoch nur sehr zurückhaltend genutzt wurden. Daher konzentrierten sich die Kurse anfangs auf diesen Kreis. In der Zwischenzeit wurden jedoch auch andere Fachbereiche auf den Service der IVS aufmerksam, sodaß auch Veranstaltungen für die Fächer Informatik, Maschinenbau, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften, Bauingenieurwesen, Elektrotechnik und Chemieingenieurwesen durchgeführt werden konnten. Zusätzlich war es möglich, zusammen mit dem Springer-Verlag ein ganztägiges Seminar zu den Datenbanken Beilstein und Gmelin zu organisieren, das regen Zuspruch fand (über 30 Teilnehmer).

    Seit Frühjahr 1990 nahmen 286 Studenten, Doktoranden und Wissenschaftler an insgesamt 53 Seminaren teil (s. Tabelle, die Teilnehmer des Beilstein/Gmelin-Seminars sind nicht berücksichtigt). Der Anteil der Doktoranden und wissenschaftlichen Angestellten ist am höchsten, Studenten vor dem Diplom waren in den angebotenen Kursen gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Uniangehörigen nur gering vertreten. Das liegt zum einen daran, daß diese Personengruppe vor der Diplomarbeit nur in kleinerem Umfang selbstständig Literatur suchen muß, zum anderen daran, daß Studenten die Informationen über das Angebot der IVS schwer zugänglich ist, wenn Bibliotheken und Institute nur sporadisch besucht werden und dadurch Mitteilungen und Informationsblätter nicht beachtet werden. Ein Großteil der Studenten meldete sich aufgrund von Informationen, die sie in Vorlesungen über die Veranstaltungen der IVS bekommen hatten, an; auf Aushänge und Einladungen in Instituten und Bibliotheken der Universität reagierten eher Doktoranden und wissenschaftliche Angestellte.


    Tabelle: Zusammensetzung der Kursteilnehmer nach Fachgebiet und Status

    Anzahl der Kursteilnehmer
    FakultätStudentenDiplomandenDoktorandenwiss. Angest.Gesamt
    Chemie201897-135
    Chemieing.21201841
    Bauing.2381528
    Informatik1244727
    Wirtsch.wiss.1418427
    Elektrotechn.4-6414
    Maschinenbau6---6
    Mathematik---55
    Sonstige----3

    Summe602714353286


    Daß die größte Nachfrage bei Angehörigen der Fakultäten für Chemie und Chemieingenieurwesen bestand, deckt sich mit den Ergebnissen der Gewiplanstudie, die im Fach Chemie die größte Häufigkeit von Recherchen bezogen auf die Zahl der Studierenden oder des wissenschaftlichen Personals verglichen mit allen anderen Fächern ausmacht. Dies hängt sicher auch damit zusammen, daß den Hochschulen von seiten des Datenbankproduzenten der Chemical Abstracts ein Rabatt von 80 % eingeräumt wird (wenn gleichzeitig die gedruckten Chemical Abstracts weiter gehalten werden), der zu einer erheblichen Reduzierung der Kosten für einzelne Recherchen führt.

    Einige Kursteilnehmer kommen in der Zwischenzeit regelmäßig in die IVS und recherchieren für sich oder für andere Kollegen. Den Universitätsangehörigen stehen drei PC's zum selbstständigen Recherchieren in der IVS zur Verfügung, Hilfe wird bei der Auswahl der Datenbanken, der Suchbegriffe und der Suchstrategie angeboten.

    Zu beobachten ist, daß relativ viel Zeit zum Überlegen während der Recherche verstreicht, obwohl die Möglichkeit der kurzfristigen Unterbrechung des Dialogs ("logoff hold", "park") bekannt ist. Unsicherheiten bestehen häufig in der Bewertung der Qualität des Rechercheergebnisses. Auch Mitglieder von Instituten, die über einen eigenen Online-Anschluß verfügen und nur dann in die IVS kommen, wenn vom Institut aus gerade keine Recherche möglich ist, geben sich häufig mit, aus Sicht der IVS, unvollständigen Ergebnissen zufrieden. Andere Kursteilnehmer ziehen jedoch die Unterstützung der IVS auch bei der Durchführung der Recherche vor, sind aber in der Regel erheblich besser vorbereitet als Nichtteilnehmer.

    Um festzustellen, wie die Kurse mit etwas zeitlichem Abstand beurteilt werden und inwieweit selbständig recherchiert wird, wurde ab September 1991 eine telefonische Umfrage unter den Universitätsangehörigen durchgeführt, die an den Einführungsseminaren zur Nutzung der Datenbanken Chemical Abstracts und Registry zwischen September 1990 und Juli 1991 teilgenommen hatten.
    Insgesamt 82 angehende oder bereits fertig ausgebildete Wissenschaftler der Universität Karlsruhe nahmen teil, davon:

    Doktoranden47
    Diplomanden17
    Studenten2
    wissenschaftliche Angestellte16

    die folgenden Instituten angehörten:

    Organische Chemie/Biochemie18
    Chemische Technik15
    EBI/Gastechnik11
    Anorganische Chemie11
    Siedlungswasserwirtschaft9
    Physikalische Chemie8
    Polymerinstitut7
    EBI/Wasserchemie2
    EBI/Petrochemie1


    Von insgesamt 82 Teilnehmern konnten 65 befragt werden, die anderen hatten in der Zwischenzeit bereits die Hochschule verlassen.

    Praktisch alle Teilnehmer zeigten sich mit Inhalt und Durchführung der Veranstaltung und den verteilten Unterlagen zufrieden, die wenigen Vorschläge zur Verbesserung des Kurses waren unterdessen schon in die Tat umgesetzt worden.

    Selbstständig recherchiert hatten in der Zwischenzeit nur 19 Teilnehmer, der weitaus größte Teil der nicht Aktiven (34 von insgesamt 46) gab an, noch keinen Bedarf gehabt zu haben. Bei einem Institut führen zwei Mitarbeiter regelmäßig für den gesamten Arbeitskreis an der UB die Literaturanfragen durch. 4 Befragte gaben an, aus Kostengründen nicht zu recherchieren, einer fühlte sich noch unsicher und einer sah sich außerstande, die Kostenübernahme mit seinem Institutsleiter zu klären.

    Die Probleme, die beim selbstständigen Recherchieren auftraten, wurden überwiegend mit Hilfe der IVS gelöst (in der Regel handelte es sich um Fragen bei der Auswahl der Suchbegriffe, keine Probleme gab es mit der Retrievalsprache).

    24 Teilnehmer trauten sich zu, in Zukunft Recherchen ohne fremde Hilfe durchführen zu können, 41 wollten die Literatursuche lieber vorher mit der IVS besprechen oder während der Online-Suche in der IVS auf Hilfe zurückgreifen können.

    Da viele Befragte Interesse an weiterführenden und Auffrischkursen zeigten, wurden in der Zwischenzeit Seminare zur Wiederholung und Besprechung von Rechercheproblemen sowie zur Information über weitere Datenbanken angeboten. Es kam jedoch nur eine Veranstaltung mit sechs Teilnehmern zustande, sodaß in Zukunft auf derartige Kurse verzichtet wird und stattdessen die individuelle Beratung bei Rechercheproblemen intensiviert wird.

    Aus Sicht der IVS sind Einführungsveranstaltungen wie sie z.Zt. durchgeführt werden, zum Bekanntmachen von Online-Literaturrecherchen gut geeignet. Gut vorbereitete Nutzer der IVS, die bereits wissen, worauf sie bei der Auswahl ihrer Suchbegriffe zu achten haben, sind die Voraussetzung für eine effektive Recherche in Online-Datenbanken. Unsicherheiten in der Retrievalsprache verteuern die Recherche, Unklarheiten über relevante Suchbegriffe können zu unzutreffenden oder unvollständigen Ergebnissen führen. Daher ist selbstständiges Recherchieren nur dann sinnvoll, wenn dies regelmäßig geschieht und die Möglichkeiten der Weiterbildung genutzt werden, d.h. Informationsmaterial der Hosts gelesen und Nutzertreffen besucht werden sowie an weiterführenden Kursen teilgenommen wird. Im besten Fall führ1en ein oder zwei Mitglieder einer Arbeitsgruppe die Online-Recherchen für alle durch.

    Obwohl die Einführungsveranstaltungen unter Angehörigen aller Fakultäten zunehmend Resonanz findet und immer mehr Interessenten nach Rücksprache mit der IVS Zeitpunkt und Zusammensetzung der Kurse selbst organisieren, wäre es doch wünschenswert, wenn Studenten höherer Semester, spätestens jedoch vor Beginn der Diplomarbeit, von seiten der Hochschule auf das Angebot der IVS hingewiesen würden, damit es nicht dem Zufall überlassen bleibt, daß Studenten darauf aufmerksam werden. Möglicherweise würden dann auch ausführlichere Seminare Zuspruch finden, die thematisch als auch zeitlich über den z.Zt. zur Verfügung stehenden Rahmen hinausgehen.



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