EUCOR-Bibliotheksinformationen - Informations des bibliothèques: 8 (1996)
o....Résumé en français

Uwe Dierolf (UB Karlsruhe):

UB Karlsruhe erweitert Internet-Dienste
- Vom WWW-Katalog zur WWW-Ausleihe -

Zusammenfassung:

Der Einsatz von World Wide Web (WWW)-Servern an Bibliotheken stellt inzwischen schon fast eine Selbstverständlichkeit dar. In der Regel beschränkt sich das Angebot auf statische Informationsseiten, jedoch findet man immer häufiger auch Onli ne-Kataloge im WWW.

Was fehlt, ist meist die Integration des lokalen Ausleihsystems. Dieser entscheidende Schritt wurde an der Universitaetsbibliothek Karlsruhe im Januar 1996 getan.

WWW liegt ein status- bzw. gedaechtnisloses Protokoll zugrunde. Auf den ersten Blick erscheint dadurch die Realisierung eines Sitzungskonzeptes (wie fuer eine Ausleihsitzung erwuenscht) unmoeglich. Dieses Problem wurde umgangen, wodurch das Potential des WWW-Servers der Universitaetsbibliothek Karlsruhe weiter gesteigert werden konnte.


Résumé:

La mise en place de serveurs Web (WWW) dans les bibliothèques est devenue à présent une banalité. Généralement l'offre se limite à des pages fixes d'information, mais on trouve aussi de plus en plus des cat alogues en ligne (OPAC) sur le Web. Ce qui manque dans la plupart des cas, c'est l'accès au système local de prêt. La bibliothèque universitai- re de Karlsruhe a fait ce pas décisif en janvier 1996.

A la base de WWW se trouve un protocole sans mémorisation. Aussi la réalisation de l'enregistrement d'une session, comme cela est nécessaire pour le prêt ne paraît pas possible à première vue. Ce problè ;me a été contourné, ce qui a permis d'étendre la fonctionnalité du serveur WWW de la BU de Karlsruhe.


Wie Pilze spriessen derzeit allerorts neue World Wide Web-Server aus dem Boden. Viele Bibliotheken bieten bereits eine Online-Recherche per WWW in ihrem Katalog (OPAC) an. Eine WWW-Ausleihe sucht man noch meistens vergebens.

Die Universitätsbibliothek Karlsruhe bietet seit Mai 1995 zahlreiche Dienste ueber WWW an. So ist die Recherche sowohl im Katalog (OPAC) der UB mit ca. 300.000 Titeln, dem Institutskatalog (OLINKA) mit ca. 165.000 Titel sowie dem Veröffentlichun gsverzeichnis (VV) möglich. Weiterhin wird der Zugang zu einer Datenbank mit Zeitschrifteninhaltsverzeichnissen seit 1994 auf Basis von SwetScan (ca. 1,5 Mio. Artikel pro Jahrgang) angeboten.

Neben den meisten Mitarbeitern der Universität verfuegen bereits 9000 Studenten über einen Internetanschluss. Von ihnen wurden diese Dienste sehr begrüsst. Neben aller Freude bestand jedoch von Anfang an der Wunsch nach Anbindung der Auslei he an das WWW, denn was nützt der schönste WWW-OPAC, wenn man die gefundenen Werke nicht direkt per WWW bestellen bzw. vormerken kann.

Im Januar 1996 konnte diesem Wunsch nun Rechnung getragen und die erste Version der WWW-Ausleihe (http://www.ubka.uni-karlsruhe.de) freigegeben werden. Neben Bestellen und Vormerken erhält ein autorisier ter UB-Benutzer Einblick in sein Konto. Bisher wurden Benachrichtigungen per Postkarte zugestellt. Die Möglichkeit der Mailzustellung von Benachrichtigungen aller Art rundet die Internetdienste der UB ab. Dieser neue Service wurde begeistert aufgenom men. Nach Ankündigung über elektronische Medien betrug schon in der ersten Woche der Anteil der WWW-Ausleihen am Gesamtausleihvolumen ca. 10 Prozent.

Stolpersteine auf dem Weg zum Ziel

Woran liegt es, dass eine WWW-Anbindung der Ausleihe kaum im Internet anzutreffen ist? Hierfür gibt es zwei Hauptgründe:

- Zum einen benötigt man eine offene Schnittstelle zur Ausleihdatenbank, um per WWW damit "zu arbeiten".

- Zum anderen handelt es sich bei dem den WWW-Servern zugrundeliegenden Protokoll um ein status- bzw. gedächtnisloses Protokoll.

Offene Schnittstellen - nicht nur ein geflügeltes Wort !

Die UB Karlsruhe verfuegt sowohl bei der Katalog- als auch der Ausleihdatenbank ueber offene Schnittstellen gemäss der SR-Norm [1]. Der seit einigen Jahren in Karlsruhe eingesetzte graphische Recherche-Client verwendet diese Schnittstellen, um gemäß dem Client-Server-Prinzip sowohl mit der Katalog- als auch mit der Ausleihdatenbank zu kommunizieren.

Für die Realisierung der WWW-Dienste der UB mussten "nur noch" aus dem dialogorientierten Recherche-Client kommandozeilenorientierte Programme erstellt werden, die vom WWW-Server bzw. dem von ihm gestarteten CGI-Programm aufgerufen werden. CGI (Common Gateway Interface)-Programme [2] werten ganz allgemein die auf einer WWW-Seite eingegebenen Daten aus, "tun irgendwas" und generieren dynamisch eine neue WWW-Seite im HTML-Format. Im vorliegen den Fall werden also die Suchbegriffe oder Kontoangaben vom CGI-Programm fuer Datenbankanfragen aufbereitet. Der Zugriff auf die Katalogdatenbanken wird dabei vom sog. "wwwopac" durchgeführt. Für die Ausleihdatenbank wird die sog. "txtausl" verwendet. Aus den Ergebnissen dieser Programme generiert das CGI-Programm daraufhin z.B. eine Seite mit Kurztiteln aller gefundenen Werke.

Gedächtnisverlust - ein typisches WWW-Phänomen?

Was heisst gedächtnisloses Protokoll und wieso wird es benoetigt?

Im Verlauf einer Ausleihsitzung möchte ein Benutzer z.B. neben einer Bestellung noch Einblick in sein Konto haben oder Vormerkungen löschen. Hierzu erfolgt in herkömmlichen Ausleihsystemen zuerst die Anmeldung mit Eingabe von Benutzerkonto und Passwort. Anschliessend führt der Benutzer alle gewünschten Transaktionen auf seinem Konto durch. Bei Abbildung eines solchen sitzungsorientierten Benutzerverhaltens auf WWW verliert der WWW-Server beim Übergang von einer WWW-Seite zur nächsten alle Informationen - er leidet an totalem Gedächtnisverlust. Das würde bedeuten, dass der Benutzer fuer jede Transaktion wieder Benutzerkonto und Passwort eingeben müsste, was unzumutbar wäre.

Abhilfe schafft hier nur die Implantation eines Gedächtnisses. Dies geschieht technisch gesehen durch eine eigene Sitzungsverwaltung. Die von einem WWW-Client ankommenden Daten werden bei Sitzungseröffnung (z.B. bei Anmeldung an der Ausleihe) zw ischengespeichert. In die im Verlauf einer Ausleihsitzung dynamisch generierten HTML-Seiten wird die Sitzungsnummer als (unsichtbarer) Parameter des HTML-Formulars abgelegt. Bei Durchführung einer Aktion durch Betätigung einer Taste des Formular s auf der WWW-Seite wird dem WWW-Server bzw. dem aufgerufenen CGI-Programm die Sitzungsnummer mitgeteilt. Das CGI-Programm kann daraufhin alle zu dieser Sitzung abgelegten Daten zurückholen.


Abb.: Zusammenspiel der Kräfte

Fazit

Schon jetzt bietet sich mit WWW eine ideale Möglichkeit, bei Eigenentwicklungen mit relativ geringem Aufwand viel zu erreichen. Ein Hauptvorteil bei solchen Entwicklungen gegenüber herkömmlicher Entwicklung von Programmen mit graphischer Be nutzeroberflaeche ist die Plattformunabhängigkeit. Anwendungen wie die oben beschriebenen Recherche- und Ausleihdienste stehen für alle Plattformen zur Verfügung - von DOS, ueber Windwos, OS/2 und MAC hin zu UNIX. Gerade im wissenschaftlich en Bereich ein unschätzbarer Vorteil.

Diese Plattformunabhängigkeit verlagert sich zwar in Richtung einer Browser- bzw. HTML-Abhängigkeit, doch damit kann man in der schnellebigen Welt des Internet leben. Aktuelle Browserversionen kommen in rascher Folge. Bei HTML kann man sich auf etablierte Standards beschraenken.

Ausblick

Derzeit muss noch auf den von "normalen" dialogorientierten Programmen gewohnten Komfort wie z.B. schnelle Interaktion mit dem Benutzer in Form von Dialogen der Art "Bitte bestätigen Sie" oder "Wollen Sie wirklich?" oder lokal durchgeführte Berechnungen verzichtet werden. Solche Probleme kann man zwar umgehen, jedoch ist für jede Aktion ein Zugriff auf den WWW-Server erforderlich. Der Stau auf der Datenautobahn und die Last des WWW-Servers wachsen hierdurch wei ter an.

Abhilfe können hier JAVA und JAVASCRIPT schaffen. Hierbei handelt es sich um objekt-orientierte Sprachen zur Entwicklung internetbasierter Client-Server-Anwendungen. Nun kann auch die Rechenleistung eines Clients genutzt werden. Sowohl das Netz als a uch der WWW-Server werden entlastet. Eine lokal ablaufende Interaktion mit dem Benutzer ist möglich. Einmal entwickelte Programme laufen auf allen Plattformen, für die JAVA- bzw. JAVASCRIPT-fähige WWW-Browser verfügbar sind. Ein Lichtb lick im Dunkel der Softwarekrise? Wer weiss.

Dank

Durch die zukunftsorientierte Arbeit der OLIX-Entwicklungsgruppe des Landes Baden-Württemberg mit offenen Schnittstellen ist uns die Möglichkeit zur Anbindung an die aufgeführten Datenbanken gegeben worden. Bei allen Mitgliedern der Gruppe und speziell Axel Maurer, der mich bei der Entwicklung beraten hat, möchte ich mich bedanken.


Fußnoten:

1 Gottswinter, Edith; Mönnich, Michael: Einführung in SR-Normen. In: ABI-Technik 13 (1993), S. 277- 288
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2 Vgl. Klute, Rainer: Dynamische Dokumente mit dem CERN-WWW-Server. In: Zweiter Gang 9 (1994), S. 140-146 und in: Generischer Generator 9 (1994), S. 178-187
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Dipl.-Inform. Uwe Dierolf
Universitaetsbibliothek Karlsruhe
Tel. 0721/608-6076, Mail: Uwe.Dierolf@ubka.uni-karlsruhe.de
http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/~uwe



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