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07.07.2017
  • DEAL

DEAL: Die baden-württembergischen Universitäten kündigen den Vertrag mit Elsevier

Die Rektoren und Präsidenten der baden-württembergischen Universitäten haben angekündigt, den Landesvertrag mit dem Wissenschaftsverlag Elsevier zum Jahresende zu beenden.

Zu diesem Schritt haben die Universitäten sich entschlossen, weil der Verlag der Projektgruppe DEAL immer noch kein akzeptables Angebot vorgelegt hat. Mehrere hundert Wissenschaftsorganisationen in Deutschland, darunter alle baden-württembergischen Universitäten, verhandeln über die Projektgruppe DEAL mit den Großverlagen Elsevier, SpringerNature und Wiley über nationale Lizenzverträge.

Die Gewährleistung einer adäquaten Versorgung mit aktueller Literatur für Forschung und Lehre ist seit Jahren ein Problem an den meisten Wissenschaftsstandorten in Deutschland. Die kontinuierlich fortschreitende Konzentration der großen, international agierenden Wissenschaftsverlage haben zu einer weiteren Stärkung der Marktmacht auf Anbieterseite und zu damit verbundenen Preisforderungen geführt, welche die allgemeine Inflationsrate bei weitem übersteigen.

Die Initiative DEAL verfolgt nachdrücklich das Ziel eines nachhaltigen Zugangs zu für Forschung, Lehre und Studium unverzichtbarer Fachinformation unter fairen Bedingungen. Konkret wird ein Abschluss eines oder mehrerer deutschlandweiter Lizenzverträge mit den großen Wissenschaftsverlagen (Elsevier, Springer Nature und Wiley) für die Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland (Universitäten, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, Forschungseinrichtungen, Staats- und Regionalbibliotheken) angestrebt, die das komplette Portfolio an E-Journals umfassen. Die konkreten Verhandlungsziele für eine DEAL-Lizenz sind:

  • Die DEAL-Einrichtungen haben dauerhaften Volltextzugriff auf das gesamte Titel-Portfolio (E-Journals).
  • Alle Publikationen von Autoren aus deutschen Einrichtungen werden automatisch Open Access geschaltet (CC-BY, inkl. Peer Review).
  • Angemessene Bepreisung nach einem einfachen, zukunftsfähigen Berechnungsmodell, das sich am Publikationsaufkommen orientiert.

Auftraggeber für das Vorhaben ist die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen – vertreten durch die HRK – Hochschulrektorenkonferenz. Zur Umsetzung des Projektes hat die Allianz eine Projektgruppe mit einschlägigen Expertinnen und Experten aus Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen eingesetzt. Sprecher der Verhandlungsgruppe ist Herr Prof. Dr. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. Die Universitätsbibliothek Freiburg ist an diesem Projekt maßgeblich beteiligt.

Die seit Mitte 2016 andauernden intensiven Verhandlungen mit Elsevier gestalten sich allerdings leider sehr schwierig: Das erste von Elsevier vorgelegte Angebot von Ende 2016 verstieß gegen alle Prinzipien für eine faire Preisgestaltung: Trotz der bereits bestehenden 40prozentigen Umsatzrendite setzt der Verlag weiterhin auf massive Preissteigerungen jenseits der bislang bezahlten Lizenzsummen. Alle Angebotskomponenten beliefen sich aufsummiert auf einen Betrag im dreistelligen Millionenbereich. Wichtige Fragen zum Leistungsumfang blieben trotz intensiver Nachfrage offen. Elsevier wurde deshalb seitdem von der DEAL-Gruppe immer wieder nachdrücklich aufgefordert, ein revidiertes Angebot zu übermitteln, leider bislang ohne Erfolg.

Bereits Ende letzten Jahres haben knapp 70, vielfach namhafte Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland ihre Abschlüsse mit Elsevier gekündigt und damit das klare Zeichen gesetzt, dass eine Vertragsverlängerung außerhalb von DEAL nicht gewünscht wird. Nun folgt eine ganze Reihe weiterer Einrichtungen mit einer Kündigung ihrer Verträge zum Ende dieses Jahres: Neben den baden-württembergischen Universitäten sind dies beispielsweise die FU, HU und TU sowie die Charité in Berlin.

Für die Angehörigen der Albert-Ludwigs-Universität hat die Entscheidung der LRK zunächst keine Auswirkungen, denn der Vertrag des Konsortiums Baden-Württemberg mit Elsevier hat bis Ende des Jahres Bestand. Für den Fall, dass es bis dahin zu keiner Einigung gekommen ist, hat die Projektgruppe DEAL schon im Vorfeld der Verhandlungen ein Notfallkonzept ausgearbeitet, um die Auswirkungen für die Forschenden und Studierenden möglichst gut abzufedern. Bei den knapp 70 Wissenschaftseinrichtungen, die ihre Verträge mit Elsevier zum Ende 2016 gekündigt hatten, wurden zu Beginn 2017 die Zugänge durch Elsevier zunächst sukzessive gesperrt, ab Mitte Februar teilweise wieder geöffnet. Einige dieser Einrichtungen, darunter auch große Universitäten, greifen seit nun mehr als sechs Monaten auf eine Notversorgung (Fernleihe, Dokumentlieferung und Pay per View-Dienste, je nach Dringlichkeit) zurück. Das ist zwar nicht ganz so komfortabel wie der Direktzugriff über einen Lizenzvertrag, aber das Verständnis für die Situation ist bei den Forschenden sehr groß. Das Konzept greift also.

Auch mit den Verlagen Springer Nature und Wiley laufen seit Anfang des Jahres intensive Verhandlungen.

Weitere Informationen zum Projekt DEAL:
www.projekt-deal.de

Bericht auf der Homepage der Universität Freiburg:
www.pr.uni-freiburg.de/pm/online-magazin/vernetzen-und-gestalten/lesen-und-lesen-lassen

Pressemitteilung der LRK:
www.lrk-bw.de/index.php/pressemitteilungen