Das Projekt „Virtuelle Bibliothek St. Peter“

Mit der Virtuellen Bibliothek St. Peter versuchen die UB und weitere Partner, die barocke Klosterbibliothek anhand historischer Quellen in ihrem Grundbestand zu rekonstruieren und die heute verstreuten Bücher virtuell zusammenzuführen.

Über das Projekt

Die historische Bibliothek des Klosters St. Peter i. Schw. existiert in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung heute nicht mehr vor Ort. Im Zuge der Klosteraufhebungen von 1806 sind die – bis zu diesem Zeitpunkt auf etwa 20.000 Bände angewachsenen - Bestände an Büchern und Handschriften heute über verschiedene Bibliotheken Baden-Württembergs verteilt, vor allem auf die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe und auf die Universitätsbibliothek Freiburg. Ein kleinerer Teil verblieb gleichwohl in St. Peter. Viele der Bücher wurden in die vorhandenen Bestände der Übernahmeinstitutionen auch systematisch-inhaltlich eingeordnet und damit in einem zusätzlichen Schritt aus leicht erkennbaren Herkunftszusammenhängen gerissen. So konnten zwar die nachnutzenden Institutionen das Erbe in Teilen auf der materiellen Ebene des einzelnen Buchs bewahren, trugen aber dennoch durch die Modi ihrer Aneignung weiter dazu bei, Vorstellung und Bild von der zu ihren Zeiten berühmten Sammlung in St. Peter und damit von klösterlicher Wissenskultur der Barockzeit zu beeinträchtigen. Nun zeugen meist nur noch Kauf- oder Besitzeinträge in den Büchern selbst von ihrer Herkunft aus St. Peter.

Auch die Archivalien des Klosters blieben nicht geschlossen vor Ort. Das historische Klosterarchiv befindet sich heute im Generallandesarchiv Karlsruhe. Archivalien vor allem aus der Säkularisationszeit selbst sind auch in St. Peter (heute: Geistliches Zentrum der Erzdiözese Freiburg), im Erzbischöflichen Archiv Freiburg und im Universitätsarchiv Freiburg aufbewahrt.

Ein Ziel der Virtuellen Bibliothek St. Peter ist unter anderen die digitale Zusammenführung der verstreuten Bestände und der Online-Zugriff auf die einzelnen Dokumente. Hierzu tragen die Universitätsbibliothek Freiburg, die Badische Landesbibliothek Karlsruhe und das Landesarchiv Baden-Württemberg / Generallandesarchiv Karlsruhe als Partner von LEO-BW – Landeskunde entdecken online in besonderem Maße bei. Neben der Präsentation der digitalisierten Bestände aus St. Peter im größeren landesgeschichtlichen Rahmen von LEO-BW besteht mit der Virtuellen Bibliothek St. Peter das Angebot, die historische Bibliothek differenzierter zu erkunden.

Im Zentrum der Virtuellen Bibliothek St. Peter steht die barocke Klosterbibliothek. Sie anhand der erhaltenen Quellen, auf der Grundlage bisheriger Forschung zu St. Peter und in Kooperation mit anderen Institutionen im Grundbestand zu rekonstruieren und die heute verstreuten Bücher virtuell zusammenzuführen, ist Gegenstand verschiedener laufender Projekte an der Universitätsbibliothek Freiburg.

Zu den erhaltenen Quellen gehört der handschriftliche historische Bibliothekskatalog, der in der Universitätsbibliothek Freiburg als Hs. 562 aufbewahrt wird. Er erst ermöglicht die Rekonstruktion der Klosterbibliothek von St. Peter für die Zeit bis 1774. Daher widmet sich eines der Projekte der UB Freiburg gezielt seiner Erschließung. In einer ersten Projektphase von 2010 bis Ende 2011 wurde der Katalog vollständig transkribiert und die Einträge in eine Datenbank überführt. Seit 2012 läuft in einer weiteren Projektphase die eingehendere Erschließung dieser Titel in einer Datenbank. Dafür werden die Titeleinträge des historischen Katalogs mit modernen Katalogdaten verknüpft, passende Bestände (vorerst) in der UB Freiburg und im Geistlichen Zentrum in St. Peter ermittelt und dann nach ihrer möglichen Provenienz aus der historischen Klosterbibliothek St. Peter überprüft. Auch diese Ergebnisse finden Eingang in die Datenbank und werden recherchierbar gemacht. Damit kann für viele Drucke des 16.–18. Jahrhunderts der aktuelle Standort des Exemplars aus St. Peter erstmals genau bestimmt werden. Die so im heutigen St. Peter und in der UB Freiburg ermittelten Bestände werden in einem weiteren Projekt von der UB Freiburg digitalisiert und als Volltextausgaben online bereitgestellt. Soweit zu Titeln im historischen Katalog noch kein Standort des sanpetrinischen Buchs gefunden wird, wird eine Verknüpfung zu Online-Ausgaben anderer Exemplare des Titels angeboten.

Mit der gezielten Bereitstellung der Bücher und Handschriften der historischen Bibliothek St. Peter als Online-Ausgaben in unmittelbarer Verbindung zum historischen Katalog wird es erstmals auf breiter Basis möglich, die thematischen Schwerpunkte und damit das Profil der barocken Büchersammlung in St. Peter umfassender zu beschreiben. Die Erschließungsdatenbank ist schon jetzt ein wertvolles Erschließungs- und Suchinstrument zum historischen Katalog und zur Bibliotheksgeschichte von St. Peter.

In die Virtuelle Bibliothek St. Peter fließen zusätzlich die Ergebnisse eines weiteren Projekts der Universitätsbibliothek Freiburg ein. Seit Ende 2009 werden hier alle Drucke vor 1800, die sich heute noch in St. Peter befinden, katalogisiert und in Online-Katalogen nachgewiesen. Damit wird erstmals transparent, welche dieser Drucke bereits zum Bestand der historischen Klosterbibliothek gehörten und sich auch nach der Säkularisation des Klosters noch immer am Ort befinden. Dank der Katalogisierung per Autopsie können auch Kauf- oder Besitzeinträge erfasst und ausgewertet werden. Diese Informationen werden nun von den anderen Projekten mitgenutzt. Sie finden Eingang in die Erschließungsdatenbank zum historischen Katalog und in die Erschließungs- und Präsentationsstruktur der Virtuellen Bibliothek St. Peter.

Daneben bieten die Portalseiten der Virtuellen Bibliothek St. Peter Zugang zu besonderen Sammlungen der historischen Klosterbibliothek, wie etwa der Kartensammlung, die sich heute in der UB Freiburg befindet, zu weiteren ausgewählten Quellen zur Geschichte des Klosters und zu den Schriften seiner Äbte, Zugang schließlich auch zu einem Verzeichnis der bisherigen Forschung zu St. Peter.

Nicht zuletzt entsteht mit der Virtuellen Bibliothek St. Peter auch eine erste Basis, Raum- und Bildkonzepte der barocken Anlage wieder im Kontext der ihr einstmals zugeordneten Sammlung sehen und interpretieren zu können, um so das Programm der barocken Bibliothek von den Bildern bis in die Texte weiterzudenken.

(Text: Dr. Angela Karasch)

Projektteam

  • Universitätsbibliothek Freiburg / Historische Sammlungen:
    Gesamtprojekt Konzeption und Leitung 2010–2016:
    Dr. Angela Karasch
    Ansprechperson heute: 
    Dr. Marcus Schröter
  • Bearbeitung Teilprojekte:
    • Transkription, Datenkategorisierung und -anreicherung, Provenienzrecherche:
      Dr. Dietrich Hakelberg
    • Erschließungsdatenbank Historischer Katalog:
      Dipl.-Inf. Martin Helfer
    • Katalogisierung historischer Buchbestände vor 1800 im heutigen St. Peter:
      Dipl.-Bibl. Holger Richter
Projektpartner

Partner der UB Freiburg im Projekt Virtuelle Bibliothek St. Peter sind:

Publikationen zum Projekt

Karasch, Angela: Die "Virtuelle Bibliothek St. Peter". In: Kloster, Priesterseminar, Geistliches Zentrum - Von Kunst, Geschichte und Gegenwart der vormaligen Benediktinerabtei St. Peter auf dem Schwarzwald / hrsg. von Hans-Otto Mühleisen, Arno Zahlauer. Lindenberg/Allgäu : Kunstverlag Josef Fink, 2016, S. 153-169.

Karasch, Angela: Vom Wert und Nutzen alter Kataloge : der Bibliothekskatalog des Klosters St. Peter i. Schw. in der Universitätsbibliothek Freiburg i. Br. Freiburg : Universitätsbibliothek, 2008, (Bibliotheks- und Medienpraxis. 10). (Online-Publikation)

Universität Freiburg

Chat

Insta